Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistung. Nichtzustandekommen einer Eingliederungsvereinbarung. Ersetzung durch einen Eingliederungsverwaltungsakt. Maßstab nach § 55 Abs 1 S 2 SGB 10
Orientierungssatz
1. Der Erlass eines Eingliederungsverwaltungsakts setzt voraus, dass zuvor eine konsensuale Eingliederungsvereinbarung nicht zu Stande gekommen ist und es somit nicht dem Grundsicherungsträger überlassen bleibt, ob er mit dem Leistungsberechtigten eine Eingliederungsvereinbarung abschließt oder diese durch Verwaltungsakt ersetzt (Anschluss an BSG vom 23.6.2016 - B 14 AS 42/15 R = BSGE 121, 268 = SozR 4-4200 § 15 Nr 6).
2. Die in einem Eingliederungsverwaltungsakt enthaltenen Regelungen sind im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen und zwar nach denselben Maßstäben, wie sie für die konsensuale Eingliederungsvereinbarung gelten. Danach muss die Gegenleistung, zu der sich der Leistungsempfänger verpflichtet, den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen (§ 55 Abs 1 S 2 SGB 10).
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. September 2015 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage noch die Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsakts (EGVA) vom 28. März 2013 nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) streitig.
Die 1957 geborene Klägerin steht seit April 2011 im Leistungsbezug nach dem SGB II bei dem Beklagten. Sie verfügt über den Schulabschluss der mittleren Reife, ist gelernte Bankkauffrau und war ab 1985 mit verschiedenen kaufmännischen Tätigkeiten u.a. bei Leasingfirmen, zuletzt jedoch ab Juli 2008 als Fahrerin für Kurierdienste tätig. Insoweit wird wegen näherer Einzelheiten auf den Lebenslauf vom 4. April 2011 (Bl. 12 bis 14 der FM-Akten - FMA) ergänzend Bezug genommen.
Zwischen den Beteiligten kamen zunächst die Eingliederungsvereinbarung (EGV) vom 16. Mai 2011 mit Wirkung bis 15. November 2011 (Bl. 18 ff. FMA) und die EGV vom 16. November 2011 mit Wirkung bis 15. Mai 2012 (Bl. 28 ff. FMA) zustande, mit denen die Bewerbungsbemühungen der Klägerin in den Bereichen kaufmännische Sachbearbeitung, Vertriebsassistenz und Vertragsgestaltung durch Zahlung einer monatlichen Bewerbungskostenpauschale i.H.v. 20 EUR gefördert werden sollte, sofern die Klägerin ihrer Verpflichtung zu monatlich mindestens 8 schriftlichen Bewerbungen nachkommen und diese jeweils zum Monatsende in dokumentierter Form vorlegen würde. Ferner sollte eine Betreuung durch die Arbeitsvermittlung u.a. aufgrund eines zu erstellenden Bewerberprofils erfolgen und die Teilnahme der Klägerin an einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung im Bereich Bürohilfe/Büroorganisation in die Wege geleitet werden. In der Folge traten Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 15. bis 23. September 2011, 25. Januar bis 3. Februar 2012, 14. bis 30. März 2012 und 29. März bis 13. April 2012 auf. Nach entsprechender Einladung mit Schreiben vom 8. März 2012 (Bl. 42 FMA) fand am 13. März 2012 ein Beratungsgespräch in der Arbeitsvermittlung des Beklagten statt, dessen wesentlicher Inhalt und Verlauf in der Gesprächsnotiz gleichen Datums dokumentiert wurde und auf die insoweit Bezug genommen wird (Bl. 38, 39 FMA). Danach wurden Arbeitsmarktnähe und Vermittelbarkeit der Klägerin bestätigt. Aufgrund der Ausbildung zur Bankkauffrau und langjährigen Berufserfahrung in verschiedenen kaufmännischen Bereichen wurden als "arbeitsmarktnahe Vermittlungsprofile" kaufmännische Sachbearbeitung, Assistenz und Vertriebsassistenz genannt. Hierzu sollten die Bewerbungsunterlagen aufbereitet und ein Bewerbungsfoto erstellt werden. Als nächste Schritte waren die Nachsuche der Arbeitsvermittlung bei Zeitarbeitsfirmen, bei denen sich die Klägerin bereits beworben hatte, die Unterbreitung von Stellenangeboten durch die Arbeitsvermittlung und die Zuleitung von Zeugnissen sowie einer vollständigen Bewerbungsmappe durch die Klägerin in Aussicht genommen. Mit Schreiben vom 12. April 2012 (Bl. 62 FMA) wandte sich die Klägerin nach anwaltlicher Rücksprache an den Beklagten und untersagte die Weitergabe von Kontaktdaten und die in der Gesprächsnotiz erwähnte Nachfrage bei Zeitarbeitsfirmen. Ferner lehnte sie die Zuleitung der Zeugnisse und der Bewerbungsmappe wie auch die Erstellung eines Bewerberprofils bei der Arbeitsagentur ab. Mit weiterem Schreiben vom 16. April 2012 (Bl. 64 FMA) brachte die Klägerin verschiedene Beschwerden vor, u.a. auch über nach ihrer Auffassung noch ausstehenden Zahlungen von Bewerbungskostenpauschalen, und kündigte an, bis zur Erfüllung ihrer Forderungen keine neue EGV abschließen zu wollen. In...