Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmereigenschaft Rote-Kreuz-Schwester. Aufnahmevertrag
Orientierungssatz
1. Mitglieder einer Schwesternschaft sind auch dann keine Arbeitnehmer, wenn sie nicht in einem von der Schwesternschaft selbst getragenen, sondern aufgrund eines Gestellungsvertrags in einem von einem Dritten betriebenen Krankenhaus tätig sind (vgl BAG, Beschluss vom 20.02.1986 – 6 ABR 5/85 –).
2. Die Begründung vereinsrechtlicher Arbeitspflichten für Rote-Kreuz-Schwestern führt nicht zu einer Umgehung von arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen.
3. Ob zwischen einem Bewerber und einem Verein ein Aufnahmevertrag geschlossen wurde, ist durch Auslegung zu ermitteln. Hierbei kann das nachträgliche Verhalten der Beteiligten in der Weise berücksichtigt werden, als es Rückschlüsse auf ihren tatsächlichen Willen und ihr tatsächliches Verständnis im Zeitpunkt der Abgabe der Vertragserklärung zulässt.
4. Präjudizielle Rechtsverhältnisse und Vorfragen werden durch einen Schiedsspruch nur dann rechtskräftig festgestellt, wenn sie Streitgegenstand waren (hier verneint).
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 1, § 38 S. 1, §§ 25, 242, 145ff, 145, 133; ZPO § 1032 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Urteil vom 17.12.2008; Aktenzeichen 8 Ca 330/08) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 17. Dezember 2009 – 8 Ca 330/08 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin.
Der Beklagte ist ein eingetragener Verein, der durch seine Mitgliedschaft im Verband der Schwesternschaften des A e. V. eine Gliederung des A ist. Wegen des Inhalts der Satzung im Einzelnen wird auf die Kopie Bl. 281 bis Bl. 294 d. A. Bezug genommen.
Die Klägerin wurde im Jahr 1972 in Indonesien als Krankenschwesterhelferin für das A in B angeworben und auf der Grundlage des am 30. Mai 1972 geschlossenen Arbeitsvertrages – zunächst auf drei Jahre befristet -eingestellt. Wegen des Inhalts des Arbeitsvertrages im Einzelnen wird auf die Kopie Bl. 5, 6 d. A. verwiesen. Unter dem Datum des 18. Februar 1974 stellte die Klägerin einen Antrag auf Aufnahme in die Schwesternschaft als Probeschwester und im Jahr 1978 wurde ihr die sog. große Schwesternbrosche Nr. 12 von der damaligen Oberin nebst einer vollständigen Schwesterntracht ausgehändigt. Wegen des Aufnahmeantrags im Einzelnen wird auf die Kopie – Bl. 11 d. A. – Bezug genommen. Seit 1974 genießt die Klägerin die Mitgliedschaftsrechte eines Mitglieds der Schwesternschaft und zahlt den als „Mutterhausbeitrag” bezeichneten Vereinsbeitrag. Die Klägerin wird seitdem als Mitgliedsschwester bei dem Beklagten geführt und ist in der schwesternschaftseignen Alterszusatzversorgung SVV angemeldet.
Mit Schriftsatz vom 23. April 1997 erhob die Klägerin vor dem Schiedsgericht der Schwesternschaft des A unter Hinweis darauf, dass sie seit dem 01.03.1974 Mitglied der Schwesternschaft des Beklagten sei, eine Klage und beantragte unter anderem, den Beklagten zu verurteilen, für die Dauer der Mitgliedschaft der Klägerin in der Schwesternschaft des Beklagten eine Zusatzversicherung abzuschließen, die eine Gleichwertigkeit der VBL-Versicherungsleistungen mit der Schwesternversorgung laut Satzung herbeiführt, u. a. auch Zahlung einer Zusatzrente bei Eintritt vorzeitiger Arbeits- oder Erwerbsunfähigkeit im Rahmen einer Gesamtversorgung. Durch Teilurteil vom 16. Januar 1998 wies das Schiedsgericht diesen Antrag u. a. mit der Begründung zurück, dass das Versicherungsverhältnis bei der VBL ein Arbeitsverhältnis voraussetze, ein solches zwischen dem beklagten Verein und der Klägerin jedoch nicht bestehe. Mit ihrer Statusklage begehrt die Klägerin – soweit im Berufungsverfahren von Interesse – die Feststellung ihrer Arbeitnehmereigenschaft. Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug sowie der dort gestellten Anträge wird im Übrigen gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bl. 151 bis Bl. 154 d. A. ergänzend Bezug genommen.
Mit dem am 17. Dezember 2008 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht Kassel die Statusklage und die hilfsweise begehrte Feststellung, nicht Vereinsmitglied bei dem beklagten Verein zu sein, abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Frage der Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin durch die Entscheidung des Schiedsgerichts vom 16. Januar 1998 bereits rechtskräftig verneint worden sei. Damit müsse denknotwendigerweise festgestellt werde, dass sie Vereinsmitglied des beklagten Vereins sei. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bl. 154 bis Bl. 158 d. A. ergänzend Bezug genommen. Gegen dieses ihr am 24. Januar 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 09. Febr...