Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichheitsgrundsatz verlangt Berücksichtigung der Lebensverhältnisse. Sachliche Rechtfertigung der Gleichbehandlung gesetzlich und privat Versicherter
Leitsatz (redaktionell)
Begrenzungen der Höhe des Krankengeldzuschusses sind zulässig, da dieses Ergänzung zum Krankengeld ist.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.05.2018; Aktenzeichen 16 Ca 8297/17) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 22. Mai 2018 – 16 Ca 8297/17 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über tarifliche Krankengeldzuschüsse im Zeitraum Dezember 2014 bis Juli 2016.
Die Klägerin ist seit dem 5. Juni 1988 bei der Beklagten, einer Fluggesellschaft, auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 31. Mai 1988 (Anlage K 1, Bl. 9 d.A.) als Flugbegleiterin, zuletzt als Purserette I, beschäftigt.
Kraft individualvertraglicher Bezugnahme findet auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin u.a. der Manteltarifvertrag Nr. 2 für das Kabinenpersonal der Beklagten in der Fassung vom 01.01.2013 (im Folgenden: MTV Nr. 2 Kabine) Anwendung. Darin ist u.a. folgendes geregelt:
„§ 13 Krankenbezüge
(1) Wird ein Mitarbeiter durch Erkrankung oder Unfall arbeitsunfähig, erhält er für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit unter den nachfolgenden Voraussetzungen Krankenbezüge.
(2) Bis zur Dauer von 6 Wochen wird als Krankenbezug die aktuelle Vergütung (§ 5 Abs. (1) a), b), c) und e)) weitergezahlt. (…)
(3) Vom Beginn der 7. Woche erhalten arbeitsunfähige Mitarbeiter zu den Leistungen aus der Kranken- oder Unfallversicherung als Krankenbezug einen Krankengeldzuschuss, der sich wie folgt errechnet:
a) Die am 42. Tag der Arbeitsunfähigkeit gemäß Abs. (2) abgerechnete monatliche Vergütung ist um die gesetzlichen Abzüge und um das von der gesetzlichen Pflichtkrankenkasse zu gewährende Krankengeld oder die entsprechenden Leistungen anderer Sozialversicherungsträger (…) zu vermindern. Der sich aus dieser Berechnung ergebende Betrag ist um die darauf anfallenden Steuern zu erhöhen. Der Krankengeldzuschuss vermindert sich auch dann um den Betrag des Krankengeldes, wenn dem Mitarbeiter gemäß § 52 SGB V ein Anspruch auf Krankengeld versagt wird. Mitgliedern von Ersatzkassen wird ohne Rücksicht auf die tatsächliche Leistung der Ersatzkasse das Krankengeld der sonst zuständigen gesetzlichen Krankenkasse abgezogen.
Fällt eine Höhergruppierung in den Zeitraum der Fortzahlung nach Abs. (2) oder erfolgte die Höhergruppierung in dem Zeitraum zwischen Beginn der Arbeitsunfähigkeit und dem Ende des davor liegenden Abrechnungszeitraumes (Abs. (3) a)), so ist abweichend von Satz 1 der Krankengeldzuschuss auf der Basis der neuen Vergütung (§ 5 Abs. (1) a), b), c) und e)) zu errechnen.
b) Bei Mitarbeitern, die wegen der Höhe ihres Einkommens nicht krankenversicherungspflichtig sind, erfolgt die Berechnung des Krankengeldzuschusses gemäß Abs. (3) a) unter Abzug des Krankengeld-Höchstsatzes der gesetzlichen Pflichtkrankenkasse.
Diese Mitarbeiter sind verpflichtet, für die Zeit vom Beginn der 7. Woche an eine angemessene Krankentagegeldversicherung abzuschließen, die der Höhe nach mindestens dem Höchstsatz der AOK entspricht. Für die Zeit nach Erlöschen des Anspruchs auf Krankengeldzuschuss soll eine Krankentagegeldversicherung abgeschlossen werden.
(…)
(4) a) Der Krankengeldzuschuss wird gezahlt nach einer Dienstzeit
(…)
von mindesten 15 Jahren bis zum Ende der 39. Woche,
in allen Fällen jeweils vom Beginn der 7. Woche ab, jeweils jedoch nicht über die Dauer des Arbeitsverhältnisses hinaus.
Die Klägerin war vom 28. Oktober 2014 bis zum 1. August 2016 arbeitsunfähig erkrankt. Der 42. Tag der Arbeitsunfähigkeit war der 8. Dezember 2014. In der Zeit vom 9. Dezember 2014 bis zum 27. Juli 2016 erhielt die Klägerin von ihrer Krankenkasse ein kalendertägliches Bruttokrankengeld iHv. 87,60 € brutto, was einem Betrag von 76,84 € netto entspricht (vgl. Anlage K 4, Bl. 13 d.A.). Aufgrund der Höhe ihres regelmäßigen Arbeitsentgelts ist die Klägerin nicht krankenversicherungspflichtig. Sie ist freiwillig versichertes Mitglied ihrer gesetzlichen Krankenkasse.
In der Zeit vom 9. Dezember 2014 bis zum 27. Juli 2016 zahlte die Beklagte nach § 13 Abs. 3 a MTV Nr. 2 Kabine einen Krankengeldzuschuss von kalendertäglich 19,05 € netto an die Klägerin. Ausgehend vom 8. Dezember 2014 als „Basistag“ ermittelte die Beklagte dabei zunächst die fiktive Brutto- und die fiktive Nettovergütung der Klägerin für den Monat Dezember 2014. Von der sich daraus ergebenden fiktiven kalendertäglichen Nettovergütung subtrahierte die Beklagte das kalendertägliche Bruttokrankengeld, wobei sie im Fall der Klägerin nicht das tatsächliche gezahlte Bruttokrankengeld von kalendertäglich 87,60 € zugrunde legte, sondern gemäß § 13 Abs. 3 b MTV Nr. 2 Kabine den Krankengeld-Höchstsatz der gesetzlichen Krankenversicher...