Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung. Abendpersonal. Geltungsbereich des Versorgungstarifvertrags Bund und Länder
Leitsatz (amtlich)
1. Der VersorgungsTV für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Bundes und der Länder gilt auch für die Arbeitnehmer, die dem TV Abendpersonal für die staatlichen Theater in Hessen unterfallen.
2. Der Ausschluss des Abendpersonals aus dem VersorgungsTV verstieße gegen den Gleichheitssatz.
Normenkette
MTArb; TV Abendpersonal; VersorgungsTV
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Urteil vom 25.10.2001; Aktenzeichen 4 Ca 223/01) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Kassel vom 25. Oktober 2001 –4 Ca 223/01 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat das beklagte Land zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land der Klägerin einen Versorgungsanspruch nach Maßgabe der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) zu verschaffen hat.
Die 1946 geborene Klägerin trat am 20. September 1975 in die Dienste des beklagten Landes und wurde von diesem bis 05. August 2000 im Staatstheater Kassel als Karteneinnehmerin und Garderobefrau beschäftigt. Die Parteien schlossen jeweils für eine Theatersaison einen Arbeitsvertrag, d. h. für die Zeit von Mitte August bis Juni des Folgejahres. Die Klägerin arbeitete jährlich etwa 44 Wochen, wöchentlich zwischen 22 und 24 Stunden in 6 Diensten pro Woche. Jeder Dienst wurde pauschal vergütet, zuletzt mit über DM 70,00 brutto. Dieser Pauschallohn betrug jeweils das 4-fache eines entsprechenden Stundenlohnes unabhängig von der Dauer des Dienstes. Das Arbeitsentgelt überschritt monatlich jeweils die sozialversicherungsrechtliche Geringfügigkeitsgrenze.
Die Klägerin gehörte der Gewerkschaft ÖTV an und ist Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Das beklagte Land wendet im Staatstheater die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst entsprechend ihrem jeweiligen Geltungsbereich an. In den Arbeitsverträgen zwischen den Parteien war jeweils vereinbart, dass der Tarifvertrag über die Regelungen der Arbeitsbedingungen des Abendpersonals bei den staatlichen Theatern des Landes Hessen vom 25. Juni 1964, geändert durch die Tarifverträge vom 26. August 1966 und 25. November 1970 und 23. November 1974 (TV Abendpersonal) Anwendung findet.
Die Klägerin war vom beklagten Land bei der VBL nicht versichert worden.
Die Klägerin hat im November 1999 gegenüber dem beklagten Land erfolglos geltend gemacht, dass ihr eine VBL-Versorgung zustehe.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sei der Manteltarifvertrag für die Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb) anzuwenden gewesen und das beklagte Land hätte deshalb die Klägerin entsprechend dem Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Bundes und der Länder bei der VBL versichern müssen. Jedenfalls verstoße es gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, die Klägerin im Gegensatz zu anderen Teilzeitkräften nicht bei der VBL anzumelden.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin ab Eintritt des Versorgungsfalles einen Versorgungsanspruch zu verschaffen, den sie erworben hätte, wenn sie vom 20. September 1975 bis 05. August 2000 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder versichert gewesen wäre.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat die Ansicht vertreten, die Arbeitsbedingungen des Abendpersonals seien allein und abschließend im Tarifvertrag über die Arbeitsbedingungen des Abendpersonals bei den staatlichen Theatern in Hessen vom 25.6.1964 (Hess. StAnz S. 1006) mit späteren Änderungen (TV Abendpersonal) geregelt. Da dort eine Altersversorgung nicht vorgesehen sei, habe auch für die Klägerin kein Anspruch darauf bestanden. Im Unterschied zu sonstigen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes werde das Abendpersonal bühnenüblich jeweils nur für eine Spielzeit befristet eingestellt. Weitere Unterschiede ergeben sich in der Bezahlung, da das Abendpersonal keinen Zeitlohn sondern einen von der Dauer des Dienstes unabhängigen Pauschallohn erhalte und die Dienstzeit weitgehend aus Arbeitsbereitschaft bestehe. Auch fehle es an einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit und dem Abendgarderobenpersonal stehe es frei Dienste anzunehmen oder abzulehnen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben mit Urteil vom 25. Oktober 2001, auf das Bezug genommen wird.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des beklagten Landes. Wegen der für die Zulässigkeit der Berufung erheblichen Daten wird auf das Protokoll vom 11. September 2002 (Bl. 63 d.A.) verwiesen.
Das beklagte Land wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Bei den Diensten des Abendpersonals handele es sich fast um eine freie Mitarbeit, da es in der Entscheidun...