Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert in vertragsärztlichen Honorarstreitigkeiten

 

Leitsatz (amtlich)

Der Streitwert einer Bescheidungsklage in der Wirtschaftlichkeitsprüfung im Vertragsarztrecht folgt in der Regel aus der Hälfte der Honorarkürzung oder des Regressbetrages, soweit nicht ausnahmsweise aus der Klagebegründung oder anderen konkreten Umständen im Einzelfall zu entnehmen ist, dass das wirtschaftliche Ziel der Klage auf die völlige Beseitigung der Belastung gerichtet oder eine genauere Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses des Klägers am Ausgang des Verfahrens möglich ist. In der Regel bestehen in diesen Fällen noch "genügende Anhaltspunkte" für die Bestimmung des Streitwertes nach § 52 Abs 1 GKG, weshalb der Auffangstreitwert von 5.000,00 nach § 52 Abs 2 GKG regelmäßig nicht herangezogen werden muss (in Abgrenzung zu BSG, Urteil vom 23.2.2005 - B 6 KA 72/03 R = SozR 4-2500 § 106 Nr 8 und LSG Essen, Beschluss vom 17.4.2002 - L 10 B 5/02 KA).

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. März 2007 aufgehoben und der Streitwert auf 60.203,14 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

In der Hauptsache stritten die Beteiligten vor dem Sozialgericht (SG) Frankfurt am Main um die Rechtmäßigkeit von Arzneikostenregressen in Höhe von insgesamt 120.406,27 €, die der Beklagte gegenüber dem Kläger festgesetzt hatte.

Die am 25. Juli 2003 erhobene Klage, mit der der Kläger nicht nur die Aufhebung des belastenden Beschlusses des Beklagten sondern auch die Neubescheidung seines Widerspruchs beantragte, war damit begründet worden, der Beklagte habe Praxisbesonderheiten nicht genügend berücksichtigt.

Mit rechtskräftigem Urteil vom 9. November 2005 hat das SG die Klage als unbegründet abgewiesen und mit Beschluss vom 27. März 2007 den Streitwert auf 120.406,27 € festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, trotz des aus prozessualen Gründen zweckmäßigen Bescheidungsantrags sei in Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung das wirtschaftliche Interesse des Vertragsarztes regelmäßig auf die völlige Beseitigung der "Honorarkürzungen" gerichtet, weshalb der Streitwert auch bei einem Bescheidungsantrag den vollen Kürzungsbetrag umfasse. Hierbei hat sich das SG insbesondere auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. Februar 2005 (B 6 KA 72/03 R) und den "Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit 2006" (NZS 2006, S. 350 ff., 356) bezogen.

Gegen den ihm am 30. März 2007 zugestellten Beschluss hat der Beklagte am 27. April 2007 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat.

Er ist der Auffassung, nach ständiger Rechtsprechung des Hessischen Landessozialgerichts sei bei einer auf Neubescheidung gerichteten Klage im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei der Bemessung des Streitwertes nur von der Hälfte der festgesetzten Honorarkürzungen bzw. des festgesetzten Regresses auszugehen. Hiervon abzuweichen bestehe im vorliegenden Einzelfall keine Veranlassung.

Der Kläger tritt dem entgegen. Er ist der Auffassung, bei Bestimmung des Streitwertes sei von dem Betrag auszugehen, mit dem der Kläger durch den angefochtenen Beschluss des Beklagten belastet werde. Eine reine Anfechtungsklage sei mit dem Risiko einer teilweisen Klageabweisung verbunden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, die Gegenstand der Beratung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache begründet.

Der angegriffene Beschluss des SG Frankfurt am Main vom 27. März 2007 war aufzuheben und der Streitwert für das Klageverfahren wie geschehen mit der Hälfte der streitgegenständlichen Regressforderung des Beklagten festzusetzen.

Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht im vorliegenden Falle auf § 197a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 63 Abs. 2 S. 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Danach ist unter anderem in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 GKG). Nur wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist ein Streitwert von 5.000,00 € anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG).

Entscheidender Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Streitwerts ist somit zunächst der Antrag des Klägers, der auch prozessual den Streitgegenstand bestimmt, und aus dem sich auch die Bedeutung der Sache für ihn ergibt. Hingegen ist es zunächst unerheblich, welche Forderung der Beklagte gegen den Kläger erhoben hat, sofern diese nicht durch den Klageantrag zum Streitgegenstand erhoben wurde. Vorliegend hat der Kläger den Beschluss des Beklagten nicht in vollem Umfang angefochten, sondern die Neubescheidung seiner Widersprüche beantragt und damit, wie in Fällen der W...

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