Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung. Klageänderung. Sonderliquidationsverfahren nach griechischem Recht. Betriebsratsanhörung. Zurückweisung der Anhörung gemäß § 174 BGB. fehlerhafte Massenentlassungsanzeige führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG kann keine Zurückweisung nach § 174 BGB erfolgen.
2. Wurde durch bestandskräftigen Verwaltungsakt der Arbeitsverwaltung die Wirksamkeit einer Massenentlassungsanzeige bestätigt, ist die Arbeitsgerichtsbarkeit hieran im Kündigungsschutzverfahren gebunden.
Normenkette
KSchG §§ 1, 17-18; BGB §§ 174, 177, 180, 613a; BetrVG § 102; InsO § 113
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.11.2010; Aktenzeichen 2 Ca 404/10) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 10. November 2010, 2 Ca 404/10, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage gegenüber der Beklagten zu 1) abgewiesen wurde. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung, darum, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers infolge Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist, sowie um Weiterbeschäftigung.
Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug und der dort zuletzt gestellten Anträge einschließlich der Prozessgeschichte wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 402 bis 409 d.A.). Dies erfolgt mit der Maßgabe, dass der Kläger nicht Betriebsratsmitglied ist.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage durch am 10. November 2010 verkündetes Urteil, 2 Ca 404/10, abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte zu 1) sei für den Kündigungsschutzantrag die richtige Beklagte, da mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter übergehe, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens durch ein zuständiges Gericht eines Mitgliedsstaats in allen Mitgliedsstaaten anerkannt werde, es sich bei dem Sonderliquidationsverfahren nach Art. 14 A Abs. 1 des A Gesetzes Nr. 3429/2005, hinzugefügt durch Gesetz Nr. 3710/2008, um ein Gesamtverfahren nach Art. 1 Abs. 1 EuInsVO und ein Insolvenzverfahren nach Art. 2 lit. a EuInsVO handele und das B Berufungsgericht für die Eröffnung des Verfahrens zuständig gewesen sei, wobei für die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf den Arbeitsvertrag und das Arbeitsverhältnis deutsches Recht Anwendung finde. Die Kündigung der Beklagten zu 1) sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, da die Beklagte zu 1) sich zur Betriebsstilllegung entschlossen habe und diese im Kündigungszeitpunkt bereits greifbare Formen angenommen habe. Weiterbeschäftigung einiger weniger namentlich nicht genannter Arbeitnehmer über den Kündigungstermin hinaus stehe der Annahme einer Betriebsstilllegungsabsicht nicht ohne weiteres entgegen, wobei der Kläger auch nicht hinreichend dargelegt habe, welche Tätigkeiten diese Arbeitnehmer ausführten. Die Kündigungsfrist bestimme sich nach § 113 InsO und sei gewahrt. Die Kündigung sei auch nicht wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Der Betriebsrat habe die Betriebsratsanhörung nicht mangels Vorlage einer Originalvollmacht zurückweisen können, denn § 174 BGB finde auf die Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG keine, auch keine analoge, Anwendung. Inhaltlich sei die Betriebsratsanhörung nicht zu beanstanden, wobei Angaben zu einer Sozialauswahl nicht erforderlich gewesen seien, da die Beklagte zu 1) eine solche offenbar für entbehrlich gehalten habe. Die Kündigung sei auch nicht wegen fehlerhafter Massenentlassungsanzeige unwirksam, denn der rechtskräftige Verwaltungsakt der C, wonach die Massenentlassungsanzeige wirksam eingegangen sei, binde auch die Arbeitsgerichte. Für den Einwand, die Kündigung sei gemäß § 613a Abs. 4 BGB unwirksam, da wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen, sei die Beklagte zu 1) nicht passiv legitimiert, da der Kläger selbst behaupte, der Betriebsübergang habe bereits am 29. September 2009 stattgefunden, so dass dann im Zeitpunkt des Kündigungszugangs überhaupt kein Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 1) mehr bestanden hätte. Da allerdings ein Betriebsübergang vom Kläger nicht dargelegt sei, sei sein Arbeitsverhältnis auch nicht auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Der Kläger habe keine Tatsachen vorgetragen, die den Übergang eines Bodenbetriebs in Deutschland auf die Beklagte zu 2) begründen. Entgegen der Auffassung des Klägers bestehe kein Betrieb der Arbeitgeberin im Sinne eines „weltweiten Flugbetriebs”. Im Übrigen sei Voraussetzung für ein Obsiegen des Klägers mit dem Feststellungsantrag gegenüber der Beklagten zu 2), dass er einem Betriebsübergang auf d...