Entscheidungsstichwort (Thema)
Personenbedingte (Druck-)Änderungskündigung. Einzelfall einer unwirksamen personenbedingten (Druck-)Änderungskündigung gegenüber einer Kindertagesstättenleiterin
Leitsatz (redaktionell)
Begründet der Arbeitgeber die Kündigung mit Fehlverhalten im Führungsstil als personenbedingte Druckkündigung, muss er darlegen und nachweisen, dass es sich um nicht steuerbares Verhalten gehandelt hat, da andernfalls vor Ausspruch der Kündigung abzumahnen gewesen wäre.
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 03.12.2009; Aktenzeichen 9 Ca 1162/09) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 03. Dezember 2009 – 9 Ca 1162/09 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Änderungskündigung.
Die beklagte Gemeinde unterhält drei Kindertagesstätten. Dort beschäftigt sie Erzieherinnen, je Einrichtung eine Leiterin und seit April 2008 eine Gesamtleitung aller Kindertagesstätten. Die Gesamtleitung koordiniert die Arbeit der Kindertagesstätten und ist Ansprechpartnerin für die Teams. Sie überwacht die Einhaltung und arbeitet an der Weiterentwicklung der Leitlinien für die Arbeit in den Kindertagesstätten, wegen deren Inhalt auf Bl. 115 – 127 d.A. Bezug genommen wird. Sie ist Dienstvorgesetzte der Leiterinnen der Kindertagesstätten. Diese führen die Kindertagesstätten nach Maßgabe der von ihnen im Rahmen der Leitlinien entwickelten pädagogischen Hauskonzeption. Wegen des Inhalts der von der Klägerin entwickelten Hauskonzeption wird auf Bl. 284 – 293 d. A. verwiesen. Den Kindertagesstättenleiterinnen sind die Erzieherinnen fachlich unterstellt.
Die Klägerin, die am A geboren und verheiratet ist, ist seit dem 1. September 1987 bei der Beklagten beschäftigt. Nachdem die Klägerin zunächst aufgrund befristeter Arbeitsverträge beschäftigt worden war, wurde sie mit Arbeitsvertrag vom 17. Juli 1989 unbefristet als Erzieherin für den Kindergarten in B eingestellt. Gemäß § 2 dieses Arbeitsvertrags richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrags (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Mit Schreiben vom 24. Februar 1992 übertrug die Beklagte der Klägerin die kommissarische Leitung der Kindertagesstätte B, die über 60 Betreuungsplätze verfügt und in der neben der Leiterin vier Erzieherinnen beschäftigt sind. Am 15. Februar 2002 wurde die Klägerin zur Leiterin der Kindertagesstätte in B bestellt. Die Klägerin erhielt zuletzt Entgelt nach der Entgeltgruppe 9 TVöD in Höhe von EUR 3.060 brutto monatlich.
Die Beklagte erteilte der Klägerin anlässlich eines Vorgesetztenwechsels am 26. September 2006 ein Zwischenzeugnis (Bl. 9 f. d. A.), das mit folgender Beurteilung abschließt:
„Frau C hat in ihrer Einrichtung eine außergewöhnlich positive Atmosphäre geschaffen, die den Geist einer hervorragenden Pädagogik ausstrahlt. Frau C ist in ihrer Arbeit sehr kreativ und außerordentlich fähig in Bezug auf Teamarbeit und Organisation. Sie kennt alle einschlägigen Gesetze, hält ständigen Kontakt u.a. mit Jugendamt, Frühförderstelle und Träger. Zugleich ist sie innovativ, geht Konflikte an und sucht bei offenen Problemen sofort nach tragfähigen und praktikablen Lösungen. So hat sie insbesondere die Zusammenarbeit mit der örtlichen Grundschule verbessert und gefördert, sie hat Verwaltungsarbeiten übernommen und damit die Gemeindeverwaltung entlastet. Sie ist in der Pädagogik des Elementarbereichs immer auf dem neuestens Stand, erkennt sehr schnell Auffälligkeiten bei Kindern und berät dabei fachkundig die Eltern. Ihr persönlicher Einsatz geht weit über die reguläre Arbeitszeit hinaus.
Zusammenfassend können wir somit feststellen, dass Frau C ihre Tätigkeit stets zu unserer vollsten Zufriedenheit ausgeführt hat. Ihr Verhältnis zu Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen, wie auch zu externen Stellen war stets einwandfrei. Mit den Eltern der Kinder arbeitet sie eng zusammen und genießt deren vollstes Vertrauen. Frau C hat in allen Jahren als Leiterin immer auch mit den Kindern selbst gearbeitet und dabei ein sehr gutes und enges Verhältnis zu den Kindern aufgebaut.”
Jedenfalls seit dem Jahr 2007 gab es Spannungen zwischen der Klägerin und Erzieherinnen der Kindertagesstätte B. Eine Erzieherin äußerte in einem an den Bürgermeister gerichteten Schreiben vom 19. November 2007 ihre Unzufriedenheit mit der Situation in der Kindertagesstätte B und fügte eine Liste mit Kritikpunkten an der Klägerin bei. Wegen des Wortlauts des Schreibens wird auf Bl. 246 ff. d.A. Bezug genommen. Anfang 2008 fand ein Mediationsverfahren statt, das die Probleme nicht beseitigte.
Die Klägerin wurde im November 2008 aufgefordert, bis März 2009 eine aktuelle Fassung der Hauskonzeption vorzulegen. Sie hielt die Frist nicht ein und legte eine erste Fassung erst nach mehrmaliger Aufforderung ...