Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Beschluss vom 09.03.2004; Aktenzeichen S 33 AL 600/04 ER)

 

Tenor

  • Die Antragsgegnerin wird unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. März 2004 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin ab 13. September 2004 vorläufig Arbeitslosenhilfe in gesetzlichem Umfang zu zahlen.
  • Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Zahlung von Arbeitslosenhilfe.

Die 1945 geborene Antragstellerin war seit dem 15. Juni 1978 als Justizangestellte im Vollzugsdienst beschäftigt; seit dem 28. Februar 2001 bezog sie von der Barmer Ersatzkasse Krankengeld. Aufgrund ihrer Arbeitslosmeldung und Antragstellung vom 5. April 2001 bewilligte ihr die Antragsgegnerin für die Zeit ab 5. Mai 2001 Arbeitslosengeld für insgesamt 780 Tage (Bescheid vom 8. Juni 2001). Diese Leistung bezog sie bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 23. Juni 2003.

Am 23. Juli 2003 beantragte die Antragstellerin die Gewährung von Arbeitslosenhilfe. Dabei gab sie an, Eigentümerin einer Doppelhaushälfte mit einer Wohnfläche von 150 m(2) auf einem 262 m(2) großen Grundstück zu sein. Sie selbst bewohne davon 60 m(2). Aus der Vermietung einer zweiten, die restlichen 90 m(2) umfassenden Wohnung erziele sie Einnahmen von 950,00 DM (Miete 750,00 DM und Nebenkosten 200,00 DM). Verbindlichkeiten bestünden in Höhe von 68.830,80 €. Außerdem gab die Antragstellerin das Bestehen einer Lebensversicherung an; die Rechte aus dieser Versicherung waren zwecks Kreditsicherung für das Haus an die Raiffeisenbank A-Stadt abgetreten. Die Beklagte holte daraufhin von dem Gutachterausschuss für Grundstückswirte und sonstige Wertermittlungen für den Bereich des Main-Kinzig-Kreises eine gutachterliche Stellungnahme für das Anwesen der Klägerin ein. In der von dem Ausschussvorsitzenden N.… erarbeiteten gutachterlichen Stellungnahme vom 23. Oktober 2003, die nach einer Ortsbesichtigung erfolgte, heißt es, dass es sich bei dem Wohnhaus um eine 1974 errichtete massive Doppelhaushälfte mit ausgebautem Dachgeschoss handele. Das Gebäude mache einen stark vernachlässigten Eindruck. Der Bodenwert belaufe sich zum Stichtag (23. Oktober 2003) auf 60.000,00 €, der Wert der Außenanlagen betrage 5.000,00 € und der Wert des Gebäudes betrage rund 89.000,00 €. Unter besonderem Hinweis auf die Pauschalität und die damit verbundenen Risiken werde der Verkehrswert der Immobilie zum Stichtag 23. Oktober 2003 mit 154.000,00 € bewertet.

Daraufhin lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Arbeitslosenhilfe durch Bescheid vom 29. Oktober 2003 ab. Die Antragstellerin verfüge über ein Vermögen von 51.101,52 €, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages von 29.640,00 € verblieben 21.461,52 €. Dieser Betrag sei bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen.

Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch machte die Antragstellerin geltend, die Entscheidung der Antragsgegnerin sei weder zumutbar noch verhältnismäßig. Das Haus sei in einem desolaten Zustand, da sie finanziell nicht in der Lage sei, die notwendigen Arbeiten durchführen zu lassen. Zudem wäre der Verkauf nur in einem längeren Zeitraum realisierbar.

Durch Widerspruchsbescheid vom 18. November 2003 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück. Die Klägerin habe zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Antrags auf Arbeitslosenhilfe über Vermögen in Form einer Doppelhaushälfte verfügt, deren Wert sich auf 154.000,00 € belaufe. Eine vom Eigentümer nicht allein oder zusammen mit Angehörigen bewohnte Immobilie sei grundsätzlich verwertbar. Dabei sei vorrangig der Verkauf zu verlangen, aber auch die Bildung abgeschlossener Eigentumswohnungen oder die Beleihung. Die Doppelhaushälfte sei in abgeschlossene Wohneinheiten aufgeteilt, die eigentumsrechtlich verselbständigt werden könnten. Eine Verwertung des eigentumsrechtlich teilbaren Gebäudebestandteils – vorliegend der vermieteten Wohnung mit einer Größe von 90 m(2) – sei daher vorzunehmen. Der hierfür erzielbare Vermögenswert könne für den Lebensunterhalt verwendet bzw. der Geldwert hierfür nutzbar gemacht werden. Eine Verwertungsbeschränkung sei nicht erkennbar. Die Liquidität des Vermögens, also dessen sofortige Verwertbarkeit, sei grundsätzlich unbeachtlich; es komme daher nicht darauf an, in welchem Zeitraum ein Verkauf der zu bildenden Eigentumswohnung realistisch erscheine. Vermögen sei nach § 1 Abs. 4 der Arbeitslosenhilfeverordnung (Alhi-V) ohne Rücksicht auf steuerliche Vorschriften mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen, der hier anteilig unter Berücksichtigung der noch bestehenden Verbindlichkeiten von 68.830,80 € auf 51.101,52 € (154.000,00 € – 68.830,80 €: durch 150 m(2) Gesamtwohnfläche × 90 m(2) vermietete Wohnfläche) festzustellen sei. Darüber hinaus sei der Freibetrag, der aufgrund des Lebensalters der Antragstellerin 29.64...

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