Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeitsprüfung. Vermögensverwertung. vermietete Eigentumswohnung. Kapitallebensversicherung. private Rentenversicherung

 

Orientierungssatz

1. Die Veräußerung einer vermieteten Eigentumswohnung ist nicht schon deshalb unzumutbar, weil die Erwerbs- und Renovierungskosten wesentlich höher sind, als ein zu erzielender Verkaufserlös.

2. Zur Verwertbarkeit von kapitalbildenden Lebensversicherungen und privaten Rentenversicherungen, soweit diese teilweise nicht verfügbar oder nur zu ungünstigen Bedingungen verfügbar sind.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.05.2005; Aktenzeichen B 7a/7 AL 84/04 R)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichtes Marburg vom 10. Juni 2003 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Es geht in dem Rechtsstreit um einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab 28. Februar 2002 und dabei insbesondere um die Frage der Bedürftigkeit bei vorhandenem Vermögen.

Der ... 1945 geborene Kläger bezog bis zur Anspruchserschöpfung am 27. Februar 2001 Arbeitslosengeld in Höhe von DM 726,11 wöchentlich (Bemessungsentgelt DM 1.920,-, Leistungsgruppe C bei Lohnsteuerklasse 3, Kindermerkmal 0). Im Anschluss bezog der Kläger Arbeitslosenhilfe in Höhe von wöchentlich DM 593,39 (Bemessungsentgelt DM 1.750, Leistungsgruppe C, Kindermerkmal 0), zunächst unter Berücksichtigung eines Anrechnungsbetrages in Höhe von DM 14,84 wöchentlich, ab 1. September 2001 ungeschmälert. Unter Berücksichtigung der Leistungsverordnung 2002 gewährte die Beklagte ab 1. Januar 2002 bis zum Ende des Bewilligungsabschnittes am 27. Februar 2002 Arbeitslosenhilfe in Höhe von Euro 303,45 (Bemessungsentgelt Euro 895,-, Leistungsgruppe C, Kindermerkmal 0).

Am 1. Februar 2002 beantragte der Kläger die Fortzahlung von Arbeitslosenhilfe und legte u.a. eine Verdienstbescheinigung seiner ... 1950 geborenen Ehefrau H R vor. Danach erzielte sie in den Monaten November/Dezember 2001 ein monatliches Nettoarbeitsentgelt in Höhe von DM 1.930,86 und im Januar 2002 in Höhe von Euro 982,45. Als absetzbare Versicherungsbeiträge gab sie als Summe einer Aufstellung der Einzelverträge einen monatlichen Betrag in Höhe von DM 466,20 an. Die Ehefrau des Klägers ist Eigentümerin zweier Wohnungen in einem Drei-Familien-Haus. Die Erdgeschosswohnung mit ca. 100 m² bewohnen der Kläger und seine Ehefrau, während die Wohnung im ersten Stock (ca. 75 m²) vermietet wird. Die Dachgeschosswohnung gehört einem Dritten.

Eine vom Kläger vorgelegte Aufstellung über Versicherungen enthielt u.a. folgende Angaben:

Versicherte Person

Art der Versicherung

Rückkaufswert

fällig am

J, H   

Lebensversicherung

39.914,72

1.7.08

J, H   

Lebensversicherung

31.131,43

1.12.05

J, H   

Lebensversicherung

1.568,45

1.12.09

R, H   

Lebensversicherung

1.360,-

1.8.10

R, H   

Rentenversicherung

11.705,10

1.7.15

R, H   

Rentenversicherung

11.269,54

1.7.15

Eine Aufstellung der Konten enthielt u.a. folgende Angaben (Beträge in DM):

Inhaber/in

Art des Kontos

Stand 31.12.2001

ggf.fällig

J, H   

Girokonto

1.967,74

R, H   

Girokonto

2.026,76

R, H   

Bau-Cashkonto

12.695,44

J H     

Sparkonto

3.646,86

R, H   

Sparkonto

2.770,48

R, H   

Sparkonto

30,56 

R, H   

VL-Sparkonto

1.614,29

1.1.04

R, H   

VL-Investmentkonto

799,99

1.1.07

J, H   

Sparkonto

380,58

J, H   

Fonds-Sparkonto

6.289,42

R, H   

Bausparkonto

39.565,93

R, H   

Darlehenskonto

119.310,46

19.10.08

R, H   

Darlehenskonto

48.879,16

1.3.09

Ferner legte der Kläger eine Nebenkostenaufstellung vor, sowie eine Aufstellung über eine offene Handwerkerrechnung und vorgesehene Arbeiten im Haus und im Garten (Anteil Kläger und Ehefrau in Höhe von DM 17.677,97). Konkrete Angebote hinsichtlich der geplanten Handwerksarbeiten lagen jedoch nicht vor.

Mit Bescheid vom 6. März 2002 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit der Begründung der fehlenden Bedürftigkeit ab. Der Kläger verfüge über ein Vermögen in Höhe von Euro 122.573,70, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages für den Kläger in Höhe von Euro 29.120,- und seiner Ehefrau in Höhe von Euro 26.520,- verbleibe ein zu berücksichtigender Betrag in Höhe von Euro 66.933,70.

Hiergegen hat der Kläger am 27. März 2002 Widerspruch eingelegt und u.a. vorgetragen, die für beide Eheleute zu erwartende gesetzliche Altersrente sei unter Berücksichtigung der derzeitigen Lebensverhältnisse nicht angemessen und bedürfe der Aufstockung. Deshalb seien auch beide Eigentumswohnungen notwendige Grundlage der Altersversicherung. Die selbst bewohnte Eigentumswohnung unterfalle ohnehin dem Schutz des § 6 Abs. 3 Ziffer 7 Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiVO). Mit dem Mietzins aus der zweiten Wohnung werde der Zinsdienst und der Abtrag finanziert. Werde die eine Wohnung veräußert, sei die andere auch nicht mehr zu halten. Im Übrigen sei Verwertung der Immobilie schon deshalb unzumutbar, weil der Erwerbsaufwand (Kau...

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