Verfahrensgang
ArbG Gießen (Urteil vom 22.04.1997; Aktenzeichen 4 Ca 614/96) |
Tenor
Das Versäumnisurteil vom 17. Februar 1998 wird teilweise aufgehoben.
Das Urteil des Arbeitsgerichts in Gießen vom 22. April 1997 – 4 Ca 614/96 – wird auf die Berufung des Klägers teilweise abgeändert und zur Klarstellung neu gefaßt:
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 29. November 1996 nicht aufgelöst worden ist
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Darüber hinaus wird das Versäumnisurteil aufrechterhalten.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 1/3, die Beklagte zu 2/3 zu tragen mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis des Klägers im Termin vom 17. Februar 1998 entstanden sind, diese fallen dem Kläger zur Last.
Dem Kläger wird eine Verzögerungsgebühr in Höhe einer halben Gebühr auferlegt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und in diesem Rahmen über die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers.
Der am 12. Dezember 1951 geborene Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder; seine Ehefrau ist als Kurierfahrerin tätig. Die Beklagte beschäftigt in ihrem Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. Nachdem der Kläger bereits für das Vorgängerunternehmen der Beklagten seit Dezember 1994 tätig war, erbrachte der Kläger seit dem 01. Mai 1996 Dienste für die Beklagte in der Auslieferung von Sendungen von deren Niederlassung in Buseck aus. Das Rechtsverhältnis der Parteien richtete sich nach dem als „Frachtführervertrag” bezeichneten Vertrag vom 28. Mai 1996 (FV, Bl. 146 – 159 d.A.). Nach § 1 FV ist Gegenstand des Vertrages die Beförderung/Behandlung von Sendungen in der Weise, daß in einem bestimmten Tourenbereich durch den Frachtführer unter Einsatz eigener Fahrzeuge Sendungen dem Empfänger zuzustellen sind bzw. Sendungen an die Niederlassung von T. zu überbringen sind (Abholungen) einschließlich der Be- und Entladung, der Erhebung und Abrechnung von Nachnahmen sowie die Beförderung/Behandlung von Ladehilfsmitteln und Mehrwegverpackungen. Dabei waren sich die Parteien darüber einig, daß die Beklagte eine Änderung des Tourenbereichs gegenüber dem Frachtführer vornehmen kann. Die Kündigungsfrist beträgt nach § 2 Abs. 2 FV einen Monat zum Monatsende. Gemäß § 3 Abs. 1 FV verpflichtete sich der Kläger, ein Fahrzeug oder Fahrzeuge gemäß Anlage 1 FV einzusetzen, wobei die Beklagte sich die Berechtigung vorbehielt, bestimmte Punkte selbst oder durch externe festzustellen. In § 4 Abs. 1 FV ist festgelegt, daß das eingesetzte Fahrzeug oder die eingesetzten Fahrzeuge nach der gültigen Richtlinie der Beklagten zum einheitlichen Erscheinungsbild der Fahrzeuge lackiert zu sein und ausschließlich mit Werbung für die Beklagte versehen zu sein haben. Auch diese Regelung kann von der Beklagten kontrolliert werden. Gemäß § 5 Abs. 1 FV unterhält der Kläger einen selbständigen Gewerbebetrieb und hat die daraus resultierenden Pflichten eigenverantwortlich zu erfüllen. Im Verhältnis zur Beklagten soll er die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes beachten. Nach § 6 Abs. 1 und 2 FV muß der Kläger die ihm zustehenden Beträge der Beklagten in Rechnung stellen wobei die Beklagte die Beträge zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer zahlt, berechtigt ist, den Rechnungsbetrag um die verauslagten und fälligen nicht abgeführten Beträge zu kürzen. Nach § 7 Abs. 1 FV darf sich der Kläger zur Erfüllung seiner Vertragspflichten der Hilfe Dritter bedienen, wobei er allein über die Auswahl der von ihm eingesetzten Arbeitnehmer, deren Arbeitszeit und die Gewährung von Urlaub und Freizeit entscheidet, aber der Beklagten gegenüber für die ordnungsgemäße Durchführung der Sendungen verantwortlich ist.
Gemäß § 7 Abs. 5 und 6 müssen der Kläger und die von ihm eingesetzten Erfüllungsgehilfen die von der Beklagten entwickelte „Imagekleidung” tragen, die der Kläger von der Beklagten gegen Erstattung gemäß einer Preisliste beziehen kann. Der Kläger muß darauf achten, daß die Kleidung nur während der Erfüllung der Vertragspflichten getragen wird. Die Kleidung besteht aus der aus dem Bestellschein Bl. 87 R d.A. ersichtlichen Teilen. Nach § 8 Abs. 1 FV ist der Kläger verpflichtet, die ihm übertragenen Transporte durchzuführen und dabei die Anweisungen der Beklagten genauestens zu beachten. Gemäß § 8 Abs. 7 FV ist er damit einverstanden, daß die Beklagte jeder Zeit und an jedem Ort den Inhalt des für sie eingesetzten Fahrzeugs kontrollieren kann, und verpflichtet, dabei Unterstützung zu leisten. Gemäß § 10 FV ist der Kläger verpflichtet, während der Dauer des Vertrages mit der Beklagten zu dieser in keinen Wettbewerb zu treten und keine Leistungen, die dem Unternehmenszweck der Beklagten entsprechen, selbst anzubieten. Laut § 10 Abs. 2 FV ist der Kläger verpflichtet, während der Vertragsdauer für kein anderes Unternehmen, das der Beklagten vergleichbare Dienste anbietet, Aufträge durchzuführen. Im übrigen ist es ihm unbenommen, Güterbeförderung für Dritte zu übernehmen. Der Kläger erhielt...