Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung gem. § 113 BetrVG. Zahl der in der Regel beschäftigten wahlberechtigten Artnehmer. hier insbes.: befristet (jedes Jahr) beschäftigte Aushilfskraft
Leitsatz (redaktionell)
1. Maßgeblich für die Ermittlung der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer für das Vorliegen einer interessenausgleichs- und sozialplanpflichtigen Betriebsänderung, ist der Zeitpunkt, in dem die Beteiligungsrechte des Betriebsrats entstehen. Bei einer Betriebsstilllegung ist dies der Zeitpunkt des Stilllegungsbeschlusses.
2. Die Zahl der regelmäßig Beschäftigten bestimmt sich nicht danach, wie viele Arbeitnehmer zufällig gerade zu dieser Zeit dem Betrieb angehören. Abzustellen ist auf die normale Zahl der Beschäftigten, d.h. auf die Personalstärke, die den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnet.
Normenkette
BetrVG §§ 113, 111
Verfahrensgang
ArbG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 28.08.2002; Aktenzeichen 1 Ca 512/02) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Limburg vom 28.08.2002 – 1 Ca 512/02 – dahin abgeändert, dass die Klage in vollem Umfang abgewiesen wird.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird für die Klägerin zugelassen.
Tatbestand
Gegenstand – auch und nur noch – des zweitinstanzlichen Verfahrens ist die vom Kläger (d. Kl.) begehrte Zahlung einer Abfindung gem. § 113 BetrVG (Paragraphen ohne Gesetzesbezeichnung sind im Folgenden immer solche des Betriebsverfassungsgesetzes von 1972). Die Beklagte hat ihren Baubetrieb zum 31.10.2002 geschlossen. Einen Versuch, mit dem damals noch existierenden bei ihr gebildeten Betriebsrat zu einem Interessenausgleich zu kommen, hat sie nicht unternommen. D. Kl. ist wegen der Betriebsschließung rechtswirksam (siehe das insoweit nicht angegriffene Urteil des Arbeitsgerichts) betriebsbedingt gekündigt worden. Zwischen den Parteien ist im Wesentlichen im Streit, ob im Betrieb der Beklagten zuletzt noch mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt waren.
Wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts, des Vorbringens der Parteien und ihrer Anträge erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat auf den Hilfsantrag d. Kl. hin die Beklagte zur Zahlung einer Abfindung von EUR 28.434,00 verurteilt und im Übrigen (betreffend Kündigungsschutz- und Weiterbeschäftigungsantrag) die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung verwiesen wird, richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Abweisung auch der auf Abfindungszahlung gerichteten Klage weiterverfolgt.
Die Beklagte hält daran fast, der Versuch eines Interessenausgleichs habe nicht unternommen werdet müssen, weil zum Zeitpunkt des Entschlusses zur Stillegung des Baubetriebs (am 15.01.2002) nicht mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen seien. Richtig habe das Arbeitsgericht gesehen, dass für die Belegschaftsstärke zu den unstreitig 19 Beschäftigten die Ehefrau des Beklagten nicht, dagegen der Auszubildende J. mit zu berücksichtigen sei. Zudem auch noch auf den K. L. für die regelmäßige Beschäftigtenzahl abzustellen, sei jedoch verfehlt. Herr L. sei in den vergangenen Jahren zwar während der Bauhauptsaison im Frühjahr, Sommer und Herbst befristet beschäftigt worden, aber im Jahre 2001 weniger als 6 Monate. Die zeitweiligen Einsätze des bis 1996 fest angestellten Lang als Kranführer und überwiegend als Aushilfsarbeiter während der Hochsaison sei aus sozialen Erwägungen erfolgt. Auf die Beschäftigungszeiten vor dem Jahr 2001 sei nicht zurückzugreifen, weil im Jahr 2000 die Belegschaftsstärke reduziert worden sei. Die bis dahin gegebene Zahl der Beschäftigten sei nicht kennzeichnend für die regelmäßige Beschäftigungsstärke Anfang des Jahres 2002. Bei Beendigung der befristeten Beschäftigung des Herrn L. im Jahre 2001 sei bereits entschieden und beschlossen worden, dass eine weitere Beschäftigung des Herrn L. nicht mehr in Betracht komme. Seiner Kündigung habe es nicht bedurft, weil sein Arbeitsverhältnis ohnehin aufgrund Befristung zum 12.10.2001 geendet habe; für weitere Planungen habe Herr L. keine Rolle mehr gespielt. Im Jahr 2002 wäre eine Beschäftigung des Herrn L. jedenfalls nicht erfolgt. Angesichts des anhaltenden Konjunktureinbruchs im Baugewerbe habe damit wie auch mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Ehefrau des Beklagten sowie mit sonstigen Maßnahmen eine Kosteneinsparung erreicht und damit die Fortführung des Betriebs mit einer geringeren Arbeitnehmerzahl ermöglicht werden sollen. Zu dem Stilllegungsentschluss sei es wegen der angespannten finanziellen Situation des Unternehmens erst gekommen, als sich ab Herbst 2001 abgezeichnet habe, dass eine zumindest konstante Auftragslage nicht zu erwarten sei und sich die Auftragslage für das Jahr 2002 gegenüber der des Jahres 2001 sogar noch wesentlich verschlechtern werde. – Die Beklagte hält außerdem ...