Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnungsgrund. Anforderungen. Ankündigungsfrist. Auslegung. Elternteilzeit. Elternzeitverlangen. Streitgegenstand. Anspruch auf Elternteilzeit. Anforderungen an das Gericht der Ablehnungsgründe
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Antrag, die Arbeitszeit während der Elternzeit zu verringern, kann frühestens mit der Erklärung, Elternzeit in Anspruch zu nehmen, gestellt werden.
2. Der Arbeitnehmer darf den Antrag auf Verringerung und Neuverteilung seiner Arbeitszeit gleichzeitig mit dem Elternzeitverlangen stellen.
3. Eine Nichteinhaltung der Ankündigungsfrist des § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG für die Inanspruchnahme der Elternzeit hat lediglich zur Folge, dass sich der Beginn der verlangten Elternzeit auf einen späteren Zeitpunkt verschiebt. Wird die Ankündigungsfrist des § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BEEG für den Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit, die ebenfalls sieben Wochen beträgt, unterschritten, ist dieser Antrag ebenfalls nicht unwirksam. Vielmehr verschiebt sich nur der Zeitpunkt des Vollzugs.
4. An das objektive Gewicht der Ablehnungsgründe nach § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BEEG sind erhebliche Anforderungen zu stellen. Das verdeutlicht der Begriff „dringend”. Die entgegenstehenden betrieblichen Interessen müssen zwingende Hindernisse für die beantragte Verkürzung der Arbeitszeit sein. Zwar sind die entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe in den Katalog der Anspruchsvoraussetzungen des § 15 Abs. 7 S. 1 BEEG aufgenommen worden. Dennoch hat der Arbeitgeber die Tatsachen, aus denen sich die negative Anspruchsvoraussetzung der entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe ergeben soll, darzulegen und zu beweisen. Der Arbeitnehmer genügt seiner Darlegungslast schon dann, wenn er behauptet, solche Gründe bestünden nicht. Inhalt und Umfang der vom Arbeitgeber darzulegenden Tatsachen, aus denen sich die dringenden betrieblichen Ablehnungsgründe ergeben sollen, richten sich nach dem Lebenssachverhalt, auf den er die Zustimmungsverweigerung stützt.
Normenkette
BEEG §§ 15-16
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 21.04.2011; Aktenzeichen 1 Ca 1610/10) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.04.2011 – 1 Ca 1610/10 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, dem Antrag der Klägerin auf Verringerung und Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin ab dem 21.01.2011 bis einschließlich 26.12.2011 während bestehender Elternzeit wie folgt zuzustimmen:
Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 20 Stunden die Woche, verteilt auf zwei Tage á acht Stunden und einen Vormittag á vier Stunden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) tragen die Klägerin zu 1/15 und die Beklagte zu 14/15.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin während der Elternzeit Anspruch auf Verringerung und Neuverteilung ihrer Arbeitszeit hat.
Die Klägerin ist bei der Beklagten, die Produkte für die Reinigung und Pflege im Haushalt sowohl für den Endverbraucher als auch für professionelle Großverbraucher in der Gebäudereinigung sowie in Großküchen herstellt, seit 01. Dezember 2001 tätig. Sie war vor Beginn der Elternzeit im Internationalen Marketing als sog. Internationale Brand Managerin in Vollzeit beschäftigt und für die Betreuung einer globalen Dachmarke zuständig. Die Abteilung Internationales Marketing umfasst drei verschiedene Ressorts, die sich an den Produktreihen der Beklagten orientieren, nämlich Schuhpflege, Wohnraumpflegeprodukte sowie ökologische Putz- und Reinigungsmittel. Jedes dieser drei Ressorts wird von je einem Internationalen Brand Manager in Vollzeit geführt. Im Bereich der ökologischen Putz- und Reinigungsmittel ist ferner eine weitere Brand Managerin in Vollzeit tätig. Zudem arbeitet in dieser Abteilung eine weitere Mitarbeiterin, die das Thema Marktforschung und neue Geschäftsfelder (Development Management) betreut. Leiter der Abteilung ist der Internationale Marketing Director, Herr B. M., der eine Assistentin hat. Jeder der drei Internationalen Brand Manager hat die Aufgabe, die jeweilige Produktpalette einer Marke bzw. eines Markendaches in der Vermarktung zu begleiten. Hierzu arbeitet der Internationale Brand Manager mit den sieben nationalen Marketingabteilungen (sog. business units: Deutschland, Österreich, Frankreich und Belgien, Polen, Spanien und Export) zusammen, denen jeweils ein Leiter (Marketing Director oder Marketing Manager) vorsteht, dem die für die Umsetzung der Marketingstrategien und Konzepte des Internationalen Brand Managers zuständigen Produktmanager zuarbeiten.
Nach der Geburt ihres Sohnes am 02. März 2007 war die Klägerin in Elternzeit. Am 27. Dezember 2008 wurde ihr zweites Kind, ihre Tochter J. L., geboren. Unter dem 13. Januar 2009 (Bl. 15 d. A.) übersandte die Klägerin der Beklagten folgendes Schreiben:
„Antrag auf Elternzeit wegen der Gebur...