Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit eines elektrisch betriebene Bauaufzüge bereitstellenden Unternehmens zum Verfahrenstarifvertrag des Gerüstbauerhandwerks
Leitsatz (amtlich)
Bauaufzüge, die mittels elektrischer Anlagen betrieben werden, zählen nicht zu "Gerüsten" oder "Gerüstmaterial". Ein Betrieb, der überwiegend solche Bauaufzüge vermietet, stellt nicht "gewerblich Gerüstmaterial bereit ()", er wird nicht von dem Verfahrenstarifvertrag des Gerüstbauerhandwerks erfasst.
Normenkette
VTV-Gerüstbau § 1 Abs. 2 Abschn. 1 Buchst. a)
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 18.11.2014; Aktenzeichen 2 Ca 789/14) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 18. November 2014 - 2 Ca 789/14 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Beitragspflicht der Beklagten zum Sozialkassenverfahren im Gerüstbauerhandwerk.
Die klagende Sozialkasse ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Gerüstbaugewerbes in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins die Einzugsstelle für die Beiträge für Urlaub, Lohnausgleich, Berufsbildung, Überbrückungsgeld und Zusatzversorgung.
Die Beklagte unterhält in A/Kreis B einen Betrieb, der mittels elektrischer Anlagen betriebene Bauaufzüge für Lasten und/oder Personen sowie Hubzeuge vermietet und - jedoch nur in geringen Umfang - verkauft. In streitigem Umfang werden die vermieteten Aufzüge auch von Mitarbeitern der Beklagten montiert und demontiert, daneben kommen in ebenfalls streitigem Umfang auch Subunternehmer zum Einsatz.
Im Handelsregister ist die Beklagte mit dem Unternehmensgegenstand: "Erwerb und die Veräußerung sowie Nutzungsüberlassung von Maschinen und Geräten aller Art" eingetragen (Eintragung zu HRB XXXXX beim AG Dortmund, Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 20. August 2014, Bl. 27 d.A.). Die Beklagte ist nicht in der Handwerksrolle eingetragen. In ihrem Internet-Auftritt (Ausdruck als Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 20. Oktober 2014, Bl. 88 d.A., siehe auch: www.C.de) wirbt die Beklagte mit der
"Vermietung und Wartung von Bauaufzügen, Transportbühnen und Personen-Lastenaufzügen (...). Unsere Maschinen sind ausschließlich Produkte namhafter deutscher Hersteller mit einer Nutzlast von 200 kg bis 2000 kg und einer Förderhöhe bis 150 m."
Der Kläger nimmt die Beklagte auf der Grundlage des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Gerüstbaugewerbe vom 20. Januar 1994 in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 11. Juni 2002 (folgend: VTV-Gerüstbau) auf so genannte Mindestbeiträge für die Zeit von Januar 2011 bis Dezember 2012 in Anspruch. Dabei geht er davon aus, dass die Beklagte im Monat durchschnittlich vier gewerbliche Arbeitnehmer und zwei Angestellte beschäftigte. Zur Wiedergabe der Berechnung des Mindestbeitrags für gewerbliche Arbeitnehmer, bei welcher der Kläger den tariflichen Stundenlohn der Berufsgruppe IV (Gerüstbauer) zu Grunde gelegt hat, wird auf die Seite 3 der Klageschrift verwiesen (Bl. 3 d.A.). Für die Angestellten fordert der Kläger 11,00 € monatlich.
Die Beklagte wehrt sich gegen eine Beitragspflicht und macht geltend, kein Gerüstbau-Unternehmen zu sein.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass Bauaufzüge Sonderkonstruktionen der Rüsttechnik seien, damit zählten sie zu den Gerüsten. Da die Beklagte gewerblich Bauaufzüge bereitstelle und montiere, unterfalle sie nach § 1 Abs. 2 Abschnitt I lit. a S. 2 VTV-Gerüstbau dem Tarifvertrag. Sämtliche Tätigkeiten mit Bauaufzügen und zur Erhaltung ihrer Funktionsfähigkeit seien dem Gerüstbauerhandwerk zuzurechnen. Der Kläger hat behauptet, dass die in dem Betrieb der Beklagten in den Kalenderjahren 2011 und 2012 beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer jeweils überwiegend, d.h. zu mehr als 50% ihrer persönlichen Arbeitszeit, die zusammengerechnet auch mehr als 50% der betrieblichen Arbeitszeit ausmachte, Gerüstbauarbeiten (Vermietung, Wartung, Montage und Demontage, Lagerung von Bauaufzügen, Transportbühnen und Personen/Lastenaufzügen sowie Verladen der Bühnen-, Tribünen- und Aufzugteile und Transport zum Lagerplatz bzw. zur nächsten Baustelle) verrichtet haben.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 54.229,44 € zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage zurückzuweisen;
sowie widerklagend festzustellen, dass der Kläger gegen sie keine Forderungen hat.
Der Kläger hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung geltend gemacht, Aufzüge seien keine Gerüstteile. Sie hat behauptet, sie beschäftige nur Elektriker, Monteure und Fahrer als gewerblichen Arbeitnehmer, jedoch keine Gerüstbauer. Die von ihr vermieteten Aufzüge würden nicht an Gerüsten befestigt, sondern an den Gebäuden selbst. Dies sei auch bei eingerüsteten Fassaden der Fall. Teilweise seien bei den 2011 und 2012 vermieteten Aufzügen gar keine Gerüste an den Gebäuden errichtet ge...