Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Anrechnung der im Widerspruchsverfahren entstandenen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr für ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren
Leitsatz (amtlich)
Eine Geschäftsgebühr, die ein Rechtsanwalt für die Vertretung im Widerspruchsverfahren erhalten hat, ist auf der Grundlage von Vorbemerkung 3 Abs 4 VV RVG hälftig auf die Verfahrensgebühr für ein in inhaltlichem Zusammenhang stehendes gerichtliches Eilverfahren anzurechnen.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 25. August 2015 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer begehrt eine höhere, aus der Staatskasse aufzubringende Vergütung für seine Tätigkeit als im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beigeordneter Rechtsanwalt im Verfahren S 24 AS 1065/14 ER vor dem Sozialgericht (SG) Darmstadt; konkret streitig ist die hälftige Anrechnung der Geschäftsgebühr, die er für die Vertretung des Antragstellers des Ausgangsverfahrens (auch) im Widerspruchsverfahren erhalten hat, auf die Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.
Im Ausgangsverfahren vor dem SG hatte der durch den Beschwerdeführer anwaltlich vertretene Antragsteller am 27. Oktober 2014 (Gerichtsakte des Ausgangsverfahrens - im Folgenden: GA-A - Bl. 1 ff.) einstweiligen Rechtsschutz wegen zweier Minderungsbescheide nach § 31 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - vom 24. September 2014 (GA-A Bl. 10 ff. und 16 f.) und des mit diesen korrespondierenden Bewilligungsbescheides vom 25. September 2014 (GA-A Bl. 18 ff.) gesucht. Unter gleichem Datum hatte er, ebenfalls vertreten durch den Beschwerdeführer, auch Widerspruch gegen die genannten Bescheide eingelegt (vgl. das Widerspruchsschreiben des Beschwerdeführers vom 27. Oktober 2014, GA-A Bl. 13 ff.). Durch Beschluss vom 6. November 2014 (GA-A Bl. 56 f.) bewilligte das SG dem Antragsteller des Ausgangsverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz selbst lehnte es, soweit der Antragsgegner des Ausgangsverfahrens der Beschwer nicht durch die Aufhebung des einen Sanktionsbescheides und die Anpassung der Bewilligung bereits abgeholfen hatte, mit Beschluss vom gleichen Tage ab (GA-A Bl. 58 ff.).
In seinem anschließend gestellten Antrag auf Festsetzung der PKH-Vergütung vom 17. Januar 2015 (GA-A Bl. 121) hat der Beschwerdeführer eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) in Höhe von 200,00 Euro, die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 Euro und die anfallende Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG, insgesamt eine Vergütung in Höhe von 261,80 Euro, geltend gemacht (GA-A Bl. 121).
Auf Anfrage der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Beschwerdeführer mitgeteilt, für das Widerspruchsverfahren sei Beratungshilfe gewährt worden, und zwar in Höhe einer Gebühr nach Nr. 2503 VV RVG in Höhe von 85,00 Euro. Der Antragsgegner des Ausgangsverfahrens hat auf Anfrage des SG in einem Schreiben vom 16. Februar 2015 (GA-A Bl. 86) unter Vorlage entsprechender Unterlagen ausgeführt, er habe dem Widerspruch gegen einen der beiden Minderungsbescheide durch Bescheid vom 30. Oktober 2014 abgeholfen und daraufhin Anwaltskosten in Höhe von 380,80 Euro - ausgehend von einer Geschäftsgebühr in Höhe von 300,00 Euro - erstattet. Den Widerspruch wegen des anderen Minderungsbescheides habe der Antragsteller des Ausgangsverfahrens zurückgenommen. Wegen des Widerspruchs in Bezug auf den Leistungsbescheid vom 25. September 2014 habe er, der Antragsgegner, eine Erstattung von Kosten des Vorverfahrens abgelehnt.
Am 2. März 2015 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG daraufhin die PKH-Vergütung auf 83,30 Euro festgesetzt, wobei sie im Ausgangspunkt die verlangte Verfahrensgebühr als angemessen angesehen hat. Sie hat jedoch die vom Antragsgegner des Ausgangsverfahrens gezahlte Geschäftsgebühr hälftig, also in Höhe von 150,00 Euro, gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG auf diese angerechnet.
Dagegen hat der Beschwerdeführer am 17. März 2015 Erinnerung eingelegt (Gerichtsakte zum Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren - im Folgenden: GA-B - Bl. 1 ff.), der die Urkundsbeamtin nicht abgeholfen hat (Verfügung vom 27. März 2015). Zur Begründung hat er ausgeführt, die teilweise Anrechnung der Geschäftsgebühr verbiete sich. Zum einen scheide die Anrechnung grundsätzlich schon deswegen aus, da ein Eilverfahren einen anderen Streitgegenstand habe als ein Widerspruchsverfahren. Zum anderen seien zwei verschiedene Sanktionsbescheide und damit zwei Streitgegenstände im Eilverfahren verbunden gewesen. Nur in einem der beiden Widerspruchsverfahren sei eine Geschäftsgebühr erstattet worden, in dem anderen sei Beratungshilfe durch das Amtsgericht Offenbach bewilligt worden. Die Verfahrensgebühr von 200,00 Euro wäre...