Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines ehemaligen Arbeitnehmers auf Anpassung der Betriebsrente. Maßgeblichkeit der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage des Versorgungsschuldners. Zurechnung einer günstigeren wirtschaftlichen Lage aufgrund angeblicher unternehmerischer Fehlentscheidungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG verlangt, dass auf die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners und nicht auf eine fiktive Lage abgestellt wird, die bestanden hätte, wenn unternehmerische Entscheidungen anders getroffen worden wären.

2. Die Zurechnung der günstigen wirtschaftlichen Lage eines oder mehrerer anderer Unternehmen darf nicht zur Folge haben, dass der Versorgungsschuldner die Anpassungen letztlich aus seiner Substanz leisten muss.

 

Normenkette

BetrAVG § 16; BGB §§ 826, 242; BetrAVG § 16 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 12.03.2013; Aktenzeichen 13 Ca 5013/11)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.03.2013 - 13 Ca 5013/11 - abgeändert.
  2. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
  3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  4. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Betriebsrente des Klägers zu den Anpassungsstichtagen 01.04.2008 und 01.04.2011 an den seit Rentenbeginn eingetretenen Kaufkraftverlust anzupassen.

Der am geborene Kläger war seit dem 01.01.1968 im G - , zuletzt bei der G GFP V -AG (GFP ), beschäftigt. Geschäftszweck der GFP war die Vermittlung von Finanzdienstleistungsprodukten (Versicherungs- und Kapitalanlageprodukte). Das Arbeitsverhältnis des Klägers war von einem Versorgungsversprechen begleitet, aus dem der Kläger seit Februar 2002 Leistungen der betrieblichen Altersversorgung in Höhe von monatlich 2.182,46 EUR brutto in Anspruch nimmt.

Die damalige Konzernobergesellschaft G - V -B -AG (GK ) war aufgrund eines mit den Gesellschaften des G - abgeschlossenen Vertrags vom 31.12.1976 (1976er-Vereinbarung nebst Nachträgen, Anlagen BB 6, BB 7 und BB 11 ff. zum Schriftsatz der Beklagten vom 06.12.2018, Blatt 1106 ff. und 1133 ff. der Akte) mit Wirkung vom 31.12.1976 in die bestehenden und zukünftigen Pensionsversprechen aller Konzerngesellschaften "eingetreten". Hintergrund dieser Vereinbarung war unter anderem, dass die Pensionsverbindlichkeiten der Konzerngesellschaften bei der GK bilanziert werden sollten. In der 1976er-Vereinbarung ist u. a. Folgendes geregelt:

1. "Die GK tritt mit Wirkung vom 31.12.1976 in die Pensionsversprechen der Konzerngesellschaften mit der Maßgabe ein, dass die GK im Innenverhältnis allein für die Erfüllung der Pensionsversprechungen haftet.

Im Außenverhältnis haften die Konzerngesellschaften für die Pensionsversprechen weiterhin neben der GK .

Die Mitarbeiter und Pensionäre erhalten von der GK eine Mitteilung über ihren Beitritt zur Pensionszusage.

2. [...]

Als Gegenwert für die Übernahme der Pensionsverpflichtungen im Innenverhältnis zahlt jede Konzerngesellschaft an die GK per 31.12.1976 einen Betrag in Höhe der zum 31.12.1976 für ihre Gesellschaft ermittelten Pensionsrückstellung.

Die Konzerngesellschaften werden außerdem die auf sie entfallenden zukünftigen Aufwendungen für die Altersversorgung halbjährlich (zum 30.06. und 31.12.) der GK erstatten. Als Aufwand für die Altersversorgung wird die Nettozuführung zu den Pensionsrückstellungen zuzüglich der laufenden Zahlungen an die Pensionäre angesetzt, vermindert um die Verzinsung von 5,5 % der Pensionsrückstellungen des Vorjahres."

Gemäß der 1976er-Vereinbarung wurde den damaligen Mitarbeitern und Pensionären im Ger mit Schreiben vom 10.01.1977 (Anlage BB 8 zum Schriftsatz der Beklagten vom 06.12.2018, Blatt 1115 der Akte) mitgeteilt, dass die GK den von den Konzern-Gesellschaften erteilten Versorgungsversprechen in der Weise beitrete, dass sie neben den Konzerngesellschaften für die Erfüllung in vollem Umfang hafte. Zudem wurde mitgeteilt, dass neu eintretende Mitarbeiter von der Konzerngesellschaft, mit der ein Arbeitsverhältnis bestehe, ein Pensionsversprechen erhielten, dem die GK beitrete. Auf den weiteren Inhalt der 1976er-Vereinbarung nebst Nachträgen und des Schreibens vom 10.01.1977 wird Bezug genommen.

Aufgrund der wirtschaftlichen Belastung der G -Gruppe durch eine defizitäre Entwicklung des Rückversicherungsbereichs wurde zunächst im Jahr 2002 das Projekt Aufbruch durchgeführt, welches mit Maßnahmen der Umstrukturierung, der Kostensenkung und der Effizienzsteigerung verbunden war. Der Personalbestand im Konzern wurde um fast 1.000 Mitarbeiter reduziert, 1.300 Planstellen gestrichen. Sodann erfolgten im November 2002 im Rahmen des Projekts New G der Umbau des Konzerns und der Beginn der Konzentration auf das industrienahe Erstversicherungsgeschäft. Etwa 370 Planstellen im Industrie- und im Firmen- und Privatgeschäft sowie bei zentralen Dienstleistern entfielen. Im Jahr 2003 zog sich eine deutsche Großbank aus ihrer Beteiligung b...

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