Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeugnisanspruch. Zeugnisberichtigung. Verwirkung
Leitsatz (amtlich)
Verwirkung eines Anspruchs auf Berichtigung eines vom Arbeitgeber bereits geänderten Zeugnisses mit überdurchschnittlichem Inhalt fünf Monate nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis und Erteilung des geänderten Zeugnisses.
Normenkette
BGB §§ 630, 242
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.10.1995; Aktenzeichen 12 Ca 7845/94) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main – 12 Ca 7845/94 – vom 10. Oktober 1995 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten auch zweitinstanzlich um den Inhalt eines Arbeitszeugnisses.
Die Beklagte ist ein Unternehmen der Chemieindustrie. Der Kläger war vom 01. April 1992 bis zum 31. März 1994 zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt DM 6.050,00 bei der Beklagten als technischer Verkaufsberater beschäftigt. Auf den Anstellungsvertrag vom 17. Februar 1992 wird Bezug genommen (Bl. 6 – 9 d.A.). Nach Ziff. 2 des Anstellungsvertrages gelten für die Arbeitsbedingungen die Tarifverträge der chemischen Industrie in ihrer jeweiligen Fassung. Nach Ziff. 14 des Anstellungsvertrages erlöschen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb von 6 Monaten, nachdem die hierfür erheblichen Tatsachen bekannt geworden sind, schriftlich geltend gemacht werden.
In dem am 07. März 1994 zwischen den Parteien geschlossenen Aufhebungsvertrag (Bl. 5 d.A.) verpflichtete sich die Beklagte zur Erstellung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses. Sie stellte dem Kläger noch im März 1994 ein erstes Arbeitszeugnis aus (Bl. 19 d.A.), mit dem der Kläger allerdings nicht einverstanden war. In Absprache mit dem Kläger reichte der Betriebsrat daher bei der Beklagten mit Schreiben vom 11. April 1994 (Bl. 123 d.A.) eine Zeugnisentwurf ein (Bl. 49, 50 d.A.), der die vom Kläger gewünschte Änderungen enthielt. Die Beklagte erstellte daraufhin Mitte April 1994 ein zweites, gegenüber dem ersten geändertes Arbeitszeugnis unter dem Datum des 31. März 1994 (Bl. 18 d.A.) und übersandte es dem Kläger.
Mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 12. September 1994 verlangte der Kläger ein insgesamt optimales Zeugnis einschließlich einer Beurteilung seiner Leistung mit der Formulierung „stets zur vollsten Zufriedenheit”. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 20. September 1994 ab, Unter dem 11. Januar 1994 hatte der Kläger eine betriebliche Leistungsbeurteilung erhalten (Bl. 21, 22 d.A.) zunächst mit der Vergütungskategorie (Vk) 4: „Erfüllt nicht alle Anforderungen der Position und/oder erreicht wesentliche Ziele nicht.” Auf sein Verlangen hin änderte die Beklagte die Bewertung in Vk 3 (Bl. 33, 34 d.A.): „Erfüllt voll die Anforderungen der Position und im wesentlichen die festgelegten Ziele.”
Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe ihm im Zuge der Verhandlungen über den Aufhebungsvertrag mündlich zugesagt, sein Arbeitszeugnis werde im Sinne einer optimalen Leistungsbewertung ausgestellt. Nur unter dieser Bedingung habe er den Aufhebungsvertrag unterschrieben. Im übrigen habe er im Arbeitsverhältnis nur sehr gute Leistungen erzielt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, das ihm unter dem 31.03.1994 ausgestellte Zeugnis dahingehend zu ergänzen und zu korrigieren, daß der Kläger
- alle Aufgaben selbständig und mit viel Eigeninitiative und großem Engagement durchgeführt habe.
- daß er fundierte Sachkenntnisse habe,
- daß er mit großem Arbeitseinsatz und flexibel tätig gewesen sei,
- daß er an Verkaufs- und sonstigen Schulungen erfolgreich teilgenommen habe,
- daß er Diplombiologe sei und
- daß er alle Aufgaben stets zur vollsten Zufriedenheit der Beklagten erledigt habe.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, dem Kläger nur ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis zugesagt zu haben. Das Zeugnis vom 31. März 1994 sei vollständig, wahrheitsgemäß und wohlwollend. Die ausgeübten Tätigkeiten seien wahrheitsgemäß und zutreffend beschrieben. Die Leistungen des Klägers seien nur durchschnittlich, teils auch schlechter gewesen. Das ihm übertragene Verkaufsgebiet habe er nur zu 50 % erschlossen. Andere Verkaufsberater hätten ihr Gebiet im selben Zeitraum um 90 % erschlossen. Bei den vorgegebenen Zielen sei er 13 % unter den Planungsvorgaben geblieben. Seine Verkaufszahlen seien weit unterdurchschnittlich geblieben. Die Leistungsbeurteilung vom 11. Januar 1994 sei im Hinblick auf sein bevorstehendes Ausscheiden verbessert worden. Im übrigen hat sie das Verlangen nach Zeugnisberichtigung für verfristet und verwirkt gehalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen (Bl. 56, 57 d.A.). Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage durch Urteil vom 19. September 1995 – 12 Ca 7845/94 – abgewiesen. Es hat angenommen, ein Anspru...