Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe des tariflichen Urlaubsanspruchs im Jahr des Übergangs von der Aktiv- zur Passivphase der Altersteilzeit
Leitsatz (amtlich)
Nach der neueren Rechtsprechung des BAG sowie vorhergehend des EuGH (BAG v. 15.02.2015 - 9 AZR 53/14 (F) - NZA 2015, 1005) kann der tarifliche Urlaub im Jahr des Übergangs von Vollzeit auf Teilzeit nicht mehr gekürzt werden (Verstoß gegen §§ 4 Abs. 1 TzBfG, 134 BGB), soweit die Kürzung, die Anzahl der während der Vollzeitbeschäftigung erworbenen Urlaubstage mindert.
Dasselbe gilt für eine vertragliche Regelung, die im Altersteilzeitzeitverhältnis nach einem Blockmodell den Urlaubsanspruch im Jahre des Übergangs von der Aktiv- zur Passivphase anteilig kürzt.
§ 15 MTV Bankgewerbe sieht eine Kürzung des Urlaubsanspruchs nur im Jahre des Ein- oder Austritts vor. Im laufenden Arbeitsverhältnis entsteht der volle Urlaubsanspruch daher bereits zu Jahresbeginn.
Für den Urlaubsanspruch ist auf das Kalenderjahr als Urlaubsjahr abzustellen.
Bei einer Kürzung des Urlaubs im Jahr des Übergangs von der Aktiv- zur Passivphase wäre der Arbeitnehmer, der sich für ein Blockmodell entschieden hat, gegenüber Vollzeitbeschäftigten ebenso wie gegenüber in Altersteilzeit Beschäftigten, die ihre Altersteilzeit gleichmäßig durchgehend an fünf Tagen pro Woche leisten, benachteiligt.
Normenkette
BGB § 275 Abs. 1, §§ 280, 283, 286-287; BUrlG § 3; BGB § 275 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 25.09.2013; Aktenzeichen 7 Ca 1910/13) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 25.09.2013 - 7 Ca 1910/13 - abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 828,31 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger im Jahr des Übergangs von der Arbeitszur Freistellungsphase im Altersteilzeitverhältnis der tarifliche Urlaub ungekürzt zusteht.
Der im Jahre xx geborene Kläger ist auf der Grundlage des mit der Rechtsvorgängerin geschlossenen Anstellungsvertrages vom 21.12.1990/01.01.1991 (Bl. 19 - 21 d.A.) seit dem 01.01.1991 bei der Beklagten, einer großen deutschen Bank, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die Bestimmungen der Tarifverträge für das private Bankgewerbe und die öffentlichen Banken (kurz: MTV Bankgewerbe) über den Urlaub Anwendung. Nach dessen § 15 steht dem Kläger ein jährlicher Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen zu. Kürzungsmöglichkeiten des Urlaubs sind nur für das Eintritts- und das Austrittsjahr vorgesehen.
Am 28.07.2009 schlossen die Parteien einen Altersteilzeitvertrag (Bl. 22 - 27 d.A.) für den Zeitraum vom 01.12.2009 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.09.2017. Nach dem vereinbarten Blockmodell sollte die Aktivphase mit vollzeitiger Arbeitsleistung bis zum 31.10.2013 andauern und sich daran die Freistellungsphase bis zum 30.09.2017 anschließen. § 9 des Altersteilzeitvertrages enthält folgende Regelung zum Urlaub während der Altersteilzeit:
"Der Mitarbeiter hat unter entsprechender Anwendung von 15 des MTV Anspruch auf Erholungsurlaub. Bei ungleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit erhält der Mitarbeiter einen gleichwertigen Erholungsurlaub. Wird regelmäßig an weniger als 5 Arbeitstagen pro Woche gearbeitet, errechnet sich die Anzahl der Urlaubstage aus der Formel 30 : 5 x Anzahl der vereinbarten Wochenarbeitstage" (Bl. 25 d.A.).
Seit Beginn der Altersteilzeit erhält der Kläger eine monatliche Vergütung einschließlich Aufstockungsleistungen in Höhe von 2.586,58 Euro brutto.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit E-Mail vom 06.02.2013 mit, dass ihm im Jahr 2013 ein Urlaubsanspruch von 25 Tagen zustehe (Bl. 28 d.A.) Sie wiederholte diese Ansicht in einer weiteren E-Mail vom 20.02.2013 unter Hinweis auf die vorzunehmende Kürzung des Urlaubsanspruchs wegen des unterjährigen Übergangs von der Aktiv- in die Passivphase der Altersteilzeit. Die Beklagte hatte dem Kläger bereits 25 Urlaubstage für das Jahr 2013 bewilligt. Mit seiner am 18.03.2013 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat er die Gewährung von fünf weiteren Urlaubstagen im Kalenderjahr 2013 (30.9. - 04.10. u. 11.10.) beantragt, weil er der Meinung ist, dass er für das Jahr 2013 den vollen Urlaubsanspruch erworben habe und es an einer Rechtsgrundlage für die Kürzung seines Urlaubsanspruchs für das Jahr 2013 fehle.
Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhalts, des streitigen Vorbringens und der Rechtsansichten beider Parteien sowie der in erster Instanz gestellten Anträge wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (Bl. 139 - 141R d.A.).
Das Arbeitsgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 25.09.2013 - 7 Ca 1910/13 die Klage abgewiesen. Für die Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Ent...