Entscheidungsstichwort (Thema)
außerordentliche hilfsweise ordentliche Kündigung. Privattelefonate auf Kosten des Arbeitgebers
Leitsatz (amtlich)
Es gibt Extremfälle, in denen der Missbrauch eines zu dienstlichen Zwecken überlassenen Mobiltelefons für Privatgespräche eine Kündigung auch vor Ausspruch einer einschlägigen Abmahnung sozialrechtfertigen kann.
Normenkette
BGB § 626; KSchG § 1 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 12.05.2004; Aktenzeichen 14 Ca 7947/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgericht Frankfurt am Main vom 12. Mai 2004 – 14 Ca 7974/03 – teilweise abgeändert und die Klage auch insoweit abgewiesen, als sie sich auch gegen die vorsorglich als ordentliche Kündigung ausgesprochene Kündigung vom 04. August 2003 wendet.
Die Kosten des Rechtsstreits für den ersten Rechtszug hat der Kläger zu 72 % und die Beklagte zu 28 % und für die Berufung der Kläger zu 66 % und die Beklage zu 34 % zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise fristgemäßen Kündigung der Beklagten und damit zusammenhängende Ansprüche.
Der am 11.02.1972 geborene, ledige und für keine Kinder unterhaltspflichtige Kläger war seit dem 16.07.2002 bei der Beklagten aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 11.06.2001, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 4–9 d.A.), als Mitarbeiter im Bereich „Corporate Finance” zu einer Jahresvergütung von EUR 55.000,00 brutto beschäftigt. Zur Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit hatte die Beklagte dem Kläger ein Mobiltelefon überlassen. Bezüglich der Berechtigung zur Privatnutzung dieses Gerätes, die in gewissem Umfang erlaubt war, gab es keine ausdrückliche Regelung. In der Zeit vom 15.10.2002 bis 15.03.2003 rechnete der Mobiltelefonvertragspartner der Beklagten ihr gegenüber für die Nutzung des Gerätes durch den Kläger monatlich durchschnittlich EUR 145,00 ab. Darin waren auch die Kosten für die vom Kläger mit dem Mobiltelefon geführten Privatgespräche enthalten. Ende März 2003 stellte die Beklagte den Kläger im Hinblick auf eine beabsichtigte Auflösung des Arbeitsverhältnisses frei. Das Mobiltelefon verblieb beim Kläger, der den Vertrag und insbesondere die Rufnummer übernehmen wollte. In der Zeit vom 15.03. bis zum 14.07.2003 verursachte der Kläger monatlich im Durchschnitt Telefonkosten in Höhe von EUR 382,00. Diese während der Zeit seiner Freistellung entstandenen Telefongebühren waren nur noch zu einem geringen Teil auf dienstliche Nutzung zurückzuführen und ergeben sich im Einzelnen aus Bl. 81–88 d.A.
Mit Schreiben vom 23.07.2003 (Bl. 143 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass bei der Durchsicht der monatlichen Abrechnungen der Telefonkosten für das in ihrem Eigentum befindliche Mobiltelefon, das „ausschließlich zur beruflichen Nutzung zur Verfügung gestellt” worden sei, Unregelmäßigkeiten aufgefallen seien. Weiter lud die Beklagte den Kläger zu einem klärenden Gespräch in die Räume der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten ein und empfahl ihm Kläger die Anwesenheit eines ihn vertretenden Anwalts Vom 25.07 bis 03.08.2003 führte der Kläger sodann weitere 100 Privattelefonate über eine Dauer von 6 ½ Stunden. Mit Schreiben vom 28.07.2003, auf das ebenfalls ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 67 f. d.A.), teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers der Beklagten mit, sie möge ihm die Unterlagen zur Verfügung stellen, „auf die sie den Vorwurf der unrechtmäßigen Nutzung des Mobiltelefons” stütze. Mit Schreiben vom folgenden Tag warf der Beklagtenvertreter dem Kläger vor, ihm sei der „exzessive Umfang der unberechtigten privaten Nutzung des Diensttelefons” bekannt. Hierauf erwiderte der Klägervertreter, seinem Mandanten sei von einer unerlaubten privaten Nutzung des Diensttelefons in „exzessivem Umfang” nichts bekannt. Vom 29.07. bis 03.08.2003 führte der Kläger 60 private Telefonate, vom 31.07. bis 03.08.2003 44. Mit Schreiben vom 04.08.2003 (Bl. 10 d.A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Nach Zugang dieser Kündigung führte der Kläger weitere 34 Privattelefonate mit dem überlassenen Mobiltelefon, bis es die Beklagte am 07.08.2003 sperren ließ. Von der letzten Gehaltsabrechnung des Klägers (Bl. 13 d.A.) behielt die Beklagte den sich ergebenden Nettobetrag von EUR 1.237,86 ein.
Der Kläger hat gemeint, dass ein wichtiger Grund bzw. eine soziale Rechtfertigung der ausgesprochenen Kündigungen nicht gegeben sei. Die Privatnutzung des Mobiltelefons sei weder ihm noch seinen Arbeitskollegen gegenüber je untersagt worden und der Beklagten auch bekannt gewesen. Hätte die Beklagte ihm dies verbieten wollen, hätte sie ihm das Mobiltelefon während der Freistellung nicht belassen dürfen. Jedenfalls, so hat der Kläger weiter gemeint, sei vor Ausspruch einer wirksamen Kündigung eine einschlägige Abmahnung erforderlich gewesen. Angesichts seiner Freistellung könne jedenfalls...