Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang. Vergütung bei Annahmeverzug. Passivlegitimation im Kündigungsschutzprozess bei Betriebsübergang

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Arbeitnehmer kann einem Betriebsübernehmer, der nicht Partei des Kündigungsschutzprozesses war, die Unwirksamkeit der von dem früheren Betriebsinhaber ausgesprochenen Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG nur entgegenhalten, wenn diese rechtskräftig durch Urteil festgestellt ist.

2. Es ist nicht Aufgabe eines Gerichts, sich aus den Akten anderer Prozesse Parteivortrag zusammenzusuchen.

 

Normenkette

BGB §§ 615, 293 ff.; KSchG § 11; BGB § 611 Abs. 1, § 242; GG Art. 1-2; ZPO § 325 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 24.02.2000; Aktenzeichen 11 Ca 1816/99)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt a.M. vom 24. Februar 2000 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 2. (einfacher Handelsregisterauszug des Amtsgerichts Karlsruhe zu HR B 5099, Bl. 121 u. 122 d.A.) auf Vergütung bei Annahmeverzug.

Die Klägerin war seit September 1995 bei der „C. der früheren Beklagten zu 1. (im Folgenden unbeschadet dessen, dass der Insolvenzverwalter Partei kraft Amtes geworden ist, weiter als Beklagte zu 1. bezeichnet), in deren Betriebsstätte in H. in einem Umfang von 24 Stunden in der Woche in der Verwaltung beschäftigt. Dort stellte die Beklagte zu 1. Essen her und beschäftigte 40 Mitarbeiter, davon 8 in der Verwaltung, deren Aufgabe in der Auftragsannahme und -bearbeitung bestand. Von diesen waren 5 Mitarbeiterinnen in Erziehungsurlaub. Neben der Klägerin arbeiteten dort die Mitarbeiter V. und Frau …. Die Vergütung der Klägerin betrug DM 2.275,00 brutto im Monat. Die Beklagte zu 1. kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin mit Schreiben vom 11. Mai 1998, der Klägerin zugegangen am 08. Juni 1998, wegen Betriebsstilllegung zum 30. April 1998 ordentlich zum 30. Juni 1998. Die Betriebsstilllegung betraf jedenfalls die Produktion in dem Betrieb. Bis zum 30. Juni 1998 erhielt die Klägerin Vergütung von der Beklagten zu 1. Auf die gegen die Kündigung erhobene Kündigungsschutzklage stellte das Arbeitsgericht in Frankfurt am Main mit einem am 28. Januar 1999 verkündeten Urteil – 11 Ca 4526/98 (Bl. 75 – 80 d.A. 11 Ca 4526/98 – Beiakte, BA –) – die Unwirksamkeit der Kündigung fest. Das auf die gegen dieses Urteil von der Beklagten zu 1. eingelegte Berufung anhängige Berufungsverfahren 4/13 Sa 1004/99 Hessisches Landesarbeitsgericht ist durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 1. am 07. Mai 1999 – 11 IN 45/99 Amtsgericht Karlsruhe (Bl. 32 u. 33 d.A.) – unterbrochen und bisher nicht aufgenommen worden. Am 22. Oktober 1998 wurde durch Spruch einer Einigungsstelle für die Beklagte ein Sozialplan aufgestellt (Bl. 46 – 53 BA), den die Beklagte zu 1. gerichtlich angefochten hat; auch das Beschlussverfahren ist infolge der Insolvenzeröffnung unterbrochen. Die Klägerin hat seit dem 01. Oktober 1998 eine neue Arbeitsstelle, bei der sie DM 1.600,00 brutto im Monat Vergütung erhält (Bl. 21 d.A.). Bis dahin bezog sie insgesamt DM 2.796,80 Arbeitslosengeld (Bescheid des Arbeitsamts Hanau, Bl. 20 d.A.). Nach der Verkündung des Urteils in der Sache 11 Ca 4526/98 Arbeitsgericht Frankfurt am Main kündigte die Beklagte zu 1. das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin am 22. Februar 1999 erneut zum 31. März 1999 (Bl. 4 d.A.). Mit der am 12. März 1999 eingereichten Klage verfolgt sie einen Anspruch auf Zahlung von Vergütung in Höhe von 3 × DM 2.100,00 brutto für die Zeit vom 01. Juli bis 30. September 1998 und von 9 × DM 500,00 brutto monatlich für die Zeit vom 01. Oktober 1998 bis 30. Juni 1999, ursprünglich gegen die Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. als Gesamtschuldner. Auch dieser Rechtsstreit ist gegenüber der Beklagten zu 1. infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 07. Mai 1999 unterbrochen.

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, ihr Arbeitsverhältnis sei auf die Beklagte zu 2. übergegangen, weil ein Betriebsübergang vorgelegen habe, und hat sich dazu auf den Sachverhalt in dem Rechtsstreit 11 Ca 4526/98 Arbeitsgericht Frankfurt am Main bezogen und die Beiziehung dieser Akte beantragt. Nachdem das Hessische Landesarbeitsgericht auf Beschwerde der Klägerin mit Beschluss vom 05. November 1999 – 13 Ta 621/99 (Bl. 62 – 67 d.A.) – einen Aussetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts aufgehoben hatte, hat die Klägerin, ausgehend von DM 2.100,00 brutto im Monat im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1. zuletzt beantragt,

  1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin DM 11.300,00 abzüglich erhaltener DM 2.796,80 netto nebst 4% Zinsen aus dem sich jeweils ergebenden Nettobetrag von DM 2.100,00 brutto seit dem 01. August, 01. September und 01. Oktober 1998 und aus jeweils DM 500,00 brutto seit dem 01. November, 01. Dezember 1998, 01. Janu...

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