Entscheidungsstichwort (Thema)
Neuregelung einer Überbrückungsversorgung. Darlegungs- und Beweislast für die Mitbestimmung des Betriebsrats
Orientierungssatz
1. Die Änderungen einer Überbrückungsregelung für Mitarbeitern im Außendienst für die Zeit zwischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Eintritt des Versorgungsfalles unterliegen als Entlohnungsgrundsätze der Mitbestimmung des zuständigen Betriebsrats gemäß § 87 Abs 1 Nr 10 BetrVG.
2. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber die Beweislast für die Tatsachen zu tragen, aus denen sich ergibt, dass ein abändernder Vertrag wirksam ist und demgemäß ob eine erforderliche Mitbestimmung des Betriebsrats vorlag. (Rn.63) Ein besonderer Umstand, der dazu führt, dass ausnahmsweise der Arbeitnehmer die Darlegungslast zu tragen hat, liegt nicht darin, dass der Arbeitnehmer weder persönlich noch in seiner Eigenschaft als Betriebsratsvorsitzender die betriebsverfassungsrechtliche Unwirksamkeit der streitbefangenen Änderungsregelung geltend gemacht hat.
3. Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts nach Zurückverweisung durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 29.01.2008, 3 AZR 42/06.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10; ZPO § 138 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom 20. Januar 2004 – 12 Ca 12749/04 – abgeändert:
- Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2004 eine Überbrückungsrente nach Maßgabe des „Sonderanhangs Erläuterung der Überbrückungsregelung bei vorzeitiger Pensionierung von Mitarbeitern im Außendienst (Stand 1. Januar 1974)” in Verbindung mit der Ergänzung zum Anstellungsvertrag des Klägers vom 20. Mai 1974 sowie in Verbindung mit dem Schreiben der Firma … GmbH „Überbrückungsregelung bei vorzeitiger Pensionierung von Mitarbeitern im Außendienst” vom 20. Mai 1974 zu zahlen.
- Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, nach welchen Regelungen der Kläger nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit Erreichen des 60. Lebensjahres von der Beklagten neben einer Pensionskassenrente eine Ausgleichsrente (Übergangsgeld) von der Beklagten verlangen kann.
Der am … Dezember … geborene Kläger trat aufgrund Anstellungsvertrags vom 02. Oktober 1969 ab 01. Januar 1970 als Außendienstmitarbeiter in die Dienste der …, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten. Diese gehörte schon damals zur … Gruppe Deutschland, die aus einer Vielzahl von Unternehmen bestand.
In Ziffer 11 des Ausstellungsvertrages ist geregelt, dass das Vertragsverhältnis längstens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres gilt.
In Ziffer 12 des Ausstellungsvertrages ist geregelt:
„Mit Rücksicht darauf, dass die … Angestellten-Pensionskasse normalerweise eine Altersrente erst vom 65. Lebensjahr an zahlt (Art. 1 f der Versicherungsbestimmungen), wird … für die Zeit vom 60. bis 65. Lebensjahr des Vertreters aufgrund des Art. 3 Ziff. 1 der Versicherungsbestimmungen folgende Sonderleistungen der Pensionskasse erwirken:
- Zahlung der Firmen- und Mitgliederbeiträge zur Pensionskasse in gleicher Höhe wie im Pensionierungszeitpunkt (60. Lebensjahr).
- Zahlung der gleichen Rente wie die, welche er von der Pensionskasse ab Vollendung des 65. Lebensjahres aufgrund der bisher gezahlten und gemäß a) weiter zu zahlenden Beiträge erhalten wird.
- Zahlung eines anteiligen Ausgleiches für die Angestelltenversicherungsrente nach Maßgabe des beigefügten „Sonderanhanges”; etwaige vorzeitige Leistungen der Rentenversicherung der Angestellten wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit werden auf diese Ausgleichsrente angerechnet.
Während der Dauer dieser Überbrückungsregelung darf der Vertreter nur aufgrund einer vorherigen schriftlichen Einwilligung von … für eine andere Firma der Lebensmittel- oder damit verwandten Branche tätig werden; anderenfalls erlöschen die zu a – c genannten Ansprüche.”
Mit Ergänzung zum Anstellungsvertrag vom 20. Mai 1974 (Anlage K 3 zur Klageschrift, Bl. 15 d. A.) erfolgten für den Kläger günstige Veränderungen gegenüber dem ursprünglichen Vertrag. In dem Sonderanhang, Stand 01. Januar 1974 (Anlage K 2 zur Klageschrift, Bl. 13 u. 14 d. A.), ist im Einzelnen eine Überbrückungsrente aus einer Pensionskassenrente und einer Ausgleichsrente für die Angestelltenversicherungsrente geregelt, die für die Zeit zwischen der Vollendung des 60. Lebensjahres und des 65. Lebensjahres gezahlt wird. Danach beträgt die Ausgleichsrente 50% der Beitragsbemessungsgrenze in der Angestelltenversicherung bzw. des letzten Einkommens, wenn dieses niedriger ist als die Beitragsbemessungsgrenze. Gesetzliche Renten, die nach Beginn der Ausgleichsrente einzahlen, werden zu 50% auf die Ausgleichsrente ...