keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersatzzustellung. Wohnung. Geschäftsraum

 

Leitsatz (amtlich)

Ersatzzustellung in Wohnung / Geschäftsraum kann wirksam sein, wenn bewusst der Anschein erweckt wird, unter einer bestimmten Anschrift eine Wohnung / einen Geschäftsraum zu unterhalten.

 

Normenkette

TVG 1; ZPO § 178; Tarifverträge: Dachdeckerhandwerk

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 12.05.2005; Aktenzeichen 4 Ca 811/04)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 12.05.2005 – 4 Ca 811/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Auskunft nach den Sozialkassentarifverträgen des Dachdeckerhandwerks zu erteilen, und ob er im Falle nicht fristgerechter Auskunftserteilung eine Entschädigung zu leisten hat.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform eines rechtsfähigen Vereins kraft staatlicher Verleihung. Er ist tarifvertraglich zum Einzug der Beiträge zur Sozialkasse des Dachdeckerhandwerks verpflichtet. Der Kläger nimmt auf der Grundlage des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Dachdeckerhandwerk vom 06. Dezember 1995 (VTV) den Beklagten zur Vorbereitung von Beitragszahlungen auf Erteilung der in dem Verfahrenstarifvertrag vorgesehenen Auskünfte über die Zahl der im Betrieb beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer und der für diese Arbeitnehmer monatlich gezahlten Bruttolohnsumme in Anspruch, und zwar für den Zeitraum Dezember 2000 bis August 2001. Für den Fall, dass der Beklagte seiner Auskunftspflicht nicht nachkommt, begehrt der Kläger eine Entschädigung in Höhe von ca. 80% des Betrages, den der Beklagte an Beiträgen zu melden hat.

Der Beklagte unterhielt im streitgegenständlichen Zeitraum einen Betrieb des Dachdeckerhandwerks.

Am 29. April 2002 ist gegen den Beklagten auf Antrag des Klägers ein Versäumnisurteil ergangen. Dieses Versäumnisurteil ist ausweislich der Zustellungsurkunde, die an den Kläger unter der Adresse E 40 in F gerichtet war, von G, dem Vater des Beklagten, am 22. Mai 2002 entgegengenommen worden (vgl. Bl. 10 d.A.). Mit am 18. März 2004 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Beklagte Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt und darüber hinaus die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass das Wiedereinsetzungsgesuch des Beklagten zurückzuweisen sei.

Der Kläger hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 29. April 2002 aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Versäumung der Einspruchsfrist gegen das Versäumnisurteil zu gewähren.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, sein Wiedereinsetzungsantrag sei begründet, da ihm das Versäumnisurteil bisher nicht wirksam zugestellt worden sei. Der Beklagte hat behauptet, zum Zeitpunkt der Zustellung des Versäumnisurteils habe er keine Wohnung in der E 40 in F gehabt. Bei dem dortigen Anwesen handele es sich um das Elternhaus des Beklagten, aus welchem er im Jahr 1999 ausgezogen sei. Trotz seines Auszugs sei er in F in der E 40 gemeldet geblieben, da er mit seinem Betrieb für die Gemeinde F habe arbeiten wollen. Bei der Auftragsvergabe habe er darauf hinweisen wollen, dass er mit Hauptwohnsitz in F gemeldet sei. Allein aus diesem Grund sei die Meldung in F bestehen geblieben. Seit dem Jahr 1999 bis zum 14. Mai 2002 habe er ausschließlich in der G 14 in H und seit dem 15. Mai 2002 in der I 9 in J gewohnt. Zum 28. Mai 2002 sei sodann die Abmeldung in der Gemeinde F erfolgt. Der Kläger hat beantragt,

den Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten zurückzuweisen.

Mit Urteil vom 12. Mai 2005 hat das Arbeitsgericht Wiesbaden – 4 Ca 811/04 – den Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig verworfen und das Versäumnisurteil vom 29. April 2002 aufrechterhalten. Es hat u. a. ausgeführt, der Wiedereinsetzungsantrag sei unzulässig, da die Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO abgelaufen sei. Ausweislich der Postzustellungsurkunde sei dem Beklagten das Versäumnisurteil am 22. Mai 2002 zugegangen und die Einspruchsfrist somit am 29. Mai 2002 abgelaufen. Die Jahresfrist habe am 29. Mai 2003 geendet, weshalb der am 18. März 2004 bei Gericht eingegangene Wiedereinsetzungsantrag verspätet sei. Es sei auch von einer wirksamen Zustellung des Versäumnisurteils auszugehen, da der Beklagte bis zum 28. Mai 2002 unter der Adresse seines Elternhauses in F mit Hauptwohnsitz polizeilich gemeldet gewesen sei. Hieran müsse sich der Beklagte festhalten lassen, auch wenn er bereits seit 1999 aus der elterlichen Wohnung ausgezogen sei, da er die entsprechende Ummeldung erst mehrere Jahre später veranlasst habe.

Dieses Urteil ist dem Beklagten am 01. Juli 2005 zugestellt worden. Die Berufung des Beklagten ist am 04. Juli 2005 und die Ber...

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