Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Höhe der Verfahrensgebühr. Wirkzeitraum der Prozesskostenhilfe. Bemessung der Rahmengebühr. konkreter Beiordnungszeitraum
Leitsatz (amtlich)
Bei der Bestimmung der dem Rechtsanwalt zustehenden Gebühren ist der Wirkzeitraum der Prozesskostenhilfe zu berücksichtigen. Maßgeblich für die Bemessung der Rahmengebühr ist nicht das gesamte Verfahren, sondern lediglich der konkrete Beiordnungszeitraum.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 23. März 2011 geändert.
Die Vergütung des Antragstellers für seine Tätigkeit in dem Verfahren S 26 AS 436/07 ER wird auf insgesamt 163,03 € festgesetzt.
Die Erinnerung und die Beschwerde des Antragstellers gegen die Vergütungsfestsetzung des Urkundsbeamten des Sozialgerichts Gießen vom 24. November 2009 werden zurückgewiesen.
Gründe
I.
In dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren des X. XY. gegen die ... GmbH, Zentrum für Dienstleistung und Arbeitsmarkt, GH., vor dem Sozialgericht Gießen (S 26 AS 436/07 ER) stritten die Beteiligten über den Anspruch des Antragstellers (Klägers) auf Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab dem 15. Mai 2007. Nachdem die Bundesagentur für Arbeit dem Antragsteller (Kläger) mit Bescheid vom 25. Juni 2007 rückwirkend ab dem 29. Mai 2007 Arbeitslosengeld bewilligt hatte, erklärte der hiesige Antragsteller das einstweilige Rechtsschutzverfahren mit Schriftsatz vom 10. Juli 2007 für erledigt. Unter dem 23. August 2007 begründete er seinen am 5. Juli 2007 gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe näher. Diese bewilligte das Sozialgericht Gießen mit Beschluss vom 26. August 2008 ab Antragstellung und ordnete den Antragsteller als Rechtsanwalt bei.
Mit Kostenrechnung vom 26. Oktober 2009 machte der Antragsteller eine Vergütung in Höhe von insgesamt 321,30 € geltend. Als Verfahrensgebühr setzte er die Mittelgebühr der Nr. 3102 VV - RVG an (250,00 €). Darüber hinaus beanspruchte er die Auslagenpauschale nach der Nr. 7002 VV - RVG in Höhe von 20,00 € sowie die 19 %ige Umsatzsteuer von 51,30 € (Nr. 7008 VV-RVG). Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte unter dem 24. November 2009 unter Ansatz einer Verfahrensgebühr in Höhe von 150,00 € die Vergütung auf insgesamt 202,30 € fest. Die Kürzung der Verfahrensgebühr begründete er mit der Art der entfalteten Tätigkeit. Bei der Festsetzung seien der Umfang der anwaltlichen Intensität, Schwierigkeit und auch Aufwand zu beachten. Auch sei der Wirkzeitraum der Prozesskostenhilfe - ab dem 5. Juli 2007 - zu berücksichtigen.
Gegen die Vergütungsfestsetzung legte der Antragsteller Erinnerung ein, der sich der Antragsgegner anschloss. Der Antragsteller machte weitere Gebühren in Höhe von 119,00 € geltend. Hierzu wies er darauf hin, dass eine Reduzierung der Mittelverfahrensgebühr auf den unteren Bereich (150,00 €) in einem Eilverfahren unzumutbar und auch nicht vertretbar sei. Die Angelegenheit sei keinesfalls einfach gelagert gewesen, es habe intensiver Korrespondenz bedurft. Zudem sei bei der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen, dass es nach dem Erledigungsantrag noch weiterer 27 Monate bedurft habe, bis es in dem (PKH-) Verfahren zu einer Grundentscheidung gekommen sei.
Demgegenüber führte der Antragsgegner an, dass nur von einer unterdurchschnittlichen Sache auszugehen sei, für die eine Verfahrensgebühr von 117,00 € - ca. 70 % des allgemeinen Ausgangswertes für Eilverfahren (2/3 der Mittelgebühr / 167,00 €) - angemessen sei. Zur Begründung wies er zum einen auf die nicht schwierige Rechtsmaterie hin. Es habe keine Auseinandersetzung mit kontroverser ober- oder höchstrichterlicher Rechtsprechung bedurft; zudem läge keine Art und Weise der prozessualen Mühewaltung des Antragstellers vor, welche die Intensität der anwaltlichen Tätigkeit auf einen Rahmenmittelwert anzuheben rechtfertige. Die anwaltlichen Handlungen seien lediglich als durchschnittlich einzustufen, dies folge auch schon aus dem Wirkzeitraum der PKH-Bewilligung.
Mit Beschluss vom 23. März 2011 setzte das Sozialgericht Gießen die Vergütung auf insgesamt 222,53 € fest und wies die Erinnerung des Antragstellers im Übrigen, wie auch die des Antragsgegners, zurück. Das Sozialgericht setzte dabei eine Verfahrensgebühr in Höhe von 167,00 € unter Bewertung des Eilverfahrens als in jeder Hinsicht durchschnittlich an. Ein Abzug resp. eine Kürzung der Gebühr aufgrund des kurzen Beiordnungszeitraumes käme nicht in Betracht. Es sei zwischen dem Entstehen der Gebühr und der Gebührenhöhe zu differenzieren. Unumstritten sei, dass eine Gebühr, die nur in einem Zeitraum entstehe, für den keine Beiordnung erfolgt sei, auch nicht von der Landeskasse verlangt werden könne. Einen Grund, den Unterschied in der Dauer des Verfahrens und der Dauer der Beiordnung bei der Bestimmung der Höhe der Rahmengebühr noch einmal zu berücksichtigen, gäbe es nicht. Auch bei Streitwertgebühren erfolge keine Berücksichtigung des Wi...