Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff „Berufseinsteiger“ nicht diskriminierend
Leitsatz (amtlich)
Der in einer Stellenanzeige solitär verwandte Begriff "Berufseinsteiger" ist dem Begriff "Berufsanfänger" in einer Stellenanzeige nicht gleichzusetzen.
Anders als die in einer Stellenanzeige enthaltene Formulierung "Berufseinsteiger sowie bis zu 5 Jahre Berufserfahrung" (vgl. BAG Urteil vom 11. August 2016 - 8 AZR 809/14 - ) kann die solitäre Verwendung des Begriffs "Berufseinsteiger" Personen wegen des in § 1 AGG genannten Grundes „Alter“ gegenüber anderen Personen nicht in besonderer Weise benachteiligen iSv. § 3 Abs. 2 AGG.
Normenkette
AGG §§ 1, 3, 22, 15 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 28.11.2018; Aktenzeichen 3 Ca 234/18) |
Tenor
Die Berufung der Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 28. November 2018 – 3 Ca 234/18 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der am X. XX 1961 geborene Kläger begehrt von der Beklagten eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens.
Die Beklagte ist ein Unternehmen der IT- und Engineeringdienstleistung für Personal und Projekte mit Sitz in A.
Der in B wohnhafte Kläger ist Volljurist und seit 1996 als Rechtsanwalt tätig.
Die Beklagte schrieb im Internet eine Stelle wie folgt aus:
„Berufseinsteiger (m/w) im Recruiting in C
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Der Kläger bewarb sich auf die Stelle per E-Mail vom 10. April 2018 (Bl. 5, 6 d.A.) unter Beifügung von Bewerbungsunterlagen (Bl.10 bis 37 d.A.). Per E-Mail vom 13. April 2018 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er nicht zu den Bewerbern gehöre, die in die engere Wahl genommen worden seien (Bl. 38 d.A.). Mit seiner E-Mail vom 16. April 2018 (Bl. 39 d.A.) erfragte der Kläger die Gründe für die erfolgte Absage. Diese Anfrage beantwortete die Beklagte per E-Mail zwei Tage später (Bl. 40 d.A.).
Mit Schreiben vom 24. April 2018 forderte der Kläger von der Beklagten die Zahlung eines Entschädigungsbetrages in Höhe von € 5.800,00. Die Beklagte hat darauf nicht reagiert.
Mit Schriftsatz vom 24. Mai 2018, der am 29. Mai 2018 bei dem Arbeitsgericht Wiesbaden eingegangen ist und der Beklagten am 15. Juni 2018 zugestellt worden ist, hat der Kläger Zahlungsklage erhoben.
Er hat die Auffassung vertreten, da die Beklagte einen Bewerber als Berufseinsteiger und somit als Berufsanfänger gesucht habe, habe sie gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, nur junge Bewerber berücksichtigen zu wollen. Daraus ergebe sich für ihn eine Diskriminierung wegen seines Alters.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte wird verurteilt, an ihn einen in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Entschädigungsbetrag nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 12. Mai 2018 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Formulierung „Berufseinsteiger“ stelle eine Öffnung des Bewerberverfahrens auch für jüngere Bewerber dar und sei keine Benachteiligung älterer Bewerber.
Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhaltes sowie wegen des weiteren Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 28. November 2018 gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen (Bl. 94, 95 d. A.).
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit vorgenanntem Urteil abgewiesen. Es hat angenommen, zwar sei der persönliche Geltungsbereich des AGG ...