Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Genehmigung der vertragsärztlichen Tätigkeit an einem weiteren Ort
Orientierungssatz
1. § 24 Abs. 3 S. 1 Ärzte-ZV eröffnet mit Wirkung vom 1. 1. 2007 jedem zugelassenen Vertragsarzt die Möglichkeit, vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb seines Vertragsarztsitzes an weiteren Orten auszuüben, wenn die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird.
2. Der Betrieb einer Zweigpraxis zur ausschließlichen oder überwiegenden Erbringung von Leistungen aus einem Leistungsbereich ist nicht genehmigungsfähig. Am Vertragsarztsitz eines Medizinischen Versorgungszentrums müssen alle Leistungen angeboten werden, um fachübergreifend tätig zu werden.
3. Für die Präsenzpflicht bei einem Medizinischen Versorgungszentrum gilt die Maßgabe, dass die Mindestzeit für den Versorgungsauftrag des Medizinischen Versorgungszentrums insgesamt unabhängig von der Zahl der beschäftigten Ärzte anzuwenden sind. Es genügt hierbei, dass ein Arzt des Medizinischen Versorgungszentrums die Mindestpräsenz von 20 Wochenstunden gewährleistet.
Tenor
1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig die Tätigkeit in dem Fachgebiet Gynäkologie an einem weiteren Ort in der C-Straße in C-Stadt, längstens bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des Hauptsacheverfahrens (Az.: L 4 KA 68/08 / L 4 KA 93/08) in einem Umfang von 18 Wochenstunden zu gestatten.
2. Der Antragstellerin wird aufgegeben, an ihrem Vertragsarztsitz in A-Stadt, A-Straße, in dem Fachgebiet Gynäkologie in einem Umfang von 20 Wochenstunden tätig zu sein.
3. Der Antragstellerin wird weiter aufgegeben, ein Tagebuch unter Angabe der jeweiligen täglichen Arbeitszeiten über die Verteilung der gynäkologischen Tätigkeit am Vertragsarztsitz in A-Stadt (A-Straße) und dem weiteren Ort in C-Stadt (C-Straße) und unter Angabe der jeweils behandelten Versicherten zu führen und dieses Tagebuch der Antragsgegnerin zum 5. des nachfolgenden Monats vorzulegen sowie bei der Erbringung und Abrechnung einer Leistung den jeweiligen Ort der Leistungserbringung mit einer Betriebsstättennummer zu kennzeichnen.
4. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen.
5. Die Antragstellerin hat ¾, die Antragsgegnerin hat ¼ der Kosten des Verfahrens zu tragen.
6. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens um die vorläufige Genehmigung der vertragsärztlichen Tätigkeit auf gynäkologischem Fachgebiet an einem weiteren Ort.
Die Antragstellerin ist als Medizinisches Versorgungszentrum mit Praxissitz in der A Straße, A-Stadt zu vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und beschäftigte zunächst je einen Facharzt für Nuklearmedizin und für Radiologie. Die Antragstellerin erwarb im Jahr 2006 die gynäkologische Praxis des Frauenarztes H. Mit Beschluss vom 30. Januar 2007 (Blatt 21 der Verwaltungsakte) gab der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen dem Antrag der Antragstellerin auf Übernahme des ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes des Frauenarztes H., C-Straße, C-Stadt gemäß § 103 Abs. 4a SGB V statt. Gleichzeitig stellte der Zulassungsausschuss fest, dass die vertragsärztliche Tätigkeit durch die ab 1. Februar 2007 in Vollzeit bei der Antragstellerin mit einer wöchentlichen Regelarbeitszeit von 38 Stunden angestellte Frauenärztin W. weitergeführt wird.
Die Antragstellerin beantragte mit Schreiben vom 6. März 2007 die Genehmigung der vertragsärztlichen Tätigkeit an einem weiteren Ort mit den Fachgebieten Radiologie und Gynäkologie am Sitz der übernommenen gynäkologischen Praxis in A-Stadt (Blatt 23 der Verwaltungsakte). Mit Schreiben vom 23. März 2007 erweiterte die Antragstellerin ihren Antrag dahingehend, dass das Leistungsangebot am Standort A-Stadt auf gynäkologischem Fachgebiet auch ambulante Chemotherapie umfassen solle (Blatt 25 der Verwaltungsakte). Nach schriftlicher Befragung der in A-Stadt und D-Stadt ansässigen Gynäkologen lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Genehmigung einer Zweigpraxis für den Bereich Gynäkologie mit Bescheid vom 2. August 2007 ab, weil die Versorgung der Versicherten durch die von der Antragstellerin angebotenen Leistungen nicht im Sinne des § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, medizinische Versorgungszentren und Psychotherapeuten (Ärzte- ZV) verbessert werde (Blatt 39 der Verwaltungsakte). Nach Anhörung der im X-kreis ansässigen Radiologen lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Genehmigung einer Zweigpraxis auch für den Bereich Radiologie mit Bescheid vom 20. August 2007 mit identischer Begründung ab (Blatt 49 der Verwaltungsakte). Die Antragstellerin legte gegen die Bescheide mit Schreiben vom 17. August 2007 (Blatt 53 der Verwaltungsakte) und vom 27. August 2007 (Blatt 45 der ...