Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablösung vertraglicher Einheitsregelung. Ablösung einer vertraglichen Einheitsregelung (sog. Tarifregelung der DPG) durch DBV von ver.di.. Billigkeitskontrolle der Ablösung einer vertraglichen Regelung auf Beihilfeberechtigung des Arbeitnehmers nach Regeln des öffentlichen Dienstes

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Einheitsregelungen zur Gewährung von Beihilfen bei der DPG können durch Betriebsvereinbarung nur insoweit abgelöst werden, als billiges Ermessen gewahrt ist.

 

Normenkette

BetrVG § 77; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 21.01.2009; Aktenzeichen 22 Ca 5222/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.07.2012; Aktenzeichen 1 AZR 185/11)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitgerichts Frankfurt am Main vom 21. Januar 2009 – 22 Ca 5222/08 – teilweise abgeändert, es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger im Krankheitsfalle weiterhin Beihilfe und Unterstützung nach den im öffentlichen Dienst geltenden Beihilfevorschriften und Unterstützungsgrundsätzen gemäß der Regelung nach § 17 des Anhangs II der Tarifregelung der DPG vom 20. Juni 2000 über den 01.01.2009 hinaus als Arbeitnehmer und als Rentner zu gewähren.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger Beihilfe und Unterstützungen gemäß den im öffentlichen Dienst geltenden Beihilfevorschriften und Unterstützungsgrundsätzen zu gewähren.

Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger, soweit im Berufungsverfahren noch relevant, die Fortführung der für ihn ehemals geltenden Tarifregelung der DPG (§ 17) für die Zeit des Bestehens seines Arbeitsverhältnisse bis zum 31. Dezember 2009 und für die Zeit des Eintritts in den Ruhestand geltend.

Der am 26. Dezember 1949 geborene Kläger trat am 2. Oktober 1975 als Gewerkschaftssekretär in die Dienste der Deutschen Postgewerkschaft (DPG). Zuletzt war der Kläger auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 21. Dezember 1999 (vgl. Anlage K4 zur Klageschrift vom 18. Juli 2008, Bl. 16, 17 d.A.) als Bezirkssekretär der DPG in der Hauptverwaltung Frankfurt am Main beschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist unter anderem vereinbart:

5. Auf das Beschäftigungsverhältnis finden die Bestimmungen der Tarifregelung für die Beschäftigten der Deutschen Postgewerkschaft in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung.

Der Kläger war vor der Einstellung bei der DPG Beamter der Deutschen Bundespost und daher gemäß den beamtenrechtlichen Bestimmungen beihilfeberechtigt. Die DPG führte diese Beihilfeberechtigung fort und erstattete dem Kläger 50 % seiner Krankenkosten und der Krankenkosten seiner Familienangehörigen. Der Kläger schloss zur weiteren Abdeckung der Krankenkosten eine private Krankenversicherung bei der Postbeamtenkrankenkasse (PBeaKK) ab.

Bei der DPG wurden die Arbeitsbedingungen durch sog. Tarifregelungen bestimmt, die durch den Hauptvorstand der DPG beschlossen wurden. Diese Tarifregelungen wurden zuvor im Personalausschuss/in der Personalkommission vorbereitet. In der Satzung der DPG vom 28., 29. November 1996 (vgl. Anl. K26 zur Berufungsbegründungsschrift des Klägers vom 26.06.2009, Bl. 335-343 d.A.) heißt es hierzu auszugsweise:

§ 50

Aufgaben des Hauptvorstandes

1. Der Hauptvorstand vertritt die Deutsche Postgewerkschaft nach innen und außen. Er hat unter Beachtung der Ziele und Grundsätze der Deutschen Postgewerkschaft (§ 3) alle Aufgaben (§ 4) und Aufträge, die sich aus der Satzung, den Beschlüssen des Gewerkschaftskongresses und des Gewerkschaftsrates ergeben, verantwortlich durchzuführen.

3. Der Hauptvorstand kann Beratungsgremien bilden. Aufgabenstellung und Zusammensetzung werden durch Richtlinien geregelt.

Dem Personalausschuss gehörte ein Mitglied des Gesamtbetriebsrates der DPG an. Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates hatte ein Anhörungsrecht im Personalausschuss. Zu den vom Personalausschuss erarbeiteten Entwürfen für Tarifregelungen konnte der Gesamtbetriebsrat Stellung nehmen.

Der Beklagte wurde im Wege der Verschmelzung der Einzelgewerkschaften Deutsche Angestellten Gewerkschaft (DAG), Deutsche Postgewerkschaft (DPG), Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV), Industriegewerkschaft Medien, Druck und Papier, Publizistik und Kunst (IG Medien) und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) im März 2001 gegründet.

Im Vorfeld der beabsichtigten Verschmelzung schlossen die Gründungsgewerkschaften/Quellorganisationen mit ihren jeweiligen Gesamtbetriebsräten am 18. Mai 2000 eine Grundsatzvereinbarung zur Gründung und Aufbau von ver.di (vgl. Anlage K8 zur Klageschrift vom 18.07.2008, Bl. 28-32 d.A., im folgenden „Grundsatzvereinbarung” genannt). Hier ist unter anderem geregelt:

1.

Mit der Eintragung der Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz gehen alle bei den Gewerkschaften bestehenden Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten, wie sie zum Zeitpunkt der Verschmelzung besteh...

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