Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwischenzeugnis
Leitsatz (amtlich)
Der gesetzlich nicht positiv geregelte, aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitete Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses ist anlassbezogen und gegenüber dem gesetzlichen Zeugnisanspruch subsidiär. Mit dem Ablauf der Kündigungsfrist einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung kann der Arbeitnehmer die Erteilung eines Zwischenzeugnisses lediglich im Kündigungsschutzverfahren für den Fall der Stattgabe der Kündigungsschutzklage, nicht, aber in einem selbständigen Verfahren einklagen.
Normenkette
BGB §§ 630, 242, 280, 318
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 29.10.2002; Aktenzeichen 5 Ga 206/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 29. Oktober 2002 – 5 Ga 206/02 – zum Teil abgeändert:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird insgesamt zurückgewiesen.
Der Verfügungskläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren über einen Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses.
Der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) war seit Juni 2001 als General Manager für die Schuldnerin tätig. Die Schuldnerin stellte im April 2002 ihre Arbeitnehmer einschließlich des Klägers unter Fortzahlung ihrer Bezüge von der Arbeitsleistung frei und beantragte die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Der Verfügungsbeklagte (nachfolgend: Beklagter) wurde zunächst zum vorläufigen Insolvenzverwalter und mit Beschluss vom 05. August 2001 zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 06. August 2002 kündigte er das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 30. November 2002. Gegen die Kündigung erhob der Kläger eine unter dem Aktenzeichen – 5 Ca 8853/02 – beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main anhängige Kündigungsschutzklage, in der am 17. Juni 2003 Kammertermin anberaumt ist. Der Kläger, der bereits im Juli 2002 von dem seinerzeitigen Geschäftsführer der Schuldnerin ein Zwischenzeugnis verlangt hatte, forderte vom Beklagten mit Schreiben vom 03., 09. und 18. August sowie vom 23. September und 05. Oktober 2002 die Erteilung eines derartigen Zeugnisses. Nachdem der Beklagte nicht reagierte, reichte der Kläger am 17. Oktober 2002 den vorliegenden, auf die Erteilung eines Zwischenzeugnisses durch den Beklagten gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ein.
Der Kläger hat behauptet, er benötige das Zwischenzeugnis dringend, um sich anderweitig bewerben zu können. Durch die Untätigkeit des Beklagten werde er stark in seinem beruflichen Fortkommen behindert.
Der Kläger hat mit seinem erstinstanzlichen Hauptantrag beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihm ein im Einzelnen vorformuliertes Zwischenzeugnis mit dem auf den Seiten 2–4 des angefochtenen Urteils (Bl. 22–24 d.A.) ersichtlichen Wortlaut auszustellen, und hilfsweise beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger ein wohlwollend formuliertes qualifiziertes Zwischenzeugnis auszustellen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, er sei nicht passivlegitimiert, da er den Kläger niemals persönlich kennenlernte und deshalb dessen Arbeitsleistungen nicht beurteilen könne.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 21–24 d.A.) verwiesen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 29. Oktober 2002 – 5 Ga 206/02 – den Hauptantrag zurückgewiesen und dem Hilfsantrag stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte sei aufgrund seiner Kündigung zur Erteilung eines Zwischenzeugnisses, wenn auch nicht mit dem vom Kläger vorgegebenen Wortlaut, verpflichtet. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei der Insolvenzverwalter Schuldner des Zeugnisanspruchs. Die für die Beurteilung des Arbeitnehmers erforderliche Angaben müsse er sich aus den Personalakten und durch das Befragen von Vorgesetzten des Arbeitnehmers beschaffen. Auch sei der Verfügungsgrund der Eilbedürftigkeit gegeben, weil der Kläger dringend auf das Zeugnis angewiesen sei und eine Verweisung des Klägers auf ein Hauptsacheverfahren angesichts der Terminsspannen von mehreren Monaten das berufliche Fortkommen des Klägers in nicht akzeptabler Weise behindere.
Gegen das ihm am 13. November 2002 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 19. November 2002 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.
Der Beklagte meint, der Antrag des Klägers sei nicht zulässig, da der Kläger das Zeugnis von der Schuldnerin erhalten könne und daher ein Rechtsschutzinteresse für ein Vorgehen gegen ihn fehle. Wegen der seit dem Beginn der Freistellung des Klägers vergangenen Zeit fehle ein Verfügungsgrund. Überdies führe die Stattgabe des Antrags zu einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache. In Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts hält der Beklagte an seiner Ansic...