Entscheidungsstichwort (Thema)

Sanktion des Grundsicherungsberechtigten wegen Nichtantritts einer zumutbaren Eingliederungsmaßnahme in Arbeit

 

Orientierungssatz

1. Nach § 31 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 31a Abs. 1 SGB 2 mindert sich das Arbeitslosengeld 2, wenn der Berechtigte u. a. nach Zuweisung einer Eingliederungsmaßnahme trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht angetreten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben.

2. Eine von dem Sanktionierten geltend gemachte Selbständigkeit ist nicht als wichtiger Grund anzuerkennen, wenn hieraus Einnahmen nicht erzielt werden und der Betreffende infolgedessen auf die Unterstützung durch den Grundsicherungsträger angewiesen ist.

3. Voraussetzung der Sanktion ist u. a., dass es sich um eine nach Eignung des Betroffenen und Auswahl der festgelegten Eingliederungsmaßnahme zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit handelt.

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 21. April 2016 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Beteiligen streiten um den Eintritt einer Sanktion nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom 1. Januar bis 31. März 2014 in Höhe von 100 %.

Die 1953 geborene Klägerin steht seit 2008 bei dem Beklagten im Leistungsbezug nach dem SGB II.

Mit Bescheid vom 20. Dezember 2012 (Bl. 837 der Verwaltungsakte) minderte der Beklagte das Arbeitslosengeld II der Klägerin um 30 % des Regelbedarfs für den Zeitraum 1. Januar bis 31. März 2013 wegen des Nichtantritts einer zugewiesenen Arbeitsgelegenheit ab 5. November 2012. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 21. Dezember 2012 (Bl. 839 der Verwaltungsakte) Widerspruch ein. Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2013 (Bl. 1063 der Verwaltungsakte) als unbegründet zurück. Nach Angaben des Beklagten (Bl. 130 der Gerichtsakte) erhob die Klägerin gegen diesen Bescheid keine Klage.

Mit Bescheid von 22. Mai 2013 (Bl. 968 der Verwaltungsakte) minderte der Beklagte das Arbeitslosengeld II der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Juni 2013 bis 31. August 2013 um monatlich 229,20 € (60 % des Regelbedarfs), wegen der Nichtvorlage von sechs schriftlichen Bewerbungen pro Monat. Mit Schreiben vom 19. Juni 2013 (Bl. 1013 der Verwaltungsakte) legte die Klägerin gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2013 (Bl. 16 der Gerichtsakte) als unbegründet zurück. Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 21. April 2016 (Az. S 26 AS 1194/13) ab. Die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Senat mit Beschluss vom 25. November 2016 (Az. L 7 AS 446/16 NZB) zurückgewiesen.

Mit Bescheid vom 22. Juli 2013 (Bl. 1036 der Verwaltungsakte) minderte der Beklagte das Arbeitslosengeld II der Klägerin im Zeitraum vom 1. August bis 31. Oktober 2013 vollständig, da die Klägerin der Zuweisung einer Eingliederungsmaßnahme ("C.") ab 1. Juli 2013 nicht Folge geleistet hatte. Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 20. August 2013 Widerspruch (Bl. 594 der Verwaltungsakt FM) ein. Diesen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. September 2013 (Bl. 648 der Verwaltungsakte FM) als unbegründet zurück. Nach Angaben des Beklagten (Bl. 130 der Gerichtsakte) erhob die Klägerin gegen diesen Bescheid keine Klage.

Mit Schreiben vom 15. November 2013 (Bl. 655 der Verwaltungsakte FM) wies der Beklagte die Klägerin der Qualifizierungs- bzw. Eingliederungsmaßnahme "C." ab 25. November 2013 bis 24. Mai 2014 jeweils von 8:30 Uhr bis 15:00 Uhr zu. Dort war angegeben, dass die Klägerin die für sie notwendigen Fahrtkosten beim Beklagten beantragen könne. Wenn die Klägerin aufgrund von Krankheit die Maßnahme nicht pünktlich antreten könne, müsse diese am ersten Werktag der Gesundung angetreten werden. Das Schreiben enthielt auch eine Belehrung über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung. Mit Schreiben vom 22. November 2013 (Bl. 663 der Verwaltungsakte FM) legte die Klägerin gegen diese Zuweisung Widerspruch ein. Ein Widerspruchsbescheid erging nicht.

Mit Schreiben vom 28. November 2013 (Bl. 664 der Verwaltungsakte FM) hörte der Beklagte die Klägerin zum Eintritt einer möglichen Sanktion an, nachdem die Klägerin die Eingliederungsmaßnahme nicht aufgenommen hatte. Mit Bescheid vom 17. Dezember 2013 (Bl. 1287 der Verwaltungsakte) minderte der Beklagte sodann das gewährte Arbeitslosengeld II der Klägerin im Zeitraum 1. Januar 2014 bis 31. März 2014 vollständig. Zur Begründung führte er an, dass die Klägerin die Eingliederungsmaßnahme unentschuldigt nicht angetreten habe. Da die Klägerin im vergangenen Jahr bereits mit 60 % gemindert worden sei, komme nunmehr eine Sanktion in Höhe von 100 % zum Tragen. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom ...

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