Entscheidungsstichwort (Thema)

Betrieblicher Geltungsbereich der Bautarifverträge

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Treppenbau aus Holz ist tariflich sowohl als Teiltätigkeit des Zimmererhandwerks dem Baugewerbe als auch als Teiltätigkeit des Tischler-(Schreiner-)Handwerks diesem Gewerbe zuzurechnen.

2. Für die Erfassung dieser Tätigkeit vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV-Bau kommt es darauf an, ob sie unter Aufsicht einer Fachkraft des Zimmerer- oder des Tischlerhandwerks ausgeübt wird (teilweise Aufgabe der bisherigen Kammerrechtsprechung; Rev. zug.).

 

Normenkette

TVG § 5 Abs. 4, § 4 Abs. 1-2; VO über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft § 15 Nr. 11, § 47 Abs. 2 Nr. 3; TischlMstrV § 9 Abs. 1; VTV-Bau § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 40; VTV-Bau § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 8

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 18.06.1990; Aktenzeichen 8 Ca 2339/89)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 18. Juni 1990 – 8 Ca 2339/89 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte auf Erteilung von Auskunft für gewerbliche Arbeitnehmer für die Zeit von Aug. 1988 bis Dez. 1989 einschl. und für den Fall der nicht fristgerechten Erteilung auf Zahlung einer Entschädigung von 30.600,00 DM.

Die Klägerin ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge der baugewerblichen Arbeitgeber in der Bundesrepublik Deutschland zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Im Klagezeitraum waren alle baugewerblichen Arbeitgeber verpflichtet, der Klägerin nach einem tarifvertraglich im einzelnen näher geregelten Verfahren mitzuteilen, wie viele Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, sie beschäftigten, deren Bruttolohnsumme und die auf diese entfallenden Beiträge. Diese Verpflichtung richtete sich nach § 27 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. Nov. 1986 in der ursprünglichen Fassung und der Fassung vom 06. Jan. 1989. Dieser Tarifvertrag war für allgemeinverbindlich erklärt. Die Beklagte betreibt den Treppenbau aus Holz. Sie wurde durch noteriell beurkundeten Vertrag vom 27. Juli 1988 (Bl. 72–76 d.A.) gegründet und am 09. Sept. 1988 zu HR B 2229 mit dem Unternehmensgegenstand „der Betrieb einer Schreinerei und hierbei insbesondere der Treppenbau und Innenausbau in Holz” in das Handelsregister bei dem Amtsgericht … eingetragen (einfacher Handelsregisterauszug Bl. 93/94 d.A.). Das Unternehmen wurde am 14. Okt. 1988 mit der Tätigkeit „Treppenbau, Schreinerei und Innenausbau” als Gewerbe bei der Verbandsgemeinde … angemeldet (Bl. 92 d.A.). Lt. Antrag vom 04. Aug. 1989 (Bl. 95/96 d.A.) wurde die Änderung des Unternehmensgegenstandes „der Betrieb einer Schreinerei und hierbei insbesondere der Treppenbau in Holz” am 04. Sept. 1989 in das Handelsregister eingetragen (einfacher Handelsregisterauszug Bl. 97/97 d.A.; öffentliche Bekanntmachung Bl. 9 d.A.). Seit dem 09. Aug. 1988 ist der Betrieb mit dem Tischlerhandwerk in die Handwerksrolle eingetragen (Bl. 89 d.A.). Technischer Betriebsleiter der Beklagten ist der Tischlermeister (Bl. 99– 101 d.A.) … (Handwerkskarte Bl. 89; Bescheid der Handwerkskammer vom 26. Sept. und 03. Nov. 1988 Bl. 90/91 d.A.). Meisterstück des Betriebsleiters war eine aufgesattelte Wendeltreppe aus massiver Eiche. Die Beklagte war im Klagezeitraum nicht Mitglied der Tischlerinnung. Das Arbeitsamt … der Bundesanstalt für Arbeit stellt aufgrund einer Betriebsprüfung am 27. Sept. 198 fest, daß der Betrieb der Beklagten eine reine Bauschreinerei mit überwiegendem Treppenbau in Holz sei, der nach § 2 Nr. 12 der Baubetriebeverordnung aus der Winterbauförderung ausgeschlossen sei (Prüfbericht Bl. 12–15 R. d.A.).

Die Klägerin hat den Treppenbau für eine baugewerbliche Tätigkeit gehalten und nach Verbindung der ursprünglich selbständigen Rechtsstreite 8 Ca 2339/89 und 8 Ca 93/90 Arbeitsgericht Wiesbaden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

  1. dem Kläger auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen, wieviel Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter (RVO) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den. Monaten

    Aug. bis Dez. 1988,

    Jan. bis Sept. 1989 und

    Okt. bis Dez, 1989

    in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden sowie in welcher Höhe die lohnsteuerpflichtige Bruttolohnsumme insgesamt für diese Arbeitnehmer und die Beträge für die Sozialkassen der Bauwirtschaft in den genannten Monaten angefallen sind,

  2. für den Fall, daß diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an den Kläger eine En...

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