Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines früheren Arbeitnehmers auf Anpassung der Betriebsrente. Maßgebliche wirtschaftliche Verhältnisse bei Abschluss eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages des Versorgungsschuldners mit der Muttergesellschaft
Leitsatz (amtlich)
Für die Betriebsrentenanpassung ist die wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners entscheidend. Dies gilt auch wenn Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag mit der Muttergesellschaft besteht.
Normenkette
BetrAVG § 16 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 28.05.2013; Aktenzeichen 18 Ca 9217/12) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 28. Mai 2013 - 18 Ca 9217/12 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um eine Betriebsrentenanpassung.
Die ... 1942 geborene Klägerin stand vom 01. Dezember 1966 bis zum 31. Januar 2003 in den Diensten der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin. Die Beklagte ist ein Konzernunternehmen der AA AG. Die Klägerin bezieht seit dem 01. Februar 2003 Leistungen aus der Versorgungsregelung der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in Höhe von 616,61 EURO brutto monatlich (Ausgangsrente). Die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin bündeln die in einem Kalenderjahr anfallenden Anpassungsprüfungen jeweils auf den 1. Januar. Die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin hat die Betriebsrente der Klägerin seit Rentenbeginn nicht angepasst. Mit Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 13. November 2007 (vgl. Anlage 3 zur Klageschrift Bl. 21, 22 d. A.) wurde der Klägerin mitgeteilt, dass eine Anpassung zum Stichtag 01. Januar 2007 unter Berücksichtigung der vergangenen Geschäftsergebnisse und der erwarteten künftigen Entwicklung nicht erfolgen werde. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin mit Schreiben vom 12. Februar 2008 (vgl. Anlage 4 zur Klageschrift Bl. 23 d. A.) Widerspruch ein.
Die Klägerin begehrt mit ihrer am 20. Dezember 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Anpassung ihrer Betriebsrente und zwar auch nachholend ab dem 01. Januar 2010, um monatlich 72,94 EURO brutto. Der Anpassungsbetrag entspricht dem Anstieg des Verbraucherpreisindexes in der Zeit vom 01. Februar 2003 bis zum 31. Dezember 2009 von 11,83 %.
Die Beklagte hat mit Wirkung zum 31. Dezember 2007 ihr operatives Geschäft eingestellt. Die Erfüllung und Abwicklung der Versorgungsverbindlichkeiten von rund 600 Rentnern ist gegenwärtig der Geschäftszweck der in der Rechtsform einer GmbH bestehenden Beklagten. Zwischen der Beklagten und ihrer Muttergesellschaft besteht ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Die AA AG ist außerdem die alleinige Gesellschafterin der Beklagten.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte selbst wirtschaftlich nicht in der Lage ist die Betriebsrenten zum 01. Januar 2010 anzupassen. Unstreitig ist zwischen den Parteien auch, dass die AA AG wirtschaftlich in der Lage ist, die Betriebsrenten zum 01. Januar 2010 anzupassen.
Die Klägerin hat gemeint, das Bundesarbeitsgericht habe im Urteil vom 26. Mai 2009 (3 AZR 369/07) entschieden, dass bei Bestehen eines Beherrschungsvertrages ohne weitere Voraussetzung ein sogenannter Berechnungsdurchgriff zu erfolgen hat und es dann auf die wirtschaftliche Lage der herrschenden Gesellschaft ankomme.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, ihre monatlichen Leistungen aus der Versorgungsregelung der Beklagten ab dem 01. Januar 2010 um einen Anpassungsbetrag in Höhe von 72,94 EURO brutto zu erhöhen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.625,03 EURO brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07. Januar 2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat sich auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes seit der Entscheidung vom 04. Oktober 1994 (3 AZR 910/03) berufen, wonach zwei Voraussetzungen für einen Berechnungsdurchgriff gegeben sein müssen, nämlich zunächst die "verdichtete Konzernverbindung" und zum Weiteren das Erfordernis, dass "die Konzernleitungsmacht in einer Weise ausgeübt worden ist, die auf die Belange des abhängigen Tochterunternehmens keine angemessene Rücksicht genommen und so die mangelnde Leistungsfähigkeit des Versorgungsschuldners verursacht hat". Die Beklagte hat gemeint, wenn das Bundesarbeitsgericht diese langjährige Rechtsprechung hätte aufgeben wollen, hätte es hierauf hingewiesen. Außerdem sei aus Sicht des Rechts der Kapitalgesellschaften der Berechnungsdurchgriff system- und wertungswidrig. Hinzukommen müsse deshalb ein vorsätzliches und von der Rechtsordnung mit Blick auf die Belange der Betriebsrentner der abhängigen Gesellschaft missbilligtes Verhalten des herrschenden Unternehmens. Die Beklagte hat weiter gemeint, zumindest müsse sie sich darauf berufen können, dass ihre m...