Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung eines Arbeitsverhältnisses im Hochschulbereich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Lehrkräfte für besondere Aufgaben nach § 66 HHG gehören zum "wissenschaftlichen Personal" im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG, wenn sie wissenschaftliche Dienstleistungen erbringen und diese zeitlich überwiegen oder zumindest das Arbeitsverhältnis prägen.

2. Es reicht aus, dass die Tätigkeit als solche mit wissenschaftlichem Gepräge geeignet war bzw. ist (so bereits LAG Hamburg, Urteil vom 31. Oktober 2012 - 3 Sa 66/12); auf die genauere tatsächliche Ausgestaltung durch die Lehrkräfte für besondere Aufgaben kann es regelmäßig nicht ankommen.

3. Eine sich weit überwiegend in der Durchführung, Weiterentwicklung und Verbesserung eines "mathematischen Brückenkurses" zum Ausgleich von Unterschieden in den mathematischen Kenntnissen und Fähigkeiten von Studienanfängern erschöpfende Tätigkeit befindet sich hingegen in der Schnittstelle zwischen Schule und Universität; dieser Tätigkeit fehlt in erforderlichem Umfang wissenschaftliches Gepräge.

 

Normenkette

WissZeitVG §§ 1-2; HSchulG HE § 66

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Entscheidung vom 26.08.2013; Aktenzeichen 7 Ca 162/13)

 

Tenor

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 26. August 2013 - Aktenzeichen 7 Ca 162/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug weiterhin über die Wirksamkeit einer Befristung im Hochschulbereich und die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung.

Die 42-jährige (geboren am xxx) Klägerin wurde ab dem 1. April 2006 bei dem beklagten Land an der Universität A im Rahmen mehrerer befristeter Arbeitsverträge im Hochschulbereich tätig. Zuletzt wurde die Klägerin, die Diplom-Mathematikerin ist und im April 2010 promoviert wurde, auf Grundlage des Arbeitsvertrages der Parteien vom 13. Oktober 2010 (Bl. 20 und 21 d. A.) beschäftigt, der auszugsweise in § 1 und § 6 wie folgt lautet:

§ 1

(1) Frau B wird ab 01.11.2010 als Vollzeitbeschäftigte befristet eingestellt.

Der Arbeitsvertrag ist befristet bis zum 31.10.2012 gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 des Wissenschaftsvertragsgesetzes (WissZeitVG).

...

§ 2

...

(4) Art und Umfang der wahrzunehmenden Aufgaben richten sich nach der ausgehändigten Arbeitsplatzbeschreibung. Die Festlegung der Aufgaben steht unter dem Vorbehalt einer Überprüfung in angemessenen Abständen.

Anschließend schlossen die Parteien unter dem Datum des 20. August 2012 einen Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 13. Oktober 2010 (Bl. 25 d. A.), der in § 1 auszugsweise wie folgt lautet:

§ 1

§ 1 des Arbeitsvertrages wird durch folgende Vereinbarung ersetzt:

Frau Dr. B wird ab 01.11.2012 als Vollzeitbeschäftigte befristet weiterbeschäftigt.

Der Arbeitsvertrag ist befristet bis zum 31.10.2014 gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG).

...

Zwischen den Parteien wurde die Geltung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen (TV-H) und weitere Tarifverträge vereinbart. Die Klägerin erhielt zuletzt Vergütung nach Entgeltgruppe 13 TV-H.

Die Klägerin führt mit zwei weiteren Lehrkräften für besondere Aufgaben den mathematischen Brückenkurs in den ersten beiden Semestern der Bachelor-Studiengänge im Fachbereich Elektrotechnik/Informatik im zeitlichen Umfang von 14 Lehrveranstaltungsstunden in der Woche neben einer mindestens einstündigen Sprechstunde für Studierende in der Woche durch. Grundlage ihrer Tätigkeit bildet die entsprechende Stellenausschreibung im Fachbereich Elektrotechnik/Informatik zum 1. Oktober 2010 (Bl. 22 d. A.: die gleichlautende Stellenausschreibung für die Stellen-Nr. 21037189 mit der Kennziffer 14608) sowie die "Tätigkeitsbeschreibung zum Einstellungsvorschlag Lehrkraft für besondere Aufgaben in Mathematik Kz. 14607" vom 27. September 2010, hinsichtlich deren näheren Einzelheiten auf Bl. 24 d. A. Bezug genommen wird.

Mit ihrer am 6. Mai 2013 bei dem Arbeitsgericht Kassel eingegangenen und dem beklagten Land am 10. Mai 2013 (Bl. 38 d. A.) zugestellten Klage hat sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31. Oktober 2014 gewandt und zudem für den Fall des Obsiegens ab 31. Oktober 2014 ihre Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Lehrkraft für besondere Aufgaben an der Universität A im Fachbereich 16 verlangt.

Wegen des Weiteren erstinstanzlichen Vorbringens und der Anträge der Parteien wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kassel vom 26. August 2013 - Az. 7 Ca 162/13 (Bl. 116 - 121 d. A.) - Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Kassel hat mit dem am 26. August 2013 verkündeten Urteil - 7 Ca 162/13 (Bl. 115 - 134 d. A.) - festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit dem beklagten Land durch die Befristung im Arbeitsvertrag vom 29. August 2012 nicht mit Ablauf des 31. Oktober 2014 beendet wird, und das beklagte Land verurteilt, die Klägerin ab 31. Oktober 2014 zu unveränd...

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