Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheit
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Angemessenheit der Höhe der Unterkunftskosten (Bestätigung und Fortführung von LSG Darmstadt vom 13.12.2005 - L 9 AS 48/05 ER und vom 8.3.2006 - L 9 AS 59/05 ER).
2. Die den angemessenen Umfang übersteigenden Aufwendungen für die Unterkunft sind nicht nach § 22 Abs 1 S 2 SGB 2 für eine Übergangszeit zu übernehmen, wenn der Hilfebedürftige vor In-Kraft-Treten des SGB 2 einen Anspruch nur auf Bewilligung der angemessenen Unterkunftskosten nach sozialhilferechtlichen Vorschriften hatte (entgegen LSG Schleswig, Beschluss vom 25.5.2005 - L 6 B 52/05 AS ER = FEVS 57, 102).
3. Die Höhe der laufenden Kosten für die Heizung ergibt sich entweder aus dem Mietvertrag oder aus den Vorauszahlungsfestsetzungen der Energieversorgungsunternehmen, für die eine Vermutung der Angemessenheit spricht, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte für ein unwirtschaftliches und damit unangemessenes Heizverhalten vorliegen (vgl LSG Celle-Bremen vom 15.12.2005 - L 8 AS 427/05 ER, LSG Essen vom 1.8.2005 - L 19 B 68/05 AS ER, LSG Erfurt vom 7.7.2005 - L 7 AS 334/05 ER). Quadratmeterbezogene Richtwerte können nur einen Anhaltspunkt für die Angemessenheit der Heizkosten bilden, der nach Maßgabe der Besonderheiten des Einzelfalls anzupassen ist.
4. Hat der Hilfeempfänger nur einen Anspruch auf Bewilligung der angemessenen Unterkunftskosten, besteht ein Anspruch auf Heizkosten nur anteilig im Verhältnis der angemessenen zu der tatsächlichen Wohnfläche.
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 22. November 2005 aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Antragsteller begehren von der Antragsgegnerin die Bewilligung von Unterkunfts- und Heizkosten in tatsächlicher Höhe.
Am 28. August 2004 schlossen die Antragsteller zu 1. und 2. einen Mietvertrag für eine 132 qm große, 1994 bezugsfertig gewordene Wohnung in R. Das Mietverhältnis begann am 1. Dezember 2004. Die Kaltmiete beträgt nach der vorgelegten Mietbescheinigung ab 1. Dezember 2004 387 EUR zuzüglich Betriebskosten in Höhe von 55 EUR, insgesamt 442 EUR. Für Heizkosten (Ölheizung) haben die Antragsteller 140 EUR monatlich an Vorauszahlungen zu leisten. Vor Abschluss des Mietvertrages haben die Antragsteller die Zustimmung des Sozialhilfeträgers zur Übernahme der Unterkunftskosten nicht eingeholt. Der für Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) damals zuständige Landkreis K. hat am 15. November 2004 Unterkunftskosten einschließlich Nebenkosten in Höhe von 400 EUR als angemessen erachtet und daher die Wohnung der Antragsteller als sozialhilferechtlich unangemessen eingestuft. Dementsprechend bewilligte der Landkreis K. den Antragstellern ab Dezember 2004 Leistungen nach dem BSHG, wobei er Unterkunftskosten auf der Grundlage des § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) in Höhe von 400 EUR und Heizkosten in Höhe von 58,50 EUR (für eine angemessene Wohnfläche von 90 qm x 0,65 EUR /m²) berücksichtigte. Gegen den Bescheid erhoben die Antragsteller Widerspruch, den der Landkreis K. zurückwies. Über die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Kassel bisher nicht entschieden.
Seit 1. Januar 2005 beziehen die Antragsteller Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Mit Bescheid vom 20. Dezember 2004 bewilligte die Antragsgegnerin für die Zeit bis zum 30. Juni 2005 Unterkunftskosten in Höhe von 400 EUR sowie Heizkosten in Höhe von 58,50 EUR monatlich. Den gegen den Bescheid erhobenen Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2005 zurück.
Mit Schriftsatz vom 2. März 2005, beim Sozialgericht Kassel eingegangen am 4. März 2005, haben die Antragsteller Klage erhoben und gleichzeitig um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. In dem Klageverfahren S 21 AS 40/05 hat das Sozialgericht bisher keine Entscheidung getroffen. Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehren die Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 442 EUR und Heizkosten in Höhe von 140 EUR monatlich. Das Sozialgericht hat die Antragsgegnerin auf das Erfordernis der Berechnung der Heizkosten nach den konkreten Umständen des Einzelfalls hingewiesen. Die von der Antragsgegnerin daraufhin durchgeführte Inaugenscheinnahme der Wohnung der Antragsteller im Mai 2005 hat ergeben, dass die Wohnung der Antragsteller einfach verglast sei, zahlreiche Außenwände enthalte und sich unter der Wohnung eine nur wenig beheizte Werkstatt befinde. Die Antragsgegnerin gestand den Antragstellern daraufhin Heizkosten in Höhe von 95,40 EUR für die Zeit vom 1. Januar bis zum 15. Oktober 2005 zu. Dementsprechend bewilligte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 13. Juli 2005 Heizkosten in Höhe von monatlich 95,40 EUR für die Monate Juli bis einschließl...