Leitsatz (amtlich)
1) Zur Beurteilung der wirtschaftlichen Anpassungskraft einer Konzerngesellschaft
2) Befristete Anpassung trotz anhaltender Verlustlage im einem Einzelfall
Normenkette
BetrAVG § 16
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.01.1985; Aktenzeichen 7 Ca 260/84) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt a.M. vom 16.1.1985 – 7 Ca 260/84 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Unter Zurückweisung der Berufung insoweit wird die Beklagt verurteilt, an den Kläger DM 8.436,59 und ab 1.10.1986 monatlich DM 255,65 zu zahlen.
Im übrigen wird unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 1/4, die Beklagte zu 3/4.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob und in welcher Höhe die Beklagte ab 1.1.1984 die Ruhegeldbezüge für den Kläger gem. § 16 BetrAVG der Teuerung folgend anzuheben hat.
Der Kläger schied nach über 30 Dienstjahren mit dem 31.3.1975 aus den Diensten der Beklagten altershalber aus. Zuletzt war er Betriebsratsvorsitzender und bezog DM 4.000,– brutto monatlich, davor war er Versandleiter der Beklagten.
Seit 1.4.1975 bezog der Kläger neben der gesetzlichen Sozialversicherung von der Beklagten ein betriebliches Altersruhegeld von DM 1,887,– brutto monatlich, das die Beklagte in der Zwischenzeit nur einmal zum 1.1.1980 auf DM 2.037,– brutto monatlich angehoben hat.
Die Beklagte entwickelt, produziert und verkauft chemische Produkte, hauptsächlich Klebe-, Dichtungs- und Schutzstoffe, die sie zu etwa 30 bis 35 % exportiert (davon 2/3 für das Schuhgeschäft und 1/3 Heißkleber für … Dichtstoffe am Bau), während ihre Inlandumsätze von um 70 % zu etwa 2/3 mit der Bauindustrie und im übrigen gleichmäßig mit der Autoindustrie und den Konsummärkten – und neuerdings in geringerem Umfang, aber mit steigender Tendenz – mit der Elektroindustrie erzielt … werden.
1980 hatte die Beklagte letztmals ein positives Jahresergebnis in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung. Nach ihren aktienrechtlich geprüften Bilanzen hat die Beklagte für die Jahre 1980 bis 1985 jährlich steigende Minusergebnisse ausgewiesen, die sich nach ihren Prognosen für 1986 und 1987 abschwächen aber absehbar gewiß noch in den roten Zahlen bewegen werden. Die bisherigen summierten Jahresverluste übersteigen inzwischen das bilanzierte Eigenkapital, wozu wegen der weiteren Einzelheiten auf die von der Beklagten vorgelegten und als vertraulich bezeichneten Prüfberichte zu den jeweiligen Jahresabschlüssen verwiesen wird.
Gesellschafter der Beklagten ist zu 95 % die Firma E., F., die seit 1980 die Jahresverluste der Beklagten aufgrund eines steuerrechtlichen und bis heute ungekündigten Ergebnisabführungsvertrages übernommen hat und zu 5 % die Firma U. Beide Gesellschaften gehören zum Konzern der „E. …”, unter dessen Konzerndach eine größere Anzahl selbständiger Gesellschaften in verschiedenen Ländern überwiegend als reine Verkaufsgesellschaften, zum Teil aber auch als produzierende Gesellschaften operieren (vgl. Prüfbericht zum Jahresabschluß 1982 auf S. 25 zu Rz. 64).
Ende 1970 wurde durch drei konzernzugehörige Firmen als Gesellschafter ein Forschungszentrum für den Konzern in Form einer bürgerlichen Gesellschaft gegründet, woran die Beklagte mit einer Einlage von DM 600.000,– beteiligt war. Das Forschungszentrum wurde auf einem Nachbargrundstück der Beklagten errichtet, die anfallenden Forschungskosten wurden nach verschiedenen Schlüsseln auf die drei Gesellschafter verteilt, während insgesamt elf produzierende Konzerngesellschaften Zugang zu den Forschungsergebnissen hatten. D. beträchtlichen Aufwendungen der Beklagten für diese Forschungseinrichtung (vgl. im einzelnen Prüfbericht = PB 1980, RZ 47, PB 81, RZ 49, PB 82, RZ 50; PB 83, RZ 49; PB 84: Anlage E. III Ziff. 12), die etwa 2 % der jährlichen Umsätze nicht wesentlich überstiegen, wurden jährlich zu 5 % des Aufwandes als Patenterträge aktiviert und in 5 1/2 Jahren abgeschrieben (= PB 1984, RZ 6). Die jährlichen Gewinnanteile aus dieser Beteiligung jedoch wurden nicht an die Beklagte abgeführt, sondern blieben in der Forschungs-Gesellschaft stehen und haben den Wert dieser Beteiligung der Beklagten still … erhöht (vgl. Pb 1982, S. 19 Ziff. 50; Pb 1983, S. 19 Ziff. 49 und PB 1984, Anlage E. III Ziff. 13 und PB 1985 Anlage E. III Ziff. 13).
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, seine laufende Betriebsrente ab 1.1.1984 um 16,6 % (das ist der statistische Anstieg der Teuerung für Arbeitnehmerhaushalte in den Jahren 1977 bis 1983) = DM 334,– monatlich anzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch hiermit in Bezug genommenes Urteil vom 16.1.1985 (= Bl. 49–53 d.A.) entsprochen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte fristgerecht Berufung eingelegt und begründet.
Die Beklagte trägt im wesentlichen vor, der Kläger habe schon keinen nennenswerten Anpassungsbedarf. Gemessen an dem Einkommen seines a...