Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltungsbereich der Bautarifverträge
Leitsatz (amtlich)
Der geschäftsführende Alleingesellschafter einer GmbH, die keine baulichen Tätigkeiten ausübt, unterhält einen „Betrieb des Baugewerbes” im Sinne der Bautarifverträge, wenn er alt eigens zu diesem Zwecke von ihm persönlich eingestellten Arbeitnehmern über einen Zeltraum von mehr als 6 Monaten auf eigenem Grund und Boden eine Lagerhalle (wieder-)errichtet, um diese anschließend an die GmbH zu vermieten.
Normenkette
TVG Tarifverträge: Bau § 1; VTV/Bau vom 12. November 1986 § 1 Abs. 2, § 24 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 10.01.1991; Aktenzeichen 5 Ca 4080/89) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 10. Januar 1991 – 5 Ca 4080/89 – wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Beitragsverpflichtungen des Beklagten zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
Der Beklagte ist Alleingesellschafter und Geschäftsführer der G.& Co. Nachfolger U. M. GmbH (künftig: GmbH), die einen Baustoffhandel betreibt. Nachdem im Frühjahr 1988 die von der GmbH genutzte, im Eigentum des Beklagten stehende und an die GmbH vermietete Lagerhalle durch einen Brand zerstört worden war und sich herausgestellt hatte, daß die Versicherungssumme der Feuerversicherung zur Finanzierung eines Neubaus nicht ausreichte, entschloß sich der Beklagte, die Halle selbst zu erstellen. Er meldete am 26.05.1988 beim zuständigen Gewerbeamt unter der Bezeichnung „Bau- und Betonsanierung und Instandsetzung” einen Betrieb an, stellte Arbeitnehmer ein, meldete den Betrieb bei der südwestdeutschen Bauberufsgenossenschaft an, wurde ab 01.06.1988 als Beton- und Stahlbetonbauer bei der Handwerkskammer eingetragen und errichtete mit Hilfe der Arbeitnehmer im Zeitraum von Mai bis Dezember 1988 eine neue Lagerhalle. Diese vermietete er nach Abschluß der Arbeit wiederum an die GmbH, die durchgeführten Arbeiten stellte er der GmbH nicht in Rechnung. Zum 31.10.1989 meldete der Beklagte den Betrieb gewerberechtlich ab.
Mit seiner Klage nimmt der Kläger den Beklagten nach Maßgabe der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes für den Zeitraum Mai bis Dezember 1988 auf Beitragszahlungen für die vom Beklagten im Rahmen der Arbeiten zur Errichtung der Lagerhalle beschäftigten Arbeitnehmer in Anspruch.
Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte habe im Zuge der Wiedererrichtung und anschließenden Vermietung der Lagerhalle baugewerbliche Arbeiten im tariflichen Sinne erbracht.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 8.066,18 DM zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, von einer baugewerblichen Tätigkeit könne keine Rede sein. Zwar habe er mit der Errichtung der Lagerhalle Bauarbeiten durchgeführt, diese Arbeiten hätten jedoch nur der Sanierung eines Gebäudes zur Eigennutzung gedient Letztlich hätten die Arbeiten auch von der GmbH durchgeführt werden können, wegen der Personenidentität zwischen ihm und der GmbH könne man nicht von einer Leistung für Dritte sprechen.
Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat mit Urteil vom 10.01.1991 der Klage stattgegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Bl. 37– 46 d. A. Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung vom 26.08.1991 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.
Er wiederholt und vertieft seine Auffassung, daß von einer gewerbliche Tätigkeit seinerseits bei der Errichtung der Lagerhalle nicht gesprochen werden könne, zumal er durch Vermietung der Lagerhalle keinen Gewinn erzielt habe, weil bei der Gewinnermittlung der Wert der Errichtung der Halle zu berücksichtigen sei. Jedenfalls sei ein eventueller Gewinn nicht durch Bautätigkeit erzielt worden, zumal er insoweit am Marktgeschehen gar nicht teilgenommen habe.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 10.01.1991 – 5 Ca 4080/89 – aufzuheben.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen, verteidigt das erstinstanzliche Urteil und verweist darauf, daß der Beklagte aufgrund der vorgenommenen Anmeldungen und der Beschäftigung von Arbeitnehmern nach außen wie ein Bauunternehmen aufgetreten und erkennbar gemacht habe, daß er Marktleistungen anbiete.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 26.08.1991 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gem. § 8 Abs. 2 ArBGG, 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes ...