Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg. Sogenannte sic-non-Fall Abweisung der Klage als unzulässig
Leitsatz (amtlich)
Kommt das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis, daß ein im Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitsachen klagender Arbeitnehmer kein solcher ist, hat aber die beklagte Partei den Mangel der Zulässigkeit des Rechtswegs nicht gerügt, hat das Arbeitsgericht in einem sogenannten sic-non-Fall die Zulässigkeit des Rechtswegs entweder vorab in einem Beschluß oder in den Gründen des Urteils festzustellen und die Klage als unbegründet abzuweisen; Eine Abweisung als unzulässig wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs ist seit dem 01. Januar 1991 ausgeschlossen.
Normenkette
ArbGG § 48 Abs. 1, § 2 Abs. 2 Nr. 3 lit. b; GVG § 17a
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 30.07.1997; Aktenzeichen 7 Ca 8311/96) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom 30. Juli 1997 – 7 Ca 8311/96 – aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens, an das Arbeitsgericht Frankfurt zurückverwiesen.
Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens werden wegen unrichtiger Sachbehandlung durch das Arbeitsgericht nicht erhoben.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die wirksame Beendigung ihres Rechtsverhältnisses.
Die am 08. Juli 1961 geborene Klägerin ist Garten- und Landschaftsplanerin, ledig und inzwischen Mutter eines Kindes. Seit dem 16. März 1992 ist oder war sie in dem von dem Beklagten unterhaltenen Planungsbüro im Bereich Landschaftsplanung tätig, zuletzt aufgrund des „Vertrages über freie Mitarbeit” vom 14. Oktober 1994 (Bl. 6 d.A.). Am 13. Juni 1996 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, daß sie schwanger sei. Der Beklagte kündigte das Rechtsverhältnis mit der Klägerin mit Schreiben vom 30. September 1996 (Bl. 5 d.A.) ordentlich zum 15. November 1996.
Die Klägerin ist unter vortrag weiterer Tatsachen der Ansicht gewesen, sie sei Arbeitnehmerin des Beklagten gewesen und die Kündigung sei wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 MuSchG unwirksam.
Sie hat beantragt,
festzustellen, daß die Kündigung des Beklagten vom 30. September 1996 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis über den 15. November 1996 hinaus zu im übrigen unveränderten Bedingungen fortbesteht.
Der Beklagte hat um die Abweisung der Klage gebeten, die Tatsachenbehauptungen der Klägerin bestritten und ihrer Rechtsansicht widersprochen.
Das Arbeitsgericht in Frankfurt am Main hat mit einem am 30. Juli 1997 verkündeten, der Klägerin am 17. November 1997 zugestellten urteil – 7 Ca 8311/96 (Bl. 50 – 58 d.A.) – die Klage als unzulässig abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 15. November 1997 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16. Februar 1998 an diesem Tag begründet.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches vorbringen und beantragt unter Klarstellung, daß der zweite Antragsteil keine selbständige Bedeutung haben soll,
das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 30. Juli 1997-7 Ca 8311/96 – abzuändern und festzustellen, daß die Kündigung des Beklagten vom 30. September 1996 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis über den 15. November 1996 hinaus, zu im übrigen unveränderten Bedingungen, fortbesteht.
Der Beklagte bittet, die Berufung zurückzuweisen.
Zu dem Inhalt des angefochtenen Urteils und der genannten Schriftstücke im einzelnen wird auf die angegebenen Blätter der Akte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung der Klägerin gegen das urteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom 30. Juli 1997-7 ca 8311/96 – ist nach dem wert des Beschwerdegegenstandes statthaft, §§ 64 Abs. 2, 8 Abs. 2 ArbGG, und auch im übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 516, 518, 519 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG.
II.
Sie hat auch in der Sache insoweit Erfolg, als das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen ist. Das Berufungsgericht sieht sich durch die verfahrensfehlerhafte Entscheidung erster Instanz an einer Sachentscheidung gehindert. Das Arbeitsgericht durfte die Klage, wenn es die Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin verneint, nicht als unzulässig abweisen; auf die Frage, ob die Klägerin gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG arbeitnehmerähnliche Person war, kommt es nicht an.
1.
Das Arbeitsgericht hat die Klage – nach der Begründung als unzulässig – abgewiesen, weil die Klägerin in ihrem Rechtsverhältnis mit dem Beklagten weder Arbeitnehmerin noch arbeitnehmerähnliche Person gewesen sei, § 5 Abs. 1 ArbGG. Es hat damit eine rechtlich unmögliche Rechtsfolge ausgesprochen. Seit der Änderung oder Einfügung der §§ 17 – 17 b GVG durch Art. 2 Gesetz zur Neuregelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vom 17. Dezember 1990 (Viertes Gesetz zur Änderung der verwaltungsgerichtsordnung – 4. VwGOÄndG –, BGBl. 1 S. 2809, inkraftgetreten zum 01. Januar 1991), die über den du...