Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung der Freistellungserklärung des Arbeitgebers hinsichtlich der Gewährung von Urlaub
Leitsatz (amtlich)
Will der Arbeitgeber nach Ausspruch einer vom Arbeitnehmer angegriffenen Kündigung über den in jedem Fall für das laufende Urlaubsjahr bis zum Ablauf der Kündigungsfrist geschuldeten Teilurlaubsanspruch hinaus den nach seiner Rechtsauffassung nicht geschuldeten weiteren Urlaub, der sich aus einer Differenz zwischen dem Teilurlaub und dem gesamten Jahresurlaub für das jeweilige Urlaubsjahr ergibt, gewähren, muss er dies eindeutig in seiner Freistellungserklärung zum Ausdruck bringen; etwaige Zweifel gehen zu Lasten des Arbeitgebers (im Anschluss an BAG, Urteil vom 17. Mai 2011 - 9 AZR 189/10).
Normenkette
BUrlG § 7 Abs. 1; BGB §§ 157, 133
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 17.04.2014; Aktenzeichen 21 Ca 6740/13) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 17. April 2014 - Aktenzeichen 21 Ca 6740/13 - teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 13 Ersatzurlaubstage für das Urlaubsjahr 2012 zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 55 % und die Beklagte 45 % zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug allein noch um die Gewährung von 30 Tagen Ersatzurlaub aus dem Jahr 2012.
Der 50-jährige (geboren am xx xxxxx 1964), verheiratete Kläger wurde bei der Beklagten, einem Logistikunternehmen, ab dem 28. September 1998 als Arbeitnehmer beschäftigt, ab dem 1. November 2003 aufgrund Änderungsvertrag der Parteien vom 23. Oktober 2003 (Bl. 63 der beigezogenen Akten ArbG Ffm - 21 Ca 4260/12 und Hess. LAG - 2 Sa 372/13) im Bereich Werkstatt/Schlosserei. Kraft einzelvertraglicher Vereinbarung findet der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des Privaten Transport und Verkehrsgewerbes in Hessen Anwendung - fortan MTV Verkehr genannt - (Bl. 189 bis 207 d. A.). Die Aufgabe des Klägers bestand in erster Linie in der Reparatur von Wechselbrücken. Sein Arbeitsbeginn lag bei 06:00 Uhr. Als Vergütung erhielt der Kläger von der Beklagten € 2.530,00 brutto im Monat. Mit Schreiben vom 24. November 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger betriebsbedingt ordentlich zum 30. April 2012. Mit weiterem Schreiben vom 21. Februar 2012 (Bl. 37 d. A.) wandte sich die Beklagte wie folgt an den Kläger:
"Freistellung
Sehr geehrter Herr A,
wir stellen Sie unter Fortzahlung Ihrer Bezüge bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnis- ses am 30. April 2012 ab sofort unter Anrechnung Ihrer Urlaubsansprüche und etwaiger Zeitguthaben unwiderruflich von der Erbringung Ihrer Arbeitsleistung frei.
Ihre Lohnsteuerkarte senden wir Ihnen nach der letzten Gehaltsabrechnung zu. Sollte sich Ihre Anschrift ändern, bitten wir Sie, uns dies rechtzeitig mitzuteilen.
Bitte übergeben Sie uns Ihren B -Ausweis, Ihren Transponder, Arbeitskleidung und ggf. Schlüssel für Ihren Schreibtisch.
Mit freundlichen Grüßen
..."
Auf die bereits am 6. Dezember 2011 erhobene und der Beklagten am 15. Dezember 2011 (Bl. 16 der beigezogenen Akten ArbG Ffm -21 Ca 8023/11) zugestellte Kündigungsschutzklage des Klägers stellte das Arbeitsgericht Frankfurt am Main mit am 11. Juni 2012 verkündeten Urteil - Az. 21 Ca 8023/11 (Bl. 83 - 91 der beigezogenen Akten ArbG Ffm -21 Ca 8023/11) - fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch diese Kündigung nicht beendet wurde. Mit Schreiben vom 12. Juni 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger daraufhin erneut betriebsbedingt, diesmal ordentlich zum 30. November 2012 und dem Angebot, das Arbeitsverhältnis ab dem 1. Dezember 2012 als Lagermitarbeiter mit einem Arbeitsentgelt in Höhe von € 2.150,00 brutto im Monat, einem Arbeitsbeginn ab 11:00 Uhr sowie einer täglichen Arbeitszeit von 7,36 Stunden zu ansonsten unveränderten Arbeitsbedingungen fortzusetzen. Mit Anwaltsschreiben vom 22. Juni 2012 (Bl. 11 der beigezogenen Akten ArbG Ffm -21 Ca 4260/12) ließ der Kläger die Annahme des Änderungsangebotes der Beklagten unter dem Vorbehalt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial nicht gerechtfertigt sei, erklären. Auf seine Änderungsschutzklage stellte das Arbeitsgericht Frankfurt am Main mit am 6. Dezember 2012 verkündeten Urteil - Az. 21 Ca 4260/12 (Bl. 99-108 der beigezogenen Akten ArbG Ffm - 21 Ca 4260/12) - unter anderem fest, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen gemäß der Änderungskündigung der Beklagten vom 12. Juni 2012 sozial ungerechtfertigt sind. In der Zeit vom 10. bis zum 31. Dezember 2012 fehlte der Kläger bei der Beklagten wegen Krankheit. Mit Schreiben vom 17. Januar 2013 (Bl. 5 d. A.) forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm für den Zeitraum 4. bis 20. Februar 2013 insgesamt 13 Resturlaubstage 2012 zu gewähren. Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 28. Januar 2013 (Bl. 6 d. A.) mit, seinen Urlaubsanspruc...