Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsersatzansprüche. Schadensersatz für untergegangenen Urlaubsanspruch
Leitsatz (amtlich)
Gewährt der Arbeitgeber nach einer Kündigung mit der Schlußabrechnung Urlaubsabgeltung und erweist sich diese Kündigung im Kündigungsschutzprozeß als unwirksam, so kann er im Ergebnis die Urlaubsabgeltungszahlung nicht zurückverlangen, da ihr entsprechende Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers gegenüberstehen.
Normenkette
BGB § 287 S. 2, § 280 Abs. 1, § 249 S. 1, § 251 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Gießen (Urteil vom 02.12.1997; Aktenzeichen 5 Ca 235/97) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 2.12.1997 – Az. 5 Ca 235/97 – teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 4.188,24 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 18.7.1997 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Für die Beklagte wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt Zahlungen im Zusammenhang mit Urlaubsansprüchen.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger, dem seit dem 21.08.1995 Urlaub gewährt worden war, am 24.08. zum 30.09.1995. Vom 12.09. bis 20.10.1995 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Da die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem 30.09.1995 als beendet ansah, zahlte sie aufgrund der entsprechenden September-Abrechnung für 1995 an den Kläger eine Urlaubsabgeltung in Höhe von DM 4.188,24 brutto aus. Der über die Wirksamkeit der genannten Kündigung geführte Rechtsstreit endete mit einem am 24.09.1996 verkündeten Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts, demzufolge das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien fortbestand. Der über eine weitere Kündigung der Beklagten vom 30.01. zum 28.02.1997 geführte Kündigungsschutzrechtsstreit endete mit einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum genannten Kündigungstermin. Im Rahmen der daraufhin erteilten Abrechnung der Ansprüche des Klägers aus Annahmeverzug zog die Beklagte die im September 1995 ausgezahlte Urlaubsabgeltung in Höhe von DM 4.188.24 brutto ab.
Der Kläger hat gemeint, daß die Beklagte hierzu nicht berechtigt sei und seine Forderung mit Schreiben des Prozeßbevollmächtigten vom 10.04.1997 (Bl. 5 f. d.A.) geltend gemacht. Er hat unter Einbeziehung weiterer Forderungen beantragt.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 12.723,25 brutto nebst 4% Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 18.07.1997 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat gemeint, daß der Kläger in der Zeit seit Zustellung des Urteils des Hessischen Landesarbeitsgerichts seinen Urlaub hätte nehmen können, so daß sie berechtigt gewesen sei, die Urlaubsabgeltungszahlung zu verrechnen.
Mit am 02.12.1997 verkündetem Urteil hat das Arbeitsgericht Gießen – 5 Ca 235/97 – die Klage Hinsichtlich der Forderung des Klägers auf die fragliche Zahlung von DM 4.188,24 brutto abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung habe für das Jahr 1995 nicht bestanden und der Kläger habe seine Urlaubsansprüche für das Kalenderjahr 1995 auch nicht spätestens bis zum 31.03. des Folgejahres Geltend gemacht, so daß seine Ansprüche gem. § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG untergegangen seien. Wegen der vollstandigen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe Bl. 45 – 48 d.A.) Bezug genommen.
Gegen das ihm am 15.01.1998 zugesteilte Urteil hat der Kläger am 3.02.1998 Berufung eingelegt und dieses Rechtsmittel am 11.03.1998 begründet. Er meint, nicht verpflichtet gewesen zu sein, den mit der September-Abrechnung für 1995 abgegoltenen Urlaub auch noch zusätzlich geltend machen zu müssen. Da die Beklagte ihn trotz Zustellung des Urteils des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24.09.1996 nicht weiterbeschäftigt habe, habe sie auch eine Urlaubsgewährung endgültig und ernsthaft verweigert, so daß eine ausdrückliche Mahnung des Klägers entbehrlich gewesen sei.
Er beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Gießen vom 02.12.1997 (Az.: 5 Ca 235/97) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere DM 4.188.24 brutto nebst 4% Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 18.07.1997 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, der Kläger sei aufgrund seiner Auffassung, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten zum 30.09.1995 nicht aufgelöst worden sei, gehalten gewesen, seinen Urlaubsanspruch ausdrücklich geltend zu machen.
Wegen des vollständigen Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird ergänzend auf die Berufungsbegründung (Bl. 70 – 75 d.A.) sowie auf die Berufungsbeantwortung (Bl. 81 f. d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 02.12.1997 – 5 Ca 235/97 – ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von DM 4.188,24 brutto als Schadenersatz für untergegangene Urlaubsansprüche (§§ 284 Abs. 1, 287 Satz 2, 280 Abs. 1, 249 Satz 1, 251 Abs. 1 BGB).
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