Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeitsprüfung. Vermögensverwertung. Verwertbarkeit. Zumutbarkeit. vermietete Wohnung im selbst genutzten Haus ohne Abgeschlossenheitsbescheinigung

 

Orientierungssatz

Stehen der Umwandlung einer vermieteten Wohnung im selbst genutzten Haus in eine Eigentumswohnung Hindernisse tatsächlicher und rechtlicher Art, wie hier die fehlende Abgeschlossenheit der Wohnung, entgegen, liegt insoweit keine Verwertbarkeit des Immobilienvermögens vor (vgl LSG Darmstadt vom 14.9.2004 - L 10 AL 98/04 ER = info also 2004, 246).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 18.10.2007; Aktenzeichen B 11a/7a AL 114/06 B)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi).

Der ... 1958 geborene Kläger bezog bis zum 11.1.2003 Arbeitslosengeld (Alg). In seinem Antrag auf Gewährung von Anschluss-Alhi gab der Kläger zu seinem Vermögen an, sein Girokonto weise ein Negativ-Saldo von 700,- € auf, er habe Bargeld in Höhe von 50,- € und ein Sparbuch mit einem Betrag von 80,- €. Ferner ist der Kläger Eigentümer eines Zweifamilienhauses mit einer Gesamtwohnfläche von 160 m². Die Fläche der beiden Wohnungen beträgt jeweils 80 m². Eine der Wohnungen bewohnt der Kläger selbst, die zweite Wohnung ist vermietet. Die Mieteinnahmen gab der Kläger mit 250,- € monatlich an. Der Verkehrswert des Hauses wurde im Antragsformular nachträglich mit 170.000,- € beziffert. Ausweislich einer Bescheinigung der Sparkasse S vom 22.1.2003 betrug der Schuldenstand aus einem Darlehen (Endziffer 514 ...) 8.303,13 €, der Schuldenstand betreffend das Darlehen mit der Endziffer 519... betrug zu diesem Zeitpunkt 8.411,93 €. Mit Wirkung zum 7.3.2003 nahm der Kläger eine Beschäftigung auf.

Mit Bescheid vom 10.2.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alhi wegen fehlender Bedürftigkeit ab. Nach Abzug der Belastungen verfüge der Kläger bei einem angenommenen Verkehrswert der Mietwohnung von 85.000,- € über ein verwertbares Vermögen in Höhe von 76.642,47 €, das einen Anspruch auf Alhi ausschließe. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15.4.2003).

Das Sozialgericht (SG) Speyer hat die Klage mit Urteil vom 12.7.2004 abgewiesen. Dem Kläger stehe für den Zeitraum vom 12.1.2003 bis zum 6.3.2003 wegen fehlender Bedürftigkeit keine Alhi zu. Sein Vermögen in Form des Eigentums an dem Zweifamilienhaus sei verwertbar gewesen, da der Kläger Wohnungseigentum hätte bilden können, das veräußerbar gewesen wäre. Es könne dahingestellt bleiben, ob der von der Beklagten angenommene Wert des Zweifamilienhauses mit 170.000,- € nach Teilung der Immobilie in zwei Wohnungen nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) noch korrekt bemessen sei, denn angesichts des enormen Unterschieds zwischen zu berücksichtigendem Vermögen von 76.642,47 € und dem Freibetrag von 9.000,- € ergebe sich kein so exorbitanter Wertverlust des Anwesens, dass nicht von einer fehlenden Bedürftigkeit nur für knapp sechs Wochen ausgegangen werden könne.

Gegen das ihm am 26.8.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.9.2004 (Montag) Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz eingelegt.

Er trägt vor, es sei unzumutbar, wegen einer gerade einmal für die Dauer von sechs Wochen anhaltenden Bedürftigkeit sein Hausgrundstück bzw. Teile hiervon zu verwerten. Eine derartige Verwertung stehe völlig außer Verhältnis zu dem Bedarf, den er für den streitgegenständlichen Zeitraum habe. Insbesondere würde er gezwungen, für eine solch kurzfristig zu überbrückende Zeit seine Alterssicherung, zu welcher die vermietete Wohnung gedacht sei, zu verlieren. Soweit das SG ihm die Bildung von Wohnungseigentum zumute, werde verkannt, dass hierzu erhebliche finanzielle Aufwendungen getätigt werden müssten, um Wohnungseigentum im Sinne des WEG zu bilden. Über solche finanzielle Mittel verfüge er aber gerade nicht. Eine Abgeschlossenheitsbescheinigung liege im Übrigen auch nicht vor.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 12.7.2004 - S 4 AL 344/03 - sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.2.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.4.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 12.1.2003 bis zum 6.3.2003 Arbeitslosenhilfe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, der Begriff des verwertbaren Vermögens im Sinne der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) 2002 habe keine Beimengung von "Zumutbarkeit" mehr. Verwertbarkeit sei in wirtschaftlicher Hinsicht zu verstehen und müsse für den Einsatzpflichtigen sowohl rechtlich als auch tatsächlich gegeben sein. Eigentumsrechtlich abtrennbare Gebäudebestandteile könnten durch Verkauf und Beleihung verwertet werden. Dies sei bei einem Zweifamilienhaus in der Regel möglich. Stünden der Umwandlung einer vermieteten Wohnung im selbstgenutzten Haus in eine Eigentumswohnung allerdings Hindernisse tatsächlicher oder rechtlicher Art entgegen, so liege keine Verwertbarkeit des Vermögens vor. Dass eine Verwertun...

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