Entscheidungsstichwort (Thema)
Abweisung der Klage eines prozessunfähigen Klägers als unzulässig ohne Bestellung eines besonderen Vertreters
Orientierungssatz
1. Das Landessozialgericht kann die Berufung nach § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
2. Das Gericht kann in dem Rechtstreit eines prozessunfähigen Klägers in der Sache ohne Bestellung eines besonderen Vertreters entscheiden, wenn dessen Rechtschutzbegehren offensichtlich haltlos ist.
3. Lassen Art und Umfang der Prozessführung des Klägers erkennen, dass er nicht imstande ist, seine Entscheidungen hinsichtlich der Führung von Prozessen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen, so kann das Gericht angesichts einer Vielzahl von eingereichten Klagen ohne eine Gutachtenerstellung aufgrund körperlicher Untersuchung des Klägers von dessen Prozessunfähigkeit ausgehen.
4. Trotz fehlender Prozessfähigkeit des Klägers ist das Gericht an einer Entscheidung in der Sache nicht gehindert. Von einer Vertreterbestellung kann abgesehen werden, wenn das Rechtschutzbegehren eines Prozessunfähigen offensichtlich haltlos ist.
5. Art. 19 Abs. 4 GG ist nicht verletzt, wenn ein Rechtschutzbegehren keinen Erfolg haben kann, weil die erhobene Klage völlig aussichtslos ist.
6. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn Kostenübernahme für eine Maßnahme begehrt wird, an der der Kläger überhaupt nicht teilgenommen hat oder die beantragte Maßnahme längst abgeschlossen ist.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 23. Juli 2015 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der 1957 geborene Kläger bezieht seit längerem Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) und führt seitdem eine Vielzahl an Gerichtsverfahren gegen den Beklagten. In den Jahren 2009 bis 2013 hat er bei dem erkennenden Senat jährlich ca. 100 neue Verfahren anhängig gemacht, im Jahre 2014 annähernd 200 neue Verfahren und in den Jahren 2015 und 2016 insgesamt jeweils mehr als 200 neue Verfahren.
Mit seiner am 23. November 2012 bei dem Sozialgericht Kassel erhobenen Klage hat der Kläger sinngemäß beantragt,
1. den Bescheid des Beklagten vom 28. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Grunde nach die Kosten für die am 19. September 2012 beantragte Maßnahme "Praxisqualifizierung GIS und Webmapping" ab dem 7. Januar 2013 in E-Stadt zu übernehmen;
2. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 18. Oktober 2012 anzuordnen;
3. die Schadensersatzpflicht des Beklagten dem Grunde nach festzustellen.
Das Sozialgericht hat diese Klage mit dem im Tenor genannten Urteil als unzulässig abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger fehle die erforderliche Prozesshandlungsfähigkeit. Der Bestellung eines besonderen Vertreters bedürfe es nicht. Die Begehren des Klägers seien offensichtlich haltlos.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger fristgerecht Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter und beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 23. Juli 2015 aufzuheben und
1. den Bescheid des Beklagten vom 28. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Grunde nach die Kosten für die am 19. September 2012 beantragte Maßnahme "Praxisqualifizierung GIS und Webmapping" ab dem 7. Januar 2013 in E-Stadt zu übernehmen;
2. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 18. Oktober 2012 anzuordnen;
3. die Schadensersatzpflicht des Beklagten dem Grunde nach festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er sieht sich in seiner Auffassung durch die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 28. Oktober 2016 darauf hingewiesen, dass das Landessozialgericht die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen kann, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen. Hinsichtlich des zur Prozessfähigkeit des Klägers eingeholten Sachverständigengutachtens des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. C. vom 27. Juni 2013 und der nachfolgenden Korrespondenz mit dem Kläger wird insbesondere auch auf den Inhalt der Gerichtsakte L 6 AS 397/12 B ER Bezug genommen.
II.
Der Senat hat nach Anhörung der Beteiligten von der in § 153 Abs. 4 SGG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauc...