Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtschutz bei Förderung beruflicher Bildungsmaßnahme. Ermessensentscheidung
Orientierungssatz
Eine einstweilige Anordnung kann im Einzelfall auch bei Ermessensleistungen (hier: Förderung einer beruflichen Bildungsmaßnahme) erlassen werden, wenn die Entscheidung über den Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung keinen effektiven Rechtschutz bedeutete. Dies ist der Fall, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige mangels Finanzierung eine Maßnahme nach nunmehr 13 Monaten erfolgreicher Absolvierung abbrechen müsste.
Tenor
Unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 19. Januar 2005 (Az.: S 15 AL 3075/04) wird die Beigeladene verpflichtet, die Weiterbildungskosten für den Umschulungslehrgang Industriekauffrau an der Privaten Berufsakademie, F., in monatlicher Höhe von Euro 361,72 sowie die Fahrtkosten in Höhe von Euro 63,80 monatlich bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den gestellten Kostenübernahmeantrag vom 25. Februar 2004, längstens bis zum Abschluss des Lehrgangs am 27. Januar 2006 in Form eines Darlehns zu übernehmen. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben der Antragstellerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Verpflichtung der Antragsgegnerin die Kosten des Lehrgangs Industriekauffrau an der H. Schule, F. in Höhe von 7.596,16 Euro, zahlbar in 21 Raten à 361,72 Euro zu zahlen.
Die Antragstellerin ist arbeitslos und bei der Agentur für Arbeit (J.), F. arbeitslos gemeldet. Sie bezog bis zum 31. Dezember 2004 Sozialhilfe und bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II (Bl. 12 Gerichtsakte (GA) in Höhe von 604,73 Euro monatlich.
Mit Schreiben vom 3. Dezember 2002 beantragte sie bei der Agentur für Arbeit in F. die Förderung der Teilnahme an der Maßnahme "Umschulung Industriekaufmann/Frau", die ab dem 1. September 2003 an der H-Schule in F. stattfand. Zuvor hatte sie an einem durch die H-Schule durchgeführten Bewerberauswahltest mit sehr gutem Erfolg teilgenommen. Die Umschulung war auf 22 Monate festgelegt, die kalkulierten Seminargebühren betrugen nach Auskunft des Trägers vom 18. Juli 2003 8.053,92 Euro, zahlbar in 22 Monaten à 366,09 Euro.
Mit Ablehnungsbescheid vom 7. August 2003 lehnte die Antragsgegnerin die Förderung der Teilnahme mit der Begründung ab, die Leistungsgewährung sei nur möglich, wenn das Arbeitsamt der Teilnahme der Maßnahme zustimme (§ 77 Abs. 1 Nr. 3 SGB III). Die Zustimmung des Arbeitsamtes setzt voraus, dass der Arbeitnehmer geeignet sei und im Anschluss an die Maßnahme voraussichtlich innerhalb angemessener Zeit eine dem Maßnahmeziel entsprechende Beschäftigung finden könne (§ 1 Abs. 1 A.F.b.W.). Darüber hinaus habe die Zustimmung bei den zur Auswahl stehenden Maßnahmen für diejenige Maßnahme zu erfolgen, die inhaltlich erfolgsversprechender, kostengünstiger und im Hinblick auf Beginn und Dauer wirtschaftlicher sei (§ 1 Abs. 1 A.F.b.W.).
Eine Zustimmung könne im Falle der Antragstellerin nicht erteilt werden, weil die Eignungsvoraussetzungen für die angestrebte kaufmännische Umschulung durch das Nichterscheinen der Antragstellerin zu dem obligatorischen Arbeitsberatungsgespräch am 14. Februar 2003 nicht hätten geprüft werden können.
Ein am 30. Juli 2003 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main gestellter Eilantrag der Antragstellerin, mit dem sie Kostenübernahme der Teilnahme an dem genannten Ausbildungsgang begehrte (Az.: S 15 AL 2750/03 ER), wurde durch das Sozialgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 11. August 2003 zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde durch das Hessische Landessozialgericht mit Beschluss vom 19. März 2003 (Az.: L 10 AL 879/03 ER) zurückgewiesen.
Seit dem 26. April 2004 nimmt die Antragstellerin an der Umschulungsmaßnahme "Industriekaufmann/-frau IK 4105" an der "Privaten Berufsakademie H. GmbH" teil. Die Maßnahme dauert bis zum 27. Januar 2006. Die Kosten für die Maßnahme betragen insgesamt 7.596,16 Euro. Nach dem am 26. April 2004 abgeschlossenen Ausbildungsvertrag ist der Betrag in 21 Raten à 358,84 Euro zahlbar.
Am 16. Dezember 2004 beantragte die Antragstellerin erneut den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der sie die Übernahme der Lehrgangskosten durch die Antragsgegnerin begehrt.
Sie trug vor, dass sie mit Schreiben vom 25. Februar 2004 (Bl. 32 GA) die Förderung des am 26. April 2004 beginnenden Lehrgangs beantragt habe. Am 8. März 2004 sei das Beratungsgespräch nachgeholt worden. Am 19. August 2004 habe die psychologische Begutachtung (Bl. 69 GA) stattgefunden. Die verspätete psychologische Begutachtung habe der Arbeitsberater der Bundesagentur zu vertreten. Die bisher angefallenen Kosten für die Umschulungsmaßnahme habe sie durch die Aufnahme eines Privat-Darlehens ihrer Mutter vorfinanziert. Nach Absage ihrerseits des bereits anberaumten "Abschlussgespräches" vom 17. September 2004, bei dem auch das Ergebnis des psychologischen Gu...