Entscheidungsstichwort (Thema)
Elternzeit. Frist zur Ablehnung des Anspruchs und Begründungspflicht
Leitsatz (amtlich)
Gemäß § 15 Abs. 7 S. 4 BEEG muss der Arbeitgeber, falls er die beanspruchte Verringerung der Arbeitszeit ablehnen will, dies innerhalb von vier Wochen mit schriftlicher Begründung tun. Die die dringenden betrieblichen Gründe ausmachenden Tatsachen müssen eindeutig beschrieben werden, so dass der fragliche Lebenssachverhalt auch in einem Prozess (§ 15 Abs. 7 S. 5 BEEG) nicht zweifelhaft sein kann. Sie müssen so formuliert sein, dass die Arbeitnehmerin die Erfolgsaussichten einer Klage prüfen kann. Allein die Wiedergabe des Gesetzestextes genügt hierfür nicht. Der Arbeitgeber darf sich im Rechtsstreit nur auf die entgegenstehenden dringende betriebliche Gründe stützen, die er im Ablehnungsschreiben näher beschrieben hat. Es ist unzulässig, im Arbeitgerichtsprozess weitere entgegenstehende dringende betriebliche Gründe nachzuschieben. Fehlt eine schriftliche Begründung ganz, hat dies zur Folge, dass der Arbeitgeber im Prozess mit der Geltendmachung entgegenstehender dringender betrieblicher Gründe ausgeschlossen ist.
Normenkette
BEEG § 15 Abs. 7
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 14.12.2011; Aktenzeichen 17 Ca 311/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 14. Dezember 2011 - 17 Ca 311/11 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, dem Angebot der Klägerin auf Verringerung ihrer vertraglichen Arbeitszeit auf 20 Wochenstunden in der Zeit vom 19. Dezember 2010 bis 18. Dezember 2011 zuzustimmen und die Verteilung der Arbeitszeit auf Montag bis Donnerstag jeweils 5 Stunden von 9:00 Uhr bis 14:00 Uhr festzulegen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 733,25 EUR (in Worten: Siebenhundertdreiunddreißig und 25/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2011 zu zahlen.
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 10.358,63 EUR (in Worten: Zehntausenddreihundertachtundfünfzig und 63/100 Euro) netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. Oktober 2011 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 45% und die Beklagte 55% zu tragen.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug weiterhin um die Gewährung von Elternteilzeit, um einen Vergütungsanspruch und um Rückzahlung überzahlter Vergütung.
Die Beklagte ist ein Wohnungsunternehmen mit bundesweit rund 165.000 Mietwohnungen und weiteren 20.000 für Dritte verwalteten Wohnungen. Sie gehört einem der führenden börsenorientierten Wohnungsunternehmen Deutschlands an.
Die Klägerin ist seit dem 1. Mai 2007 bei der Beklagten als kaufmännische Angestellte beschäftigt und war im Regionalbereich A eingesetzt. In dem dortigen Büro beschäftigt die Beklagte etwa 40 Mitarbeiter. Die Hauptaufgabe der Klägerin lag im Vertrieb von Wohnungen und Einfamilienhäusern. Das Bruttomonatsgehalt der Klägerin betrug zuletzt 3.332 € und das Urlaubsgeld 1.905 € brutto bei einer Arbeitszeit von 37 Stunden pro Woche.
Nachdem die Klägerin am ... eine Tochter geboren und im unmittelbaren Anschluss an die Zeit des Mutterschutzes Elternzeit für die Dauer von zwei Jahren in Anspruch genommen hatte, richtete sie unter dem 14. September 2010 ein Schreiben an die Beklagte, das auszugsweise folgenden Inhalt hat:
"... am 18. Dezember dieses Jahres enden die ersten beiden Jahre meiner Elternzeit. Hiermit melde ich an, mein drittes Jahr Elternzeit unmittelbar an meine bereits genommene Elternzeit anzuschließen.
Zudem möchte ich für den Zeitraum vom 19.12.10 bis zum 18.12.11 von meinem Anspruch auf Teilzeiterwerbstätigkeit Gebrauch machen.
Ab dem oben genannten Datum beabsichtige ich 20h/Woche in der Zeit von Montag bis Donnerstag von jeweils 9 bis 14 Uhr zu arbeiten.
Gerne würde ich in meine bisherige Verkaufsabteilung unter der Leitung von Herrn B zurückkehren. Diesen Wunsch habe ich Herrn B in einem persönlichen Gespräch im August bereits mitgeteilt, welchem er wohlwollend gegenübersteht."
Wegen des weiteren Inhalts wird auf das Schreiben vom 30. September 2010 (Bl. 39 der Akten) Bezug genommen. Hierauf reagierte die Beklagte erstmals mit Schreiben vom 16. November 2010, das auszugsweise folgenden Inhalt hat:
"...wir beziehen uns auf Ihr Schreiben vom 14.09.2010. In diesem teilten Sie uns mit, dass Sie Ihre Elternzeit um ein weiteres Jahr verlängern möchten. Wir bestätigen Ihnen somit, dass Ihre Elternzeit am 18.12.2011 enden wird. ...
Gleichzeitig haben Sie uns in diesem Schreiben mitgeteilt, dass Sie in der Zeit vom 19.12.2010 bis 18.12.2011 eine Teilzeiterwerbstätigkeit bei uns ausführen möchten.
Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass der von Ihnen gewünsc...