Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlängerung der Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Gilt keiner der Ausnahmetatbestände des § 95 Abs. 7 SGB 5, so endet die Zulassung zur Kassenzahnärztlichen Vereinigung am Ende des Kalendervierteljahres nach Vollendung des 68. Lebensjahres.
2. Die Regelung des § 95 Abs. 7 S. 3 SGB 5 über die Altersgrenze verletzt weder Art. 12 Abs. 1 GG noch sonstiges Verfassungsrecht. Dem Gesetzgeber ist es gestattet, eine generalisierende Altersgrenze für Vertragsärzte vorzuschreiben. Eine individuelle Prüfung der Leistungsfähigkeit ist verfassungsrechtlich nicht erforderlich.
3. Eine Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit ist aus Gründen des Schutzes der Gesundheit der Versicherten vor Gefährdungen, die von älteren, nicht mehr voll leistungsfähigen Ärzten für ihre Patienten ausgehen könnten, gerechtfertigt. Die Altersgrenze dient auch in verfassungsrechtlich zulässiger Weise der Wahrung der Berufszugangschancen für jüngere an der Zulassung interessierte Ärzte. Die Regelung ist mit europäischem Recht vereinbar.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Marburg vom 14. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten auch des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 103.000.- € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Verlängerung der Zulassung des Antragstellers zur vertragszahnärztlichen Versorgung für die Zeit über den 30. Juni 2008 hinaus.
Der 1940 geborene Antragsteller ist nach Zulassung zur kassen- bzw. vertragszahnärztlichen Versorgung am 11. März 1981 seit dem 4. Mai 1981 mit Praxissitz in A-Stadt niedergelassen. Mit Schreiben vom 28. Januar 2008 beantragte er sinngemäß die Verlängerung seiner vertragszahnärztlichen Zulassung über den 30. Juni 2008 hinaus.
Mit Beschluss vom 5. März 2008 lehnte der Zulassungsausschuss den Antrag auf Verlängerung der Zulassung über den 30. Juni 2008 hinaus ab. Da das Gesetz bei einer mehr als 20-jährigen vertragszahnärztlichen Tätigkeit keine Ausnahme- oder Härtefallregelung vorsehe, habe dem Antrag nicht entsprochen werden können. Hiergegen erhob der Antragsteller am 17. März 2008 Widerspruch und trug vor, dass die Weitergeltung der Regelung des § 95 Abs. 7 Satz 3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch SGB V - für den vertragszahnärztlichen Bereich nicht mehr gerechtfertigt sei. Sie sei mittlerweile unverhältnismäßig und verfassungswidrig, nachdem bei den Vertragszahnärzten auf eine Steuerung der Zulassungsbeschränkungen verzichtet werden könne.
Am 9. Mai 2008 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Marburg (SG) beantragt, die Antragsgegnerin zu 1. im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, seine Zulassung als Vertragszahnarzt über den 30. Juni 2008 hinaus zu verlängern. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die gesetzliche Regelung zur Altersgrenze eine sachlich nicht gerechtfertigte Einschränkung der Berufswahlfreiheit der betroffenen Vertragszahnärzte darstelle. Er sei sowohl körperlich als auch geistig in der Lage, seine Tätigkeit als Vertragszahnarzt weiterzuführen. Die Regelung des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V könne sowohl unter Berücksichtigung nationalen Rechts als auch des europäischen Gemeinschaftsrechts nicht aufrechterhalten werden. Insbesondere gebe es mit Wirkung zum 1. April 2007 keine Bedarfszulassung mehr mit der Folge, dass durch den Verbleib des Antragstellers im vertragszahnärztlichen System keine jungen Kollegen abgehalten würden, ihre Tätigkeit aufzunehmen. Über seinen Widerspruch sei zwar nach Mitteilung der Antragsgegnerin zu 1. am 9. April 2008 verhandelt worden, eine schriftliche Mitteilung über das Ergebnis der Sitzung habe er jedoch nicht erhalten. Im Hinblick auf die zu erwartende Verfahrensdauer bitte er um Erlass einer einstweiligen Anordnung, da er ansonsten erst nach Jahren wieder seine Zulassung bekäme und ihm im ordentlichen Verfahren ein nicht wieder gut zu machender Nachteil entstünde.
Mit Beschluss vom 14. Mai 2008 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 9. Mai 2008 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass der zulässige Antrag bereits deshalb unbegründet sei, weil die Antragsgegnerin zu 1. keinerlei Befugnisse habe, die vertragsärztliche Zulassung zu verlängern. Über das Ende der Zulassung oder eine Verlängerung würden die Zulassungsgremien entscheiden (s. §§ 95, 96 und 97 SGB V). Unabhängig davon bestehe auch kein Anordnungsanspruch, da der Antragsteller keinen Anspruch darauf habe, über den 30. Juni 2008 hinaus an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilzunehmen. Die Voraussetzungen für einen Verlängerungstatbestand lägen nicht vor. Die Altersgrenzenregelung nach § 95 Abs. 7 SGB V sei rechtmäßig. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) halte diese Altersgrenze als eine subjektive Zulassungsbeschränkung für verfassungsgemäß. Unter Bezugnahme seiner Rechtsprechung zu and...