Entscheidungsstichwort (Thema)
Durch BV eingegrenzte paritätisch besetzte Ideenkommission. Prämie für Verbesserungsvorschlag
Orientierungssatz
Ist eine Betriebsvereinbarung zum betrieblichen Vorschlagswesen so ausgestaltet, dass die Entscheidung über die Prämienberechtigung (Grund u. Höhe) einer paritätisch besetzten und mehrheitlich entscheidenden Ideenkommission übertragen ist, hat vor einer gerichtlichen Entscheidung zunächst die Kommission ihre Entscheidung zu treffen. Erst die dabei getroffenen Feststellungen und Bewertungen können einer beschränkten gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden. (BAG 20.01.2004 – 9 AZR 393/03 – NZA 2004, 995).
Das bedeutet gleichzeitig, dass eine Klage zur Durchsetzung eines Prämienanspruchs aus einer derart ausgestatteten Betriebsvereinbarung, die ohne Ausschöpfung des betrieblichen Verfahrens sofort bei den Arbeitsgerichten anhängig gemacht wird, als (derzeit) unzulässig abzuweisen ist.
Normenkette
BetrVG § 77
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Urteil vom 17.02.2009; Aktenzeichen 6 Ca 124/08) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 17.02.2009, Az.: 6 Ca 124/08, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Prämie für eine Verbesserungsidee auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung Ideenmanagement.
Die Beklagte ist ein großer deutscher Automobilhersteller. Die Klägerin ist seit 1982 im Werk der Beklagten in A tätig und dort als Disponentin in der Abteilung Originalteile Launch Management Electrics eingesetzt.
Zum Umgang mit Verbesserungsideen besteht bei der Beklagten eine Gesamtbetriebsvereinbarung Ideenmanagement vom 16.06.1999 (GBV Nr.1/99), die sowohl die materiellen Voraussetzungen für Prämienansprüche gegen die Beklagte als auch ein Verfahren für die Gewährung und die Bestimmung der Höhe der Prämien regelt. Nach Ziff. 6.2.1 GBV beträgt die Höchstprämie für Verbesserungsideen mit berechenbaren Vorteilen 51.129,00 Euro (früher 100.000,00 DM). Nach Ziff. 7 GBV entscheidet über die Prämienberechtigung der Ideengeber eine paritätisch besetzte Ideenkommission. Nach Ziff. 8 GBV kann der Ideengeber gegen die Entscheidung der Ideenkommission innerhalb von drei Monaten beim Unternehmensbereich Ideenmanagement Einspruch erheben. Für die weiteren Regelungen wird auf die zur Akte gereichte Kopie der Gesamtbetriebsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 7-20 d. A.)
Die Klägerin reichte bei der Beklagten unter Verwendung des Ideenblattes 14-02-081311 (Bl. 6 d. A.) am 16.10.2002 eine Verbesserungsidee ein. Diese bestand in dem Vorschlag, Bremsflüssigkeit an den Großhandel statt wie bisher in 57-Liter-Fässern in den für andere Produkte schon verwendeten 60-Liter-Fässern zu verkaufen, weil diese dann mit 57 Liter statt mit 50 Liter Bremsflüssigkeit gefüllt werden könnten.
Die Beklagte nahm den Vorschlag zunächst in der Weise auf, dass sie ab November 2003 die bisher verwendeten Fässer statt mit 50 Litern mit 52 Litern befüllte. Die Beklagte zahlte der Klägerin dafür nach einer Entscheidung der Ideenkommission am 24.03.2004 eine Prämie in Höhe von 1.160,00 Euro.
In der zweiten Jahreshälfte 2006 entschied die Beklagte schließlich, die Transportfässer für die Bremsflüssigkeit auszutauschen und künftig nicht mehr Fässer mit einem Fassungsvermögen von 57 Litern, sondern von 63 Litern zu verwenden, die dann mit 60 Litern befüllt werden könnten. Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, ob diese Maßnahme auf der Idee der Klägerin aus dem Jahre 2002 basiert oder – wie die Beklagte behauptet, auf eine unabhängige Anregung des Konzernlabors in Wolfsburg vom 12.07. 2006 zurückgeht. Die Umsetzung der Idee erfolgte am 29.06.2006 durch Anlegen einer neuen Teilenummer.
Die Klägerin legte darauf am 18.09.2006 Einspruch gegen die im Jahre 2004 für sie festgelegte Prämie ein und forderte eine weitere Prämienzahlung, weil die Einführung der größeren Fässer auf ihre Idee aus dem Jahre 2002 zurückzuführen sei. In dem sich anschließenden Schriftverkehr lehnte die Beklagte eine weitere Prämienzahlung ab. Die Ideenkommission wurde mit dem „Einspruch” der Klägerin nicht befasst.
Am 11.03.2008 hat die Klägerin beim Arbeitsgericht zunächst Klage auf Feststellung, dass ihr eine weitere Prämienzahlung zusteht, sowie auf Auszahlung der Prämie nach Ermittlung der sich daraus ergebenden Jahreseinsparung eingereicht. Nach Abschluss eines Zwischenvergleichs über den Antrag 1) und Erteilung einer Auskunft seitens der Beklagten hat die Klägerin beantragt, ihr – unter Anrechnung auf die bereits im Jahr 2004 bezahlte Prämie – die Höchstprämie der Prämiengruppe A (Verbesserungsidee mit berechenbaren Vorteilen) zu zahlen.
Für den weiteren unstreitigen Sachverhalt, den jeweiligen Vortrag und die Anträge der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (Bl. 86-87 d. A.)
Das Arbeitsgericht Kassel hat mit Urteil vom 17.02.2009 – Az. 6 Ca 124/08 – ...