Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss der Bestellung eines besonderen Vertreters für einen prozessunfähigen Kläger bei offensichtlich haltlosem Rechtschutzbegehren
Orientierungssatz
1. Bei einem prozessunfähigen Verfahrensbeteiligten hat der Gerichtsvorsitzende innerhalb des ihm eingeräumten Ermessens nach § 72 Abs. 1 SGG die Wahlmöglichkeit, entweder auf die Vertretung des Prozessunfähigen durch einen gesetzlichen Vertreter hinzuwirken oder einen besonderen Vertreter zu bestellen.
2. Ausnahmsweise kann von einer Vertreterbestellung abgesehen werden, wenn das Rechtschutzbegehren eines Prozessunfähigen offensichtlich haltlos ist (BSG Beschluss vom 17. Dezember 2014, B 8 SO 83/14).
3. Kann der Kläger seine Rechtsposition unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr verbessern, so ist ein Rechtschutzbedürfnis für die erhobene Klage ausgeschlossen.
Normenkette
SGG § 72 Abs. 1, § 71 Abs. 1, § 73a Abs. 1 S. 1, § 106; BGB § 104 Nr. 2, § 839; GG Art. 19 Abs. 4, Art. 34 S. 3; ZPO § 114 Abs. 1 S. 1
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 23. Juli 2015 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der 1957 geborene Kläger bezieht seit längerem Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) und führt seitdem eine Vielzahl an Gerichtsverfahren gegen den Beklagten. In den Jahren 2009 bis 2013 hat er bei dem erkennenden Senat jährlich ca. 100 neue Verfahren anhängig gemacht, im Jahre 2014 annähernd 200 neue Verfahren und in den Jahren 2015 und 2016 insgesamt jeweils mehr als 200 neue Verfahren.
Mit seiner am 8. Oktober 2012 bei dem Sozialgericht Kassel erhobenen Klage hat der Kläger sinngemäß beantragt,
1. den Bescheid des Beklagten vom 10. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Grunde nach die Kosten für die am 31. Juli 2012 beantragten Maßnahmen "CAD mit Inventor 3D-Konstruktion I" (Lehrgangsdauer: 3. bis 7. September 2012) und "CAD mit Inventor 3D-Konstruktion II" (Lehrgangsdauer: 10. bis 14. September 2012) bei dem E-Bildungszentrum A-Stadt GmbH zu übernehmen;
2. Formulierungen im Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 12. September 2012 im Verfahren S 13 AS 202/12 ER zu ändern;
3. die Schadensersatzpflicht des Beklagten festzustellen.
Das Sozialgericht hat diese Klage mit dem im Tenor genannten Urteil als unzulässig abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger fehle die erforderliche Prozesshandlungsfähigkeit. Der Bestellung eines besonderen Vertreters bedürfe es nicht. Die Begehren des Klägers seien offensichtlich haltlos.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger fristgerecht Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter und beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 23. Juli 2015 aufzuheben und
1. den Bescheid des Beklagten vom 10. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Grunde nach die Kosten für die am 31. Juli 2012 beantragten Maßnahmen "CAD mit Inventor 3D-Konstruktion I" (Lehrgangsdauer: 3. bis 7. September 2012) und "CAD mit Inventor 3D-Konstruktion II" (Lehrgangsdauer: 10. bis 14. September 2012) bei dem E-Bildungszentrum A-Stadt GmbH zu übernehmen;
2. Formulierungen im Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 12. September 2012 im Verfahren S 13 AS 202/12 ER zu ändern;
3. die Schadensersatzpflicht des Beklagten festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er sieht sich in seiner Auffassung durch die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 28. Oktober 2016 darauf hingewiesen, dass das Landessozialgericht die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen kann, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen. Hinsichtlich des zur Prozessfähigkeit des Klägers eingeholten Sachverständigengutachtens des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. C. vom 27. Juni 2013 und der nachfolgenden Korrespondenz mit dem Kläger wird insbesondere auch auf den Inhalt der Gerichtsakte L 6 AS 397/12 B ER Bezug genommen.
II.
Der Senat hat nach Anhörung der Beteiligten von der in § 153 Abs. 4 SGG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht und zur Beschleunigung des Verfahrens durch Beschluss entschieden, weil er das Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung ist zulässig, aber u...