Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen für eine Erstausstattung der Wohnung nach dem SGB 2 durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Nicht von der Regelleistung erfasst sind Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung. Die Erstausstattung ist abzugrenzen vom Erhaltungs- und Ergänzungsbedarf, der durch die Regelleistung abgegolten ist.
2. Die Notwendigkeit der Erstausstattung ist bereits dann zu bejahen, wenn der Hilfesuchende, aus welchen Gründen auch immer, über keine entsprechenden Gegenstände verfügt.
3. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist die Glaubhaftmachung einer dringlichen Notlage erforderlich. Der erforderliche Anordnungsgrund ist bei einer Gefährdung der Existenz oder erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen zu bejahen.
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 16. Oktober 2006 wird aufgehoben. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller den mit Bescheid vom 16. Juni 2006 bewilligten Darlehensbetrag in Höhe von 1.378,84 EUR zu gewähren und die Tilgung des Darlehens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Frage des Bestehens des Rückzahlungsanspruchs auszusetzen.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller seine notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Gründe
I .
Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin Leistungen für eine Wohnungserstausstattung.
Mit Schreiben vom 8. Juni 2006 beantragte der Antragsteller u. a. eine einmalige Beihilfe zur Erstausstattung seiner zum 1. Juni 2006 angemieteten Wohnung. Mit Bescheid vom 16. Juni 2006 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller nach § 23 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ein Darlehen in Höhe von 1.378,84 EUR zur Beschaffung von Mobiliar und Hausrat, davon als Sachleistung für einen Elektroherd 157,02 EUR und für einen Kühlschrank 134,27 EUR. Für die Beihilfen zur Anschaffung eines Elektroherdes und eines Kühlschrankes erfolgten weitere Bewilligungsbescheide vom 19. Juni 2006. Der in den Verwaltungsvorgängen der Antragsgegnerin enthaltene Entwurf eines Darlehensvertrages sieht eine Tilgung des Darlehens in monatlichen Raten in Höhe von 80,00 EUR vor.
Mit Schreiben vom 23. Juni 2006 legte der Antragsteller Widerspruch gegen die Bewilligung der Leistungen als Darlehen und gegen die angekündigte Aufrechnung ein. Er habe seine frühere Wohnung im Jahre 2002 gekündigt; die Wohnungseinrichtung habe er teilweise entsorgt bzw. verschenkt. Fotos, CD___AMPX_’_SEMIKOLONX___X s, Bücher und Unterlagen stünden bis heute in Kartons in den Kellern zweier Freundinnen. Er besitze weder Mobiliar noch Hausrat, lediglich persönliche Habseligkeiten. Seit 2002 sei er obdachlos, d.h. er habe keine eigene Wohnung und finde immer wieder Unterschlupf bei Freunden.
Der Antragsteller hat am 23. August 2006 beim Sozialgericht Wiesbaden um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Die beantragten Gegenstände seien im Rahmen einer Erstausstattung als Beihilfe und nicht als Darlehen zu gewähren. Eine Aufrechnung dürfe nicht erfolgen.
Die Antragsgegnerin ist dem Begehren des Antragstellers entgegengetreten. Sie hält den Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses für unzulässig, da der Antragsteller die Möglichkeit habe, die Auszahlung des bewilligten Betrages zu erreichen, indem er den Darlehensvertrag unterschreibe. Die Frage, ob eine Beihilfe oder ein Darlehen zu gewähren sei, könne im Hauptsacheverfahren geklärt werden.
Mit Beschluss vom 16. Oktober 2006 lehnte das Sozialgericht Wiesbaden den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes ab. Der Antragsteller könne ohne gerichtlichen Schutz Leistungen für eine Wohnungserstausstattung erhalten. Ihm sei mit Bescheid vom 16. Juni 2006 ein Darlehen zur Anschaffung von Mobiliar und Haushaltsgeräten gewährt worden. Der Streit um die Frage, ob ihm die Leistung als Darlehen oder Beilhilfe zu gewähren sei, rechtfertige nicht den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Diese Frage könne im Hauptsacheverfahren geklärt werden.
Gegen den am 20. Oktober 2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 21. Oktober 2006 beim Sozialgericht Wiesbaden Beschwerde erhoben. Die Entscheidung des Sozialgerichts sei unverständlich, da dem Antragsteller nicht zugemutet werden könne, einen Darlehensvertrag zu unterschreiben, wenn er der (richtigen) Überzeugung sei, dass ihm eine Beihilfe zustehe.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 16. Oktober 2006 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den mit Bescheid vom 16. Juni 2006 bewilligten Darlehensbetrag in Höhe von 1.378,84 EUR auszuzahlen und die Tilgung des Darlehens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Frage des Bestehens des Rückzahlungsanspruchs auszusetzen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Es fehle bereits an einem Anordnungsgrund. Dieser ergebe sich auch nicht aus der Beschwerdebegründung. Die Behau...