Entscheidungsstichwort (Thema)
Wegfall der Bereicherung
Leitsatz (amtlich)
Bei Arbeitnehmern der unteren und mittleren Einkommensgruppe bedarf es bei geringfügiger Lohnüberzahlung keiner näheren Darlegung des Wegfalls der Bereicherung. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber durch von ihm gesetzte Richtlinien zu erkennen gegeben hat, er unterstelle bei diesen Umständen den Wegfall. Die geringfügige Überschreitung der in den Richtlinien enthaltenen Grenzen rechtfertigt nicht ohne weiteres eine andere Beurteilung.
Normenkette
BGB § 818
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Urteil vom 09.12.1987; Aktenzeichen 1 Ca 276/87) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach vom 9. Dezember 1987 – 1 Ca 276/87 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Beklagten auf Rückforderung überzahlten Arbeitsentgelts.
Der Kläger ist seit dem 1. Oktober 1977 bei der Beklagten angestellt und wird beim D.-W.-Zentralamt in O. beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für Arbeiter des Bundes vom 27. Februar 1964 – MTB II – sowie der diesen ändernden und ergänzenden Tarifverträge kraft einzelvertraglicher Vereinbarung Anwendung.
Der Kläger war in der Vergangenheit eingesetzt als Kraftfahrer. Als solcher erhielt er im Hinblick auf anfallende Überstunden einen Pauschallohn gemäß den Bestimmungen des Tarifvertrages für die Kraftfahrer des Bundes vom 5. April 1965 (Kraftfahrer-TV), und zwar zuletzt aus der Pauschalgruppe I. Ab September 1984 wurde der Kläger in die Abteilung Klimatologie versetzt, wo er zunächst keinen Fahrdienst wahrnahm. Über die Gründe für die Umsetzung streiten die Parteien. Der Kläger erhielt aber auch in der Folgezeit weiterhin Pauschallohn nach der Pauschalgruppe I. Die Beklagte hatte die Zahlung der sog. Kraftfahrerpauschale zwar ab September 1984 zunächst eingestellt, sie aber nach Intervention des Klägers dann ohne Unterbrechung weitergezahlt. Ab Oktober 1985 wurde der Kläger in der Abteilung Klimatologie wieder als Kraftfahrer eingesetzt. Unter dem 24. Oktober 1985 stellte die Abteilung folgende Bescheinigung aus (Bl. 81 d.A.):
„Bezugnehmend auf o.a. Gespräch wird bescheinigt, daß der L. im Rahmen seines Einsatzes als Kraftfahrer des Meßwagens des radiochemischen Labors im ersten Kalenderjahr über sein Wochenleistungsmaß von 40 Stunden hinaus, in mehr als 1 Woche pro Monat tätig ist.
Die dabei anfallenden Überstunden können im Rahmen seines sonstigen Einsatzes bei Abteilung Klimatologie nicht abgegolten werden.”
Eine ursprünglich für die Zeit vom 1. Juli bis 20. September 1985 geltend gemachte Rückforderung der Kraftfahrer-Pauschale wurde nachträglich fallengelassen (Bl. 84, 85 d.A., s. im einzelnen nach Bl. 132 der Personalakte).
Im April 1986 wurde der vom Kläger gefahrene Meßwagen bei einem Unfall erheblich beschädigt. Der Kläger wurde in der Folgezeit nicht mehr als Kraftfahrer eingesetzt, und zwar auch nach Wiederherstellung des Fahrzeuges im August 1986, bedingt u.a. durch Erkrankung, Kur und Urlaub. Dennoch erhielt er weiterhin die Kraftfahrerpauschale. Unter dem 21. Juli 1986 bescheinigte das Zentralamt dem Kläger in einer Berechnung der Kraftfahrerpauschale einen monatlichen Durchschnitt von 184,04 Stunden für das erste Halbjahr 1986. In der Berechnung heißt es weiter (Hülle Bl. 38 d.A.):
„Aufgrund der ermittelnten durchschnittlichen Stundenzahl ist demnach ab 1. Juli 1986 an den o.g. Kraftfahrer der Pauschallohn der Pauschalgruppe I in Lohngruppe IV zu zahlen.”
Mit Schreiben vom 14. November 1986 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß die Voraussetzungen für die Zahlung des Pauschallohnes nicht mehr gegeben seien. Der Kläger sei daher monatlich mit DM 276,76 brutto überbezahlt. Sie kündigte, die Einstellung der Zahlung an und zugleich die Rückforderung des überzahlten Lohnes für die Zeit von Juli bis November 1986. In der Abrechnung für den Monat Dezember zog sie dementsprechend 1.773,78 DM von Monatslohn des Klägers ab. Nach Intervention des Klägers beim Präsidenten des Deutschen N. wurden von den einbehaltenen Betrag 1.700,– DM zunächst wieder ausgezahlt. Entsprechend einer Ankündigung vom 12. Juni 1987, ab Juli 1987 150,– DM monatlich einzubehalten, wurde in den Monaten Juli und August 1987 entsprechend verfahren. Von einer Einbehaltumg weiterer Beträge hat die Beklagte im Hinblick auf das laufende Verfahren zunächst abgesehen. Die Beklagte macht insgesamt für die Zeit vom 1. Juli bis 30. November 1986 1.202,48 DM geltend als den der Nettoüberzahlung entsprechenden Betrag. Der Bruttolohn des Klägers im streitigen Zeitraum lag bei ca. 2.700,– DM.
Mit seiner am 16. Juli 1987 erhobenen Klage hat der Kläger die Rückzahlung der bereits einbehaltenen 300,– DM und die Feststellung begehrt, daß die Beklagte zu weiteren Einbehalten nicht befugt ist. Er hat vorgetragen, ihm sei 1984 die Weiterzahlung der Kraf...