Entscheidungsstichwort (Thema)
Herausgabe von Arbeitsmitteln. Herausgabe von Unterlagen. Herausgabe sämtlicher Unterlagen. Bestimmtheit des Herausgabebegehrens
Leitsatz (amtlich)
Ein Arbeitnehmer ist wie ein Beauftragter verpflichtet, dem Arbeitgeber alles, was er zur Ausführung der ihm übertragenen Arbeit erhalten und was er aus dem Arbeitsverhältnis erlangt hat, herausgeben.
Das Herausgabebegehren muss hinreichend bestimmt sein.
Die Herausgabe "sämtlicher Unterlagen" reicht dazu im allgemeinen nicht.
Normenkette
BGB § 667; ZPO § 253 Abs. 3 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 18.07.2013; Aktenzeichen 9 Ca 435/12) |
Tenor
Das Teilurteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom18. Juli 2013 - 9 Ca 435/12 - wird auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger das Schreiben des Klägers vom 04. Januar 2012 an die Eheleute A zum Aktenzeichen 521/10 herauszugeben. Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 1) abgewiesen.
Hinsichtlich des Klageantrags zu 2) wird die Klage ebenfalls abgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu 88 %, die Beklagte zu 12 % zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Herausgabe- und Auskunftsansprüche.
Die Beklagte trat mit Arbeitsvertrag vom 15. Dezember 1995 ab dem 01. Januar 1996 in ein Beschäftigungsverhältnis als Rechtsanwaltsgehilfin mit ihrem Ehemann, Herrn Rechtsanwalt und Notar B.
Zum 31. Dezember 2011 schied dieser aus der Kanzlei aus. Der Kläger wurde zum Alleininhaber der Kanzlei. Er wechselte die Schlösser zu den Räumlichkeiten aus. Mit Schreiben vom 01. Januar 2012 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis zur Beklagten zum 31. Juli 2012.
Am 04. Januar 2012 fertigte die Beklagte auf Diktat des Klägers ein Schreiben an die Eheleute A (Blatt 6 f. d. A.). In einem aus abgetretenem Recht gegen den Kläger geführten Rechtsstreit der Beklagten (Landgericht Hanau, Aktenzeichen 4 O 638/12) legten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten, die Rechtsanwälte C, mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2012 dieses Schreiben des Klägers an die Eheleute A zur Unterstützung ihres Rechts- und Tatsachenvortrags in Kopie vor (Blatt 15 f. d. A.).
Mit vorliegender Klage verlangt der Kläger unter anderem die Herausgabe sämtlicher im Besitz der Beklagten befindlicher Schreiben des Klägers vom 04. Januar 2012 an die Eheleute A und Auskunft über weitere Unterlagen, an denen sie im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Kenntnis und Besitz erlangt hat.
Der Kläger hat der Beklagten vorgeworfen, gegen ihre Pflicht zur Verschwiegenheit verstoßen zu haben. Das Fertigen von Kopien zu eigenen Zwecken und die Mitnahme solcher Schreiben seien arbeitsvertrags- und rechtswidrig.
Der Kläger hat unter anderem beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, sämtliche in ihrem Besitz befindlichen Schreiben des Kläger vom 04. Januar 2012 an die Eheleute A zum Aktenzeichen 521/10 an den Kläger herauszugeben,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen über weitere in ihrem Besitz befindliche Schriftstücke, Schreiben oder sonstigen Unterlagen, von denen sie im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit vom 01. Januar 1996 bis 31. Juli 2012 Kenntnis erhalten und Besitz erlangt hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den Antrag zu 1) für unzulässig gehalten, da sich der Kläger ja im Besitz des Schreibens befinde. Unklar sei, welche weiteren Schreiben der Kläger meine. Das Schreiben vom 04. Januar 2012 habe sie den Rechtsanwälten C nicht ausgehändigt. Gegebenenfalls könne der Kläger dieses bei den Rechtsanwälten C abholen.
Der Antrag zu 2) sei, so hat die Beklagte gemeint, ebenfalls unzulässig, da zu unbestimmt. Nach 21jähriger Tätigkeit für die Kanzlei, für die sie auch zu Hause gearbeitet habe, könne sie unmöglich wissen, was sich in ihrem Besitz befinde.
Der Kläger sei auch nicht aktivlegitimiert. Er sei nicht Inhaber aller Kanzleiunterlagen. Sie, die Beklagte, habe - unstreitig - weitestgehend für ihren Ehemann gearbeitet. In dessen geistigem Eigentum stünden die streitbefangenen Schriftstücke. Dieser habe einer Auskunftserteilung durch sie nicht zugestimmt.
Mit Teilurteil vom 18. Juli 2013 hat das Arbeitsgericht der Klage im Umfang des Teilurteils stattgegeben, im Wesentlichen mit der Begründung, der Herausgabeanspruch aus dem Klageantrag zu 1) ergebe sich aus der arbeitsvertraglichen Nebenpflicht, alles, was man aus dem Arbeitsverhältnis erlangt habe, herauszugeben. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte mehrere Exemplare des fraglichen Schreibens besitze. Für den Antrag zu 2) sei der Kläger als inzwischen alleiniger Inhaber der Kanzlei aktivlegitimiert. Der Auskunftsanspruch ergäbe sich ebenfalls als Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag. Die Beklagte habe eingeräumt, dass sie möglicherweise noch Geschäftsunterlagen des Klägers besitze. Wegen der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen (Blatt 105 bis 107 R d. A.).
Ge...