Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs zur Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung durch einstweiligen Rechtschutz
Orientierungssatz
1. Zur Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Wege des einstweiligen Rechtschutzes ist die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes erforderlich.
2. Hierzu bedarf es u. a. einer umfassenden Darlegung der Hilfebedürftigkeit i. S. des § 9 Abs. 1 SGB 2. Erforderlich ist die hinreichende Klärung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers. Sind die Einnahmen und Ausgaben aus der selbständigen Tätigkeit des Antragstellers insgesamt ungeklärt bzw. hat der Antragsteller hierzu unvollständige Angaben gemacht, so ist die Bewilligung von Leistungen des SGB 2 durch einstweiligen Rechtschutz zu versagen.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 25. März 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin B. aus B-Stadt wird abgelehnt.
Gründe
Die am 15. April 2013 beim Sozialgericht Darmstadt eingegangene Beschwerde der Antragsteller mit dem sinngemäßen Antrag,
den die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 25. März 2013 aufzuheben und
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern ab 16. November 2012 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in gesetzlicher Höhe zu gewähren,
hilfsweise, den Beigeladenen im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII), hilfsweise nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), ab 16. November 2012 zu gewähren,
hat keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes liegen nicht vor. Das Sozialgericht hat daher den Antrag zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch hinsichtlich des auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II gerichteten Hauptantrages nicht glaubhaft gemacht.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig sind (Nr. 2), hilfebedürftig sind (Nr. 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II liegen hinsichtlich der Antragsteller zu 1. und 2. unzweifelhaft vor. Auch die Erwerbsfähigkeit der Antragsteller zu 1. und 2. ist vorliegend zu bejahen. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB II kann zwar ein Ausländer nur im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II erwerbstätig und damit auch erwerbsfähig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II sein, wenn ihm die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Der Gesetzgeber hat die Regelung aber zum 1. April 2011 um einen Satz 2 erweitert. Dieser bestimmt, dass für die Erwerbsfähigkeit die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) aufzunehmen, ausreicht. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Änderung lediglich "verdeutlichen", dass - wie es aus seiner Sicht schon der früheren Praxis entsprach - ein nachrangiger Arbeitsmarktzugang ausreiche (BT-Drucks. 17/3404 S. 152). Entsprechend dieser gesetzlichen Klarstellung ist davon auszugehen, dass auch - ein Unionsbürger aus Bulgarien oder Rumänien, der noch nicht die vollständige Arbeitnehmerfreizügigkeit genießt, sondern nach § 284 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) einer Arbeitserlaubnis der Bundesagentur für Arbeit bedarf, zumindest dann erwerbsfähig im Sinne von § 8 SGB II ist, wenn dieser Erlaubnisvorbehalt allein aus Nachrangigkeitsgründen besteht und daher eine Arbeitserlaubnis-EU nach § 284 Abs. 3 SGB III i.V.m. § 39 Abs. 2 bis 4 und 6 AufenthG erteilt werden kann. Es reicht demnach ein abstrakt-genereller Arbeitsmarktzugang aus (vgl. Beschlüsse des erkennenden Senats vom 4. Januar 2013 - L 9 AS 681/12 B ER, L 9 AS 707/12 B ER und L 9 AS 781/12 B ER -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2012 - L 3 AS 1477/11 -). Für die Antragsteller zu 3. und 4. liegen zwar die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und ...