Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen. keine aufschiebende Wirkung der Prüfbescheide auch bei inzidenter Statusfeststellung seitens des Rentenversicherungsträgers. keine Anwendung von § 7a Abs 7 S 1 SGB 4 auf Prüfbescheide. Beschäftigungsverhältnis. Versicherungspflicht. Zahlungsanspruch. Gutgläubigkeit. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Bescheide nach § 28p Abs 1 S 5 SGB 4 gehören auch dann zu den von § 86a Abs 2 Nr 1 SGG erfassten, sofort vollziehbaren Anforderungsbescheiden, wenn der Träger der Rentenversicherung inzident über den Status von Beschäftigten entschieden hat.
2. § 7a Abs 7 S 1 SGB 4 ist auf Bescheide nach § 28p Abs 1 S 5 SGB 4 nicht anwendbar.
Normenkette
SGB IV § 7a Abs. 6 S. 2, Abs. 7 S. 1, § 28p Abs. 1 S. 5; SGG § 86a Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 2, § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Fulda vom 3. Juni 2013 aufgehoben und der Antrag der Antragstellerin auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 7. März 2013 abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 4.263,66 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die Nachforderungen von Sozialversicherungsbeiträgen. Streitig ist, ob der Widerspruch der Antragstellerin gegen einen nach Betriebsprüfung ergangenen Beitragsbescheid aufschiebende Wirkung entfaltet.
Die Antragstellerin ist Inhaberin eines Beherbergungs- und Gastronomiebetriebs für Autoreisende (Motel). Zur Reinigung war u.a. Frau C. eingesetzt; in der Küche war Herr D. beratend tätig; beide Auftragnehmer waren nicht als sozialversicherungspflichtig gemeldet.
Das Finanzamt Hersfeld-Rotenburg führte im Frühjahr 2012 bei der Antragstellerin eine Lohnsteueraußenprüfung durch und übermittelte der Antragsgegnerin nach den Vorgaben des Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetzes verschiedene Unterlagen wie z.B. Dienstpläne und Rechnungen betr. Frau C. und Herrn D.. Die Antragsgegnerin führte daraufhin in der Zeit vom 22. bis 25. Mai 2012 eine Betriebsprüfung für den Zeitraum 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 durch. Nach Anhörung mit Schreiben vom 19. November 2012 forderte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 7. März 2013 Gesamtsozialversicherungsbeiträge sowie die Umlage U 2 für die Beschäftigten C. und D. in Höhe von 17.054,65 € nach. In der Begründung führte sie aus, dass sowohl Herr D. als auch Frau C. abhängig beschäftigt seien; beide seien im Hinblick auf Arbeitszeit und Arbeitsort in den Betrieb der Antragstellerin eingegliedert und hätten deren Weisungen unterlegen. Auch die vereinbarte Stundenvergütung sowie ein fehlendes wirtschaftliches Risiko sprächen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung.
Die Antragstellerin widersprach dem Bescheid mit Schreiben vom 8. April 2013 und beantragte Aussetzung der Vollziehung. Sie vertrat die Auffassung, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung entfalte. Gemäß § 7a Abs. 7 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) hätten Klage und Widerspruch gegen Statusentscheidungen aufschiebende Wirkung. Dies gelte jedoch nicht nur für Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 SGB IV, sondern auch für Beitragsbescheide nach § 28p SGB IV, wie durch verschiedene Landessozialgerichte bestätigt worden sei (Landessozialgericht ≪LSG≫ Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. November 2012, L 1 R 304/11 B ER; Sozialgericht -SG- Landshut, Beschluss vom 25. Mai 2010, S 7 R 5024/10 ER; LSG Rheinland-Pfalz vom 21. September 2009, L 4 R 196/09 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen vom 7. Juli 2008, L 16 B 30/08 KR ER; Hessisches LSG, Beschluss vom 12. Januar 2005, L 8/14 KR 110/04 ER; LSG Hamburg, Beschluss vom 25. Oktober 2000, L 1 B 80/00 ER). Dem angefochtenen Bescheid lägen auch Statusentscheidungen zugrunde.
Die Antragsgegnerin lehnte mit Schreiben vom 16. April 2013 die Aussetzung der Vollziehung ab und vertrat in einem nachfolgenden Schreiben vom 6. Mai 2013 unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 11. Mai 2010, L 11 R 1125/10 ER-B) die Auffassung, dass die Vorschrift des § 7a Abs. 7 SGB IV nur auf Statusentscheidungen gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 SGB IV Anwendung finde.
Am 15. Mai 2013 hat die Antragstellerin bei dem Sozialgericht Fulda beantragt festzustellen, dass der Widerspruch der Antragstellerin vom 8. April 2013 gegen den Bescheid vom 7. März 2013 aufschiebende Wirkung entfaltet. Nach der Gesetzesbegründung zu § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV gelte die Vorschrift nicht nur für Statusentscheidungen der Rentenversicherung Bund, sondern auch für Statusentscheidungen der übrigen Sozialversicherungsträger außerhalb des Antragsverfahrens. Entsprechend sei auch in der Rechtsprechung die Anwendbarkeit des § 7a Abs. 7 SGB IV bei Betriebsprüfungen bejaht worden. Eine teleologische Reduzierung des Gesetzeswortlautes - ...