Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsklage und Feststellungsklage. Umdeutung einer als Dienstvereinbarung konzipierten Versorgungsordnung in eine Gesamtzusage. Wahlrecht und Risikosphäre bei Entscheidung zwischen zwei Versorgungswegen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage ist trotz der Möglichkeit zur Erhebung einer entsprechenden Leistungsklage dann zu bejahen, wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt einer gesunden Prozessökonomie zu einer sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt. In Streitigkeiten um Betriebsrenten ist dies sehr häufig gegeben.
2. Findet eine als Dienstvereinbarung konzipierte Versorgungsordnung auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung, hat aber der Arbeitgeber sich zu deren Anwendung verpflichtet hat, kann darin eine Gesamtzusage gesehen werden. Auf jeden Fall bestehen keine Bedenken gegen eine Umdeutung der als Dienstvereinbarung konzipierten Versorgungsordnung in eine Gesamtzusage nach § 140 BGB.
3. Kann der Beschäftigte zwischen einer Direktzusage des Arbeitgebers und einem über einen Dritten geführtes Versorgungswerk wählen und entscheidet er sich für ein bestimmtes Versorgungswerk, so fällt eine Änderung der Versorgung nach dem gewählten Versorgungswerk allein in seine Risikosphäre.
Normenkette
BetrAVG § 1; BGB § 140; BetrVG § 75 Abs. 1, § 77 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 19.12.2013; Aktenzeichen 19 Ca 3380/13) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 19. Dezember 2013 - 19 Ca 3380/13 - wird zurückgewiesen. Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und die Kosten der Revision ganz zu tragen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger 86,7 % und die Beklagte 13,3, % zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger eine Altersrente nach der sogenannten A-Versorgungsordnung in der Fassung vom 06. Dezember 2007 zu gewähren hat.
Der im XXX 1952 geborene Kläger wurde zum 01. Juli 1986 von einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, der B eingestellt. Im „Dienstvertrag“ des Klägers vom 17. April 1986 ist in § 1 Abs. 5 vorgesehen, dass - soweit im Vertrag nichts anderes vereinbart ist - „für das Dienstverhältnis ergänzend der Tarifvertrag für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken in seiner jeweils gültigen Fassung“ Anwendung findet. Zuvor war der Kläger bei der C beschäftigt; diese hatte ihn beim D (im Folgenden: D) versichert.
Den bis zum 01. April 1984 eingestellten Arbeitnehmern der B waren Leistungen der betrieblichen Altersversorgung über eine Unterstützungskasse zugesagt. Zum Zeitpunkt des Eintritts des Klägers in das Unternehmen bereitete die B eine Neuregelegung der betrieblichen Altersversorgung für die nach dem 31. März 1984 eingestellten Arbeitnehmer vor. Mit Schreiben vom 30. September 1987 (vgl. Anlage BK7 zum Schriftsatz des Klägers vom 08. September 2014) unterbreitete die B ihrem Betriebsrat ein Angebot zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung, welches dieser zunächst nicht annahm. Am 28. September 1988 schlossen die Betriebsparteien dann eine Betriebsvereinbarung zur Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung (Versorgungsordnung für Mitarbeiter mit Dienstantritt ab dem 01. April 1984). In der Versorgungsordnung (vgl. Anlage BK8 zum Schriftsatz des Klägers vom 08. September 2014) heißt es zum Kreis der Versorgungsberechtigten wie folgt:
„§ 1 Kreis der Versorgungsberechtigten
(1) Jeder regelmäßig beschäftigte Mitarbeiter (weiblich oder männlich) der bei Inkrafttreten dieser Versorgungsordnung in einem Arbeitsverhältnis zu unserem Unternehmen steht oder danach mit ihm ein Arbeitsverhältnis begründet, erwirbt mit Vollendung des 17. Lebensjahres (Aufnahmealter) eine Anwartschaft auf betriebliche Versorgungsleistungen nach Maßgabe dieser Versorgungsordnung.
(2) Für Mitarbeiter, die das Aufnahmealter noch nicht erreicht haben, ist diese Versorgungsordnung rechtlich unverbindlich und kann für sie keinen Versorgungsanspruch begründen.
(3) Von der Aufnahme in das Versorgungswerk sind ausgeschlossen:
a) Aushilfsweise befristet bzw. geringfügig im Sinne des § 8 SGB IV oder unregelmäßig Beschäftigte.
b) Mitarbeiter, die vor dem 01. April 1984 in das Unternehmen eingetreten sind“
Am 25. September 1991 schlossen die B und der Betriebsrat eine neue Fassung der Betriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung ab (vgl. Anlage BK2 zum Schriftsatz des Klägers vom 09. April 2014). Diese und auch die nachfolgende Betriebsvereinbarung über die betriebliche Altersversorgung vom 28. Juli 1993 (vgl. Anlage BK11 zum Schriftsatz des Klägers vom 21. Juli 2017) enthielten weiterhin die unveränderte Regelung zum Kreis der Versorgungsberechtigten, die schon die vorangegangenen Betriebsvereinbarung vom 28. September 1988 und 25. September 1991 enthielten. Gleiches gilt für die am 28. August 1995 i...