Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss der Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Zulassungsgründe

 

Leitsatz (amtlich)

Die Beschwerde ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach Änderung des SGG zum 1.4.2008 gemäß § 172 Abs 3 S 1 Nr 1 SGG nicht eröffnet, weil gemäß § 144 Abs 2 SGG Zulassungsgründe für ein nachfolgendes Hauptsacheverfahren oder sinngemäß auf das Beschwerdeverfahren übertragen vorliegen. Der Senat hält mit weiterer Begründung im Ergebnis an seiner bisherigen Rechtsprechung (Beschluss vom 11.8.2008 - L 7 AS 213/08 B ER - mwN) entgegen LSG Niedersachsen-Bremen, 21.10.2008 - L 6 AS 458/08 ER - fest.

 

Normenkette

SGG § 144 Abs. 2-3, § 172 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, § 177

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. November 2008 wird als unzulässig verworfen.

II. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind auch nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die am 1. Dezember 2008 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main (SG) vom 13. November 2008 mit dem sinngemäßen Antrag,

den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. November 2008 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Kürzungsbescheid des Antragsgegners vom 15. August 2008 anzuordnen und den einbehaltenen Betrag in Höhe von insgesamt 105,00 € an sie auszuzahlen, hilfsweise den Antragsgegner vorläufig bis zu einer Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache zu verpflichten, an sie 105,00 € zu zahlen,

ist entgegen der falschen Rechtsmittelbelehrung des SG bereits unstatthaft, so dass der Senat in der Sache keine Entscheidung treffen darf.

Gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG idF des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) - SGG F. 2008 -, in Kraft ab 1. April 2008 (Art. 4 des Änderungsgesetzes), ist ein Beschluss im einstweiligen Rechtsschutz mit der Beschwerde nur anfechtbar, wenn in der Hauptsache die Berufung zulässig wäre.

Die Berufung wiederum wäre in der Hauptsache gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG F. 2008 ohne gesonderte Zulassung durch das Sozial- (§ 144 Abs. 2 und 3 SGG) oder auf Beschwerde das Berufungsgericht (§ 145 SGG) nur statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes oder eines hierauf gerichteten Verwaltungsaktes 750,00 € überstiege oder gemäß § 144 Abs. 1 S. 2 SGG wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen wären.

Beide Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, weil der Beschwerdewert nur 105,00 € beträgt und der Leistungszeitraum auf 3 Kalendermonate beschränkt ist.

Als statthaft ist die Beschwerde auch nicht anzusehen, weil es möglich bleibt, dass in der Hauptsache das Sozial- oder Berufungsgericht die Berufung zulassen wird. Die vom Gesetzgeber gewollte Beschränkung der Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutz würde ins Leere laufen, wenn allein die Möglichkeit zur Zulassung der Berufung die Beschränkung aufheben würde, weil das ausnahmslos eröffnet ist und die beabsichtigte Beschränkung damit vereitelt wäre.

Ebenso wenig ist für das Sozial- oder Beschwerdegericht die Befugnis eröffnet, für das einstweilige Rechtsschutzverfahren die Beschwerde entsprechend §§ 144 Abs. 2 und 3, 145 SGG zuzulassen oder sie zumindest als statthaft anzusehen, wenn entsprechende Zulassungsgründe in der Hauptsache nach Auffassung des Beschwerdegerichts gegeben sind. Insoweit hält der Senat an seiner ständigen Rechtsprechung im Ergebnis fest (Beschlüsse des Senats: 11.8.2008 - L 7 AS 213/08 B ER, 1. Juli 2008 - L 7 SO 59/08 B ER -, 26. Juni 2008 - L 7 AS 164/08 B ER -; so auch: Schleswig-Holsteinisches LSG, 6.11.2008 - L 11 B 526/08 AS ER; LSG Berlin-Brandenburg, 16.10.2008 - L 20 B 1647/08 AS ER; LSG Niedersachsen-Bremen, 29.9.2008 - L 8 SO 80/08 ER und 8.9.2008 - L 13 AS 178/08 ER; LSG NRW, 15.8.2008 - L 19 B 146/08 AS ER), obwohl dem mit ausführlicher Begründung entgegengetreten worden ist (LSG Niedersachsen-Bremen, 21.10.2008 - L 6 AS 458/08 ER).

Eine gesonderte Zulassungsbefugnis für das Beschwerdeverfahren ist § 177 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGG F. 2008 schon deshalb nicht zu entnehmen, weil Maßstab für die Statthaftigkeit der Beschwerde ausdrücklich nur die allerdings hypothetische Statthaftigkeit einer Berufung in der Hauptsache ist. Damit hat der Gesetzgeber allein auf die ausdrückliche Regelung in §§ 144, 145 SGG F. 2008 für das Berufungsverfahren abgestellt, ohne ein eigenständiges Zulassungsverfahren im Beschwerdeverfahren vorzusehen. Es widerspräche auch der gebotenen Dringlichkeit im einstweiligen Rechtsschutz ein solches dem Beschwerdeverfahren vorzuschalten.

Die Beschwerde wäre auch nicht statthaft, wenn ohne gesonderte Zulassung im Beschwerdeverfahren alleine einer der in § 144 Abs. 2 SGG aufgeführten Zulassungsgründe vorläge.

Der Wortlaut des § 172 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGG F. 2008 gibt dafür nichts her. Der Gesetzgeber hat sich leider gegen eine eindeutig...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge